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Türkisches Gambit

Türkisches Gambit

Titel: Türkisches Gambit
Autoren: B Akunin
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heftig, voller Furcht, in Tränen auszubrechen. »Warum quälen Sie sich die ganze Zeit? Wären Sie nicht gewesen – ich weiß nicht, was aus uns allen geworden wäre.«
    »Ungefähr dasselbe hat mir Misinow gesagt.« Fandorin lachte auf. »Und er hat mir jede A-auszeichnung versprochen, die in seiner Macht steht.«
    Warja freute sich.
    »Wirklich? Na Gott sei dank! Was haben Sie sich gewünscht?«
    »Daß man mich zum Dienst ans E-ende der Welt schickt, weit weg von alldem hier.« Er machte eine unbestimmte Handbewegung.
    »So ein Unsinn! Und Misinow?«
    »Er war böse. Aber versprochen ist versprochen. W-wenn die Verhandlungen zu Ende sind, fahre ich von Konstantinopel nach Port Said und von dort mit dem Schiff nach Japan. Ich bin zum zweiten Sekretär der Botschaft in Tokio ernannt worden. Weiter weg geht’s nicht.«
    »Nach Japan …« Nun spritzten die Tränen doch noch, und Warja wischte sie wütend mit dem Handschuh weg.
    Das Glöckchen klingelte, die Lokomotive tutete. Aus dem Waggonfenster guckte Petja.
    »Warenka, es ist Zeit. Wir fahren gleich ab.«
    Fandorin druckste, blickte zu Boden.
    »Auf W-wiedersehen, Warwara Andrejewna. Es hat mich sehr gefreut …« Er sprach nicht zu Ende.
    Warja griff hastig nach seiner Hand und blinzelte gegen die Tränen an.
    »Erast …«, entfuhr es ihr plötzlich, aber die weiteren Worte blieben stecken, kamen nicht heraus.
    Fandorin ruckte mit dem Kinn, sagte nichts.
    Die Räder setzten sich in Bewegung, der Zug fuhr an.
    »Warja, du bleibst noch zurück!« rief Petja verzweifelt. »Mach schnell!«
    Sie drehte sich um, zögerte kurz und sprang dann auf das am Bahnsteig vorbeischwebende Trittbrett.
     
    »… und als erstes eine heiße Wanne. Dann in die Patisserie Filippow, Aprikosenkonfekt holen, das du so gern magst.Und in der Buchhandlung die Neuerscheinungen anschauen, dann in die Universität. Kannst du dir vorstellen, wie viele Fragen, wie viele …«
    Warja stand am Fenster und nickte im Takt zu Petjas glücklichem Geplapper. Sie spähte nach der schwarzen Figur, die auf dem Bahnsteig zurückgeblieben war, aber die Figur benahm sich sonderbar, sie zerfloß. Oder stimmte mit ihren Augen etwas nicht?
     
    »Times« (London)
    vom 10. März (26. Februar) 1878
    DIE REGIERUNG IHRER MAJESTÄT SAGT »NEIN«
    »Heute erklärte Lord Derby, daß die britische Regierung, unterstützt von den Regierungen der meisten europäischen Länder, es kategorisch ablehnt, die räuberischen Friedensbedingungen anzuerkennen, die der Türkei von dem unmäßigen Appetit des Zaren Alexander aufgezwungen wurden. Der Frieden von San Stefano richtet sich gegen die Interessen der europäischen Sicherheit und muß auf einem Sonderkongreß unter Beteiligung der Großmächte revidiert werden.«

Informationen zum Buch
    "Boris Akunin ist ein kriminell guter Schriftsteller neuen Typs. Die Liebhaber gebildeter Unterhaltung haben ihren Autor gefunden." FAZ
     
    1877: Rußland steht mit der Türkei im Krieg. Alleinreisende Frauen leben gefährlich in dieser Zeit, noch dazu wenn sie in Männerkleidern unterwegs sind wie die hübsche Warja. Doch in höchster Not taucht ein Fremder auf, ein Gentleman, auch wenn er die Stirn hat, das Mädchen in einer Wette gegen einen Esel zu setzen: Erast Fandorin. Der schweigsame junge Mann ist im Auftrag des russischen Geheimdienstes nach Bulgarien zum Generalstab unterwegs. Warja wird zur unentbehrlichen Helferin Fandorins in diesem zweiten Abenteuer einer Kultserie um den James Bond des 19. Jahrhunderts - erdacht und aufgeschrieben von Boris Akunin, einem der meistgelesenen Autoren Rußlands.
     
    "Nein, Gogol hat nie am zweiten Teil der ,Toten Seelen' gearbeitet. Er hat Krimis um Erast Fandorin geschrieben, die erst jetzt unter dem Namen B. Akunin erscheinen. Wenn's wahr wäre - Fandorin wäre der russische Urahn von James Bond. Prekrasno - super!"
    Klaus Peter Walter, Lexikon der Kriminalliteratur

Informationen zum Autor
    BORIS AKUNIN ist das Pseudonym des Moskauer Philologen, Kritikers, Essayisten und Übersetzers aus dem Japanischen Grigori Tschchartischwili (geb. 1956). 1998 veröffentlichte er seine ersten Kriminalromane, die ihn in kürzester Zeit zu einem der meistgelesenen Autoren in Russland machten. Heute genießt er in seiner Heimat geradezu legendäre Popularität. 2001 wurde er dort zum Schriftsteller des Jahres gekürt, seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.
     
    Bei Aufbau erschienen bisher Fandorin (2001), Türkisches Gambit (2001), Mord auf
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