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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
Autoren: Kat Zhang
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haben, wie unser Blick über die Ölbilder glitt. Sie grinste, wodurch ihre Grübchen zum Vorschein kamen, und sagte: »Kannst du dir vorstellen, wie es wäre, wenn Männer immer noch mit diesen dämlichen Hüten rumliefen? Mensch, mir würde es nie langweilig werden, meinen Bruder deswegen aufzuziehen.«
    Addie gelang ein schmallippiges Lächeln. In der Siebten, als wir einen Aufsatz über die Männer schreiben sollten, die auf jenen Bildern zu sehen waren, hatte sie den Lehrer zu überzeugen versucht, sie die künstlerischen Aspekte der Porträts besprechen zu lassen. Der Versuch war nicht erfolgreich gewesen. »Wir sollten zurück zu den anderen gehen.«
    Niemandem fiel auf, wie Addie und Hally sich wieder an ihrem Platz am Ende der Gruppe einfanden. Die anderen waren schon in dem Raum angekommen, den ich am allermeisten verabscheute, und Addie hielt den Blick auf unsere Hände, unsere Schuhe gerichtet – überallhin, nur nicht auf die Bilder an der Wand. Aber ich erinnerte mich noch vom letzten Jahr an sie, als unsere Klasse die frühe americanische Geschichte studiert hatte und wir die gesamte Besuchszeit in diesem Teil des Museums verbracht hatten, anstatt nur hindurchzulaufen wie jetzt.
    Natürlich haben nicht viele Fotografien aus jener Zeit überdauert. Aber ihre Restauratoren hatten dafür gesorgt, dass uns keines der grausigen Details erspart blieb, keine schmerzverzerrte Grimasse und kein Fetzen sich ablösender, sonnenverbrannter Haut. Die noch vorhandenen Bilder hingen schwer an den Museumswänden. Ihre körnige Schwarz-weiß-Qualität nahm dem zur Schau gestellten Elend der Felder nichts von seiner Wucht. Dem Schmerz der Arbeiter, kaum mehr als Sklaven, die alle unsere Vorfahren waren. Einwanderer aus der Alten Welt, die dort viele tausend Jahre lang gelitten hatten, ehe sie mit Schiffen über eine stürmische See gebracht wurden, um in einem anderen Land neues Leid zu erdulden. Bis hin zur Revolution, als die Hybriden endlich zu Fall gebracht wurden.
    Der Raum war klein, mit nur einem Ein- und Ausgang. Das Gedränge der anderen Schüler ließ Addie den Atem stocken. Unser Herz pochte gegen unsere Rippen. Wohin sie sich auch wandte, wir stießen mit noch mehr Körpern zusammen, die alle in Bewegung waren. Manche schubsten sich hin und her, andere lachten, die Lehrer schimpften und drohten, Namen zu notieren, wenn die Schüler nicht ein wenig mehr Benehmen zeigten.
    Addie setzte unsere Schultern ein, um sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Zur Abwechslung war es ihr völlig egal, was die anderen dachten. Wir waren unter den Ersten, die durch die Tür drängten. Und wir preschten so schnell, beinah taumelnd an den anderen vorbei, dass wir die Ersten waren, die auf das Wasser trafen.

Kapitel 3
    Addie blieb wie angewurzelt stehen. Dem Mädchen hinter uns gelang es nicht annähernd so gut, seinen Schwung zu bremsen, und es krachte in uns hinein. Wir flogen nach vorn und gingen zu Boden, unser Rock und Teile unserer Bluse wurden augenblicklich von dem Wasserschwall durchnässt, der durch den Raum schoss. Wasser?
    »Was zur Hölle?«, sagte jemand, während Addie zurück auf die Füße krabbelte. Unsere Knie und Ellbogen schmerzten, weil sie einen Großteil des Sturzes abgefedert hatten.
    Wir standen jetzt nur noch ungefähr knöcheltief im Wasser, doch unsere Bluse war nicht mehr zu retten, obwohl Addie sich beeilte, sie auszuwringen. Was nicht nötig gewesen wäre, da uns sowieso niemand beachtete. Alle starrten mit offenem Mund die überflutete Ausstellungshalle an. Bei ihr handelte es sich um einen der größten Räume des Museums, sie war voller Artefakte aus Revolutionszeiten, die in Vitrinen ausgestellt waren, und Gemälde jener Epoche, die an den Wänden hingen. Jetzt war er außerdem mit trübem Wasser gefüllt, das einige Zentimeter hoch stand.
    Die Museumsführerin riss ein Walkie-Talkie an den Mund und sprudelte etwas hinein. Ms Stimp versuchte ihr Bestes, alle in den Raum zurückzuscheuchen, aus dem wir gerade gekommen waren. Er war durch eine niedrige Stufe mit der Ausstellungshalle verbunden und noch trocken – für den Moment. Wo immer das Wasser auch herkommen mochte, es wurde mehr. Es ergoss sich über den Boden und tränkte die Socken der Leute – schmutziges Wasser, das zweifellos seine Spuren an den weißen Wänden hinterlassen würde.
    Die Lichter flackerten. Leute kreischten, einige klangen ehrlich erschrocken, andere beinah belustigt, als wäre das hier viel aufregender, als
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