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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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prallten voneinander ab. Einige blieben in den Rillen auf dem Boden stecken und verblassten ein wenig, bis sie wieder freikamen, davonhüpften und dabei erneut hell aufleuchteten.
    Will sah sich um und entdeckte die Reste der Lattenkiste und der Strohverpackung. Nun wurde ihm alles klar: Er war auf einer Kiste mit Leuchtkugeln gelandet, die bei seinem Aufprall zerbrochen war. Er dankte seinen Sternen und hätte am liebsten laut gejubelt. Stattdessen griff er jedoch beherzt zu und stopfte sich die Leuchtkugeln händeweise in die Taschen.
    Er rappelte sich auf und stemmte sich gegen die Bewegungen des Zugs. Obwohl der übel riechende Qualm ihn dicht umhüllte, erhellten die umherspringenden Leuchtkugeln die Lore so stark, dass er bis in den letzten Winkel schauen konnte. Der Waggon war gewaltig – er musste fast dreißig Meter lang sein und etwa halb so breit, viel größer und massiver als jeder andere Zug, den Will je in Übergrund gesehen hatte. Die Lore bestand aus dicken Eisenplatten, die grob miteinander verschweißt waren. Die Seitenverkleidungen wirkten verbeult und rostig, die Oberkanten abgenutzt und verbogen, als wäre der Waggon schon seit ewigen Zeiten im Einsatz.
    Will ließ sich auf den Boden sinken und machte sich, auf allen vieren krabbelnd, auf die Suche nach Cal. Der grobe Sand knirschte unter seinen Knien und Händen, und das Rütteln der Lore warf ihn hin und her. Nach ein paar Metern stieß er auf mehrere Lattenkisten, die aus dem gleichen dünnen Holz bestanden wie die, auf der er gelandet war. Schließlich entdeckte er im vorderen Bereich der Lore, neben einer weiteren Reihe von Kisten, einen von Cals Schuhen.
    »Cal, Cal!«, rief er und kroch hektisch auf seinen Bruder zu, der inmitten von zersplittertem Holz reglos dalag – zu reglos. Seine Jacke war mit einer dunklen Flüssigkeit bespritzt, und Will erkannte, dass mit seinem Gesicht etwas nicht stimmte.
    Will befürchtete das Schlimmste und rief noch lauter. Fieberhaft kletterte er über die Kisten neben Cal, um nicht gegen ihn zu stoßen, falls er schwer verletzt sein sollte. Angsterfüllt hielt er eine Leuchtkugel an Cals Kopf. Es sah nicht gut aus: Gesicht und Haare waren mit einer feucht schimmernden roten Flüssigkeit bedeckt.
    Vorsichtig streckte Will eine Hand aus und berührte die wässrige Röte auf dem Gesicht seines Bruders, als er die zerbrochenen grünen Kugeln sah, die um ihn herum verstreut waren. Und da klebten Kerne auf Cals Stirn! Will zog seine Hand wieder zurück und schmeckte an seinen Fingern. Wassermelone! Neben Cal lag eine weitere beschädigte Lattenkiste. Als Will sie beiseiteschob, um Platz zu schaffen, fielen Mandarinen, Birnen und Äpfel heraus. Offensichtlich war sein Bruder in eine Kiste mit Früchten gekracht und weich gelandet.
    »Gott sei Dank«, schnaufte Will und schüttelte Cal sanft an der Schulter, um Leben in die schlaffe Gestalt zu bringen. Doch Cals Kopf wackelte leblos hin und her. Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, nahm Will das Handgelenk seines Bruders, um seinen Puls zu fühlen.
    »Lass mich!« Cal riss seinen Arm weg, schlug träge die Augen auf und stöhnte wehleidig. »Mein Kopf tut weh«, klagte er und rieb sich vorsichtig die Stirn. Dann hob er den anderen Arm und betrachtete verwirrt die Banane in seiner Hand. Als er den wundervollen Duft der saftigen Früchte wahrnahm, schaute er Will verständnislos an.
    »Was ist passiert?«, rief er über den Lärm des Zugs hinweg.
    »Du Glückspilz bist im Speisewagen gelandet!« Will kicherte.
    »Was?«
    »Schon gut. Versuch mal, dich aufzusetzen«, schlug Will vor.
    »Gleich.« Cal war zwar benommen, schien ansonsten jedoch unverletzt zu sein – abgesehen von ein paar Schnittwunden und blauen Flecken und einer großzügigen Dusche in Melonensaft. Will krabbelte über die Lattenkisten zurück und sah sich um. Er wusste, dass er die Rucksäcke von den Loren vor ihnen holen musste, doch das hatte keine Eile. Imago hatte gesagt, es würde eine lange Reise, und seine Neugier war ohnehin stärker.
    »Ich werde …« rief er zu Cal hinüber.
    »Was?« Cal hielt sich eine Hand ans Ohr.
    »… mich hier mal umsehen«, rief Will und machte eine entsprechende Handbewegung.
    »Okay!«, schrie Cal zurück.
    Will kroch durch das wogende Meer aus Leuchtkugeln im hinteren Bereich der Lore, richtete sich auf und zog sich an der Hinterwand hoch. Vorsichtig spähte er hinab auf die Kupplung zwischen den Loren und auf die glänzenden Gleise, die in einem
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