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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Autoren: Nick Bilton
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er die Lippen und bedeutete Noah mit einem blasierten Kopfnicken seine Zustimmung.
    Rabble und Noah unterhielten sich noch eine Weile. Gegen Ende des Gesprächs fragte Rabble, warum die neue Firma Citizenware hieß.
    »Ach«, antwortete Noah, stockte kurz, beugte sich dann vor und flüsterte. »Eigentlich heißt das Projekt Odeo; Citizenware ist nur ein Deckname. Ev ist eine ziemlich große Nummer, darum wollen wir nicht, dass jemand weiß, woran wir arbeiten.«
    Als Rabble das Café verließ, war er sicher, den Job zu bekommen. Er ging nach Hause, um Gabba davon zu erzählen. Allerdings hatten sie kein »Zuhause« im herkömmlichen Sinne. Das Pärchen wohnte in einem VW-Bus, der auf der Valencia Street geparkt war. Auf der verbeulten, gelben Karosserie breitete sich der Rost täglich weiter aus wie wuchernder Efeu.
    In den ersten Wochen konnte von einem offiziellen Odeo-Büro kaum die Rede sein. Dem vagabundierenden Start-up dienten vielmehr Cafés in diversen Teilen der Stadt als provisorischer Arbeitsplatz.
    Die Gründung einer Start-up-Firma hat viel Ähnlichkeit mit dem Bau eines Hauses, wie Noah schon bald erfahren sollte, also holte er sich mehr Arbeitskräfte hinzu. Er skizzierte den Businessplan: Damit war er der Architekt des Hauses. Rabble schrieb das Backend-Programm, was den Elektro-, Wasser- und Abwasserleitungen des Hauses entsprach. Gabba, die zur Unterstützung eingestellt wurde,entwarf eine Desktop-Version von Odeo, also im Grunde die Einfahrt und Garage des Hauses. Und schließlich wurde Ray McClure, ein kleiner, leise sprechender Flash-Entwickler, der wie ein Grundschüler aussah, mit den Tools der Webseite betraut, war also sozusagen der Innenarchitekt.
    Abends verließen Rabble und Gabba nach einem langen Programmiertag das jeweilige Café und verschwanden. Langsam öffneten sie die quietschende Seitentür ihres VW-Busses, stiegen leise ein und kletterten über eine Trainingsstrecke aus zerrissenen schwarzen Ledersitzen und fleckigen Teppichen. Sie schliefen auf einem improvisierten Bett aus Sperrholz und rostigen Nägeln, bis einige Stunden später bei Sonnenaufgang ein weiterer Tag unermüdlichen Tastaturgehackes anbrach.
    Sobald Ev seine gesamten Google-Anteile verkauft hatte, verließ er das Unternehmen mit dem Vorsatz, nie wieder dorthin oder in eine ähnliche Firma zurückzukehren. Das Blogger-Team war in einem fensterlosen Raum untergebracht, der so dicht neben den Toiletten lag, dass er »Drano« genannt wurde. Ev passte nicht zu den Programmierern, die sich in der Mittagspause mit ihren Abschlüssen an renommierten Universitäten brüsteten. Diese Programmierer verstanden nichts vom Bloggen, und Ev erkannte bald, dass man den Kauf von Blogger hauptsächlich betrieben hatte, um neben den Blogs Werbung zu platzieren, und nicht etwa, um einfaches Publizieren im Internet für jedermann weiter voranzutreiben.
    Nach der Google-Episode war Ev aber auch nicht bei Odeo zu finden. Vielmehr setzte er sich mit seinen 32 Jahren halbwegs zur Ruhe. Sein Bankkonto wies nun statt der dreistelligen Summen – die oft nicht einmal für die Miete gereicht hatten – zweistellige Millionenbeträge aus. Für Ev war es an der Zeit, das gute Leben zu genießen und sich nicht in einem weiteren Start-up zu engagieren. Er machte Kochkurse für italienisches Essen und besuchte Museen. Er kaufte ein Haus mit Panoramafenstern und Blick auf San Francisco, das eines Millionärs würdig war, und ein schnelles Auto für die Millionärsgarage. Mit seiner neuen Freundin, Sara, die erbei einer Büroparty bei Google kennengelernt hatte, unternahm er teure Urlaubsreisen.
    Während Sara und Ev sich in der Kunst des Spaghettikochens übten, schufteten Noah und seine Programmierer in den Cafés der Stadt: Dort saßen sie auf ungeeigneten Stühlen in einer Ecke und schlängelten ihre Computerkabel zwischen Kaffeebechern und aufgerissenen Zuckertütchen. Moderne Beatles, deren Instrumente Laptops und deren Musik Programmiersprachen waren.
    In Noahs Kopf arbeitete es oft hektisch. Seine Gedanken rasten mit der Geschwindigkeit eines Glühwürmchens umher, das ganz allein ein dunkles Football-Stadion zu erhellen versuchte. Manche glaubten, er leide an ADD, ADHD, OCD oder einer Buchstabensuppe aus allen dreien. Eigentlich spielte es keine Rolle: So war Noah eben. So war er schon immer gewesen.
    Als Heranwachsenden hatte ihn die Polizei einmal in Bakersfield, Kalifornien, aufgegriffen, weil er sich so fahrig benahm. Die Polizisten
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