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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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gleichzeitig vom Hang hinabschallten.
    »Zur Hölle mit ihm!«
    »Feuer eröffnen!«
    Das schwere Geschütz, das sie erwähnt hatten, erwachte zum Leben. Die Haubitzen der Grenzer spuckten schwere Granaten aus, die wie Feuerbälle dorthin flogen, wo Will am Rand des Trichters balancierte. Sie zogen flammend rote Leuchtstreifen hinter sich her, deren blendendes Licht den ganzen Hang erhellte.
    Die ohrenbetäubenden Einschläge der Granaten ließen jeden Menhir zersplittern, der in ihrem Weg lag, und wirbelten gewaltige Erdmengen auf. Ein Geschoss detonierte auf der gepflasterten Fläche des Torbogens, brachte die noch verbliebene Säule zum Einsturz und hob die Steinplatten an wie ein Windstoß einen Stapel Spielkarten.
    Die Druckwelle schleuderte Will nach vorn und raubte ihm all seine Sinne. Er segelte geradewegs in die pechschwarze Finsternis hinein, direkt über den Kopf seines Freundes hinweg.
    Wäre er bei Bewusstsein gewesen, hätte Will gesehen, wie Chester wild mit Armen und Beinen ruderte – im letzten, vergeblichen Versuch, sich an irgendetwas festzuklammern, um nicht von dem Seil, das ihn mit Will verband, in die Tiefe gerissen zu werden.
    Und Will hätte auch Elliotts Schreie gehört, die nach Chester ebenfalls in den Trichter geschleudert wurde.
    Wäre Will nicht ohnmächtig gewesen, hätte er gespürt, wie dunkle Luft an ihm vorbeirauschte, während er tiefer, immer tiefer hinabstürzte, seinem toten Bruder entgegen, der sich irgendwo unter ihm befand, dicht gefolgt von Chester und Elliott, die noch immer aus Leibeskräften schrien. Und er hätte entsetzliche Angst vor den Mauerwerkbruchstücken und den Trümmern der pulverisierten Menhire gehabt, die überall um sie herum ebenfalls in die Tiefe stürzten.
    Doch kein Gedanke erhellte sein Hirn: In seinem Kopf herrschte völlige Finsternis, vergleichbar der Dunkelheit, in die er gerade eintauchte.
    Er befand sich in freiem Fall, sein Trommelfell drohte zu zerreißen und der Luftzug um ihn herum raubte ihm mehrfach den Atem.
    Gelegentlich stieß er mit Elliott, Chester und sogar mit Cals schlaffem Körper zusammen, wobei sich die Seile um ihre Gliedmaßen und Körper drehten und sie zueinanderzogen – bis sie sich wieder lösten und sie auseinanderdriften ließen, als tanzten sie in einem makabren Luftballett. Auf diese Weise verlief der größte Teil seines Sturzes in das schwarze Nichts, nur manchmal führte ihn seine Flugbahn an die Ränder des scheinbar endlos tiefen Trichters, wo er gegen den unversöhnlichen Fels oder, unerklärlicherweise, gegen etwas Weicheres geschleudert wurde – was ihn sehr überrascht hätte, wäre er bei Bewusstsein gewesen.
    Doch in seinem ohnmächtigen Zustand nahm er all dies nicht wahr. Er befand sich an einem Ort jenseits aller Sorgen.
    Wäre sein Gehirn nicht von all diesem losgelöst und sein Kopf nicht empfindungslos gewesen, dann hätte er bemerkt, dass er zwar weiterhin durch die Dunkelheit stürzte, die Geschwindigkeit seines Sturzes sich jedoch verringerte.
    Kaum wahrnehmbar zunächst, ließ die Fallgeschwindigkeit unverkennbar nach, und er wurde langsamer … langsamer … immer langsamer …

52
    Als sie in die Reichweite der Suchscheinwerfer gelangten, hatte Drake auf dem letzten Abschnitt ihrer Strecke kein Risiko eingehen wollen und beschlossen, die verbleibenden Meter nicht aufrecht weiterzulaufen. Stattdessen war er mit Sarah im Schlepptau zu einer günstigen Stelle gekrochen, genau in der Mitte zwischen den Grenzern am oberen Ende des Hügels und der Stelle am Fuß des Hangs, zu der Elliott und die Jungen offenbar gelaufen waren.
    Während Drake sich hinter einen Menhir kauerte, blieb Sarah einfach liegen. Sie war so erschöpft, dass sie nur noch zuhören konnte – zu etwas anderem war sie nicht mehr in der Lage. Den Kopf an einen Felsen gelehnt, lag sie in ihrer blutgetränkten, klebrigen Kleidung auf dem Boden und hörte einen Teil des lautstarken Wortwechsels zwischen den Zwillingen und Will. Die Tatsache, dass es zwei Rebeccas gab, überraschte sie nicht allzu sehr. Schon lange kursierten in der Kolonie Gerüchte, dass die Styx eugenische Experimente durchführten – genetische Manipulation zugunsten ihrer Rasse – und dass Zwillinge, Drillinge und sogar Vierlinge inzwischen zur Norm gehörten, weil die Styx sich auf diese Weise schneller vermehrten. Aber ein anderes Rätsel hatte sich nun geklärt: Sarah hätte schon im Zug begreifen müssen, dass es zwei Rebeccas gab, als das Mädchen
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