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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
Autoren: Kat Zhang
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auf Rekordhöhen. Der Kragen unserer Schuluniform schlug immer wieder feucht gegen unseren Nacken.
    Sie gingen langsam, schweigend nebeneinanderher. Das schwindende Sonnenlicht ließ einen Hauch Rot in Hallys schwarzem Haar aufblitzen und ihre gebräunte Haut noch dunkler erscheinen. Wir hatten schon vorher Menschen mit ihrer Hautfarbe gesehen – nicht oft, aber oft genug, sodass es uns nicht übertrieben seltsam vorkam. Doch wir hatten noch nie jemand gesehen, der auch nur ansatzweise ihre Gesichtsform, ihre Gesichtszüge besessen hätte. Jedenfalls nicht, wenn man einige wenige Fotografien außer Acht ließ. Wir hatten auch noch nie erlebt, dass sich jemand so verhalten hätte wie sie sich gegenüber Will und Robby.
    Sie war ein Halbblut. Zur Hälfte Ausländerin, auch wenn sie selbst in den Americas geboren worden war. War das der Grund für ihre Andersartigkeit? Ausländer wurden nicht länger ins Land gelassen – schon seit Ewigkeiten nicht –, und die vielen Kriegsflüchtlinge, die vor langer Zeit hierhergekommen waren, waren inzwischen tot. Der Großteil an ausländischem Blut, der noch im Land existierte, war so verdünnt, dass er einem Tropfen im Ozean gleichkam. Aber da gäbe es Gruppen, erzählten sich die Leute. Es gäbe Menschen, die sich der Integration verweigerten, die ihre Blutlinien bewahrten, ihre Fremdartigkeit, obwohl sie doch mit offenen Armen die Sicherheit hätten annehmen sollen, die die Americaner ihnen boten – Sicherheit vor der Zerstörung, mit der die Hybriden aus Übersee den Rest der Welt überzogen.
    Stammte einer von Hallys Elternteilen aus einer solchen Kommune?
    »Ich frage mich …«, sagte Hally, dann verstummte sie.
    Addie hakte nicht nach. Sie war zu sehr in ihre eigenen Gedanken vertieft. Aber ich hörte zu und wartete darauf, dass Hally weitersprechen würde.
    »Ich frage mich …«, wiederholte sie einen Moment später. »Ich frage mich, wer der Dominante sein wird, wenn sie Frieden finden. Robby oder Will.«
    »Hm?«, sagte Addie. »Oh, Robby, denke ich. Er fängt an, öfter die Kontrolle zu übernehmen.«
    »Es ist nicht immer der, von dem man es vermutet«, sagte Hally und löste den Blick vom Gehweg. Die kleinen weißen Strasssteinchen, mit denen ihr Brillengestell verziert war, fingen das gelbe Licht der Abendsonne ein und reflektierten es funkelnd. »Es ist alles Wissenschaft, oder? Neuronale Verknüpfungen und Kräfte und Dinge im Gehirn, die festgelegt werden, noch ehe man auf die Welt kommt. Man kann diese Dinge nicht allein durch Beobachten rauskriegen.«
    Addie zuckte die Achseln und wandte den Blick ab. »Ja, wahrscheinlich hast du recht.«
    Sie wechselte das Thema, und sie quatschten über die Schule und die neusten Filme, bis wir Hallys Wohnanlage erreichten. Man gelangte durch ein großes schwarzes schmiedeeisernes Tor zu den Häusern, und ein schlanker Junge, der ungefähr in unserem Alter war, wartete auf der anderen Seite der Gitterstäbe.
    Er hob den Blick, als wir uns näherten, sagte aber kein Wort, und Hally verdrehte die Augen, als sie ihn bemerkte. Sie sahen sich ähnlich: Er hatte ihre gebräunte Haut, die dunklen Locken und auch die schwarzen Augen. Wir hatten von Hallys älterem Bruder gehört, ihn aber noch nie zuvor gesehen. Addie blieb etliche Meter vom Tor entfernt stehen, sodass wir auch an diesem Tag keinen genaueren Blick auf ihn werfen konnten.
    »Tschüss«, sagte Hally über die Schulter und lächelte. Ein paar Meter von ihr entfernt war der Junge damit fertig, etwas in ein Tastaturfeld zu tippen, und das Tor schwang auf. »Bis morgen dann.«
    Addie winkte. »Ja, bis morgen.«
    Wir warteten, bis Hally und ihr Bruder fast außer Sicht waren, ehe wir uns umdrehten und uns auf den Heimweg machten; dieses Mal allein. Aber nicht wirklich allein. Addie und ich waren nie allein.
    ‹Was sollte das Ganze?› Addie kickte beim Gehen energisch mit den Füßen aus. ‹Sich selbst zum Babysitten mit uns einzuladen? Wir kennen sie doch kaum.›
    ‹Wie gesagt. Vielleicht ist sie einsam›, erwiderte ich. ‹Vielleicht möchte sie mit uns befreundet sein.›
    ‹Auf einmal? Nach drei Jahren?›
    ‹Warum nicht?›
    Addie zögerte. ‹Es geht nicht. Das weißt du, Eva. Ich kann nicht mit ihr befreundet sein. Nicht in der Schule.›
    Nicht, wo es jemand mitbekommen könnte.
    ‹Und was sollte das mit Robby und Will?› Addies Verärgerung kochte in uns hoch. Addie ließ ein Auto vorbeiknattern, dann schoss sie über die Straße. ‹Robby nach Will zu
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