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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees
Autoren: Juergen Gottschlich
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9 . 00 Uhr früh die erste Runde Efes-Pilsen geordert wird.
    Während die meisten Deutschen, die in Istanbul leben, dort zumeist arbeiten und deshalb mindestens etwas Türkisch sprechen und sich im Land einigermaßen auskennen, sind viele Deutsche in Alanya echte Einwanderer in eine Parallelgesellschaft. Man kommt, um seinen Lebensabend in wärmeren Gefilden als in Deutschland zu verbringen. Die Deutschen in Alanya gehören auch nicht unbedingt zum Jet-Set, sondern viele sind in die Türkei gekommen, weil es dort bis vor kurzem noch wesentlich preiswerter war, eine Wohnung zu kaufen als in Spanien. Heute gibt es fast an jeder Ecke ein Maklerbüro, und die Immobilienpreise sind so gestiegen, dass sich viele Türken in Alanya keine Wohnung mehr leisten können. Das ist auch einer der Gründe, warum das Zusammenleben im »türkischen Mallorca« nicht immer ganz konfliktfrei verläuft.
    Unter den Türken in Alanya gibt es klare Gewinner und Verlierer durch die Einwanderungswelle aus Deutschland. Alle, die am Handel mit den Zugezogenen beteiligt sind, profitieren. Diejenigen, die keinen Nutzen aus dem Tourismusgeschäft ziehen, müssen sich dagegen mit den hohen Preisen herumschlagen, die die Tourismushochburg mittlerweile auszeichnen.
    Ein Kulminationspunkt, an dem der untergründige Konflikt zwischen Deutschen und einem Teil der Türken plötzlich aufbrach, war der Wunsch der deutschen Community, man möge doch in Alanya eine Kirche bauen. Während der Bürgermeister den Wunsch unterstützte, weil seine Stadt vom Tourismus und den deutschen Dauergästen profitiert, machte sich der Kaimakam (das ist der vom Staat entsandte Verwaltungschef) zum Sprecher der Gegner der Einwanderer.
    Es gibt bis heute noch keine Kirche in Alanya, das liegt aber weniger an den bürokratischen Einwänden türkischer Stellen als vielmehr am Geldmangel und den unrealistischen Vorstellungen auf deutscher Seite. Zunächst hatte sich die deutsche Community eine frühere griechisch-orthodoxe Kirche ausgesucht, die schon lange nicht mehr genutzt worden war und deren Instandsetzung sehr teuer gewesen wäre. Niemand hatte das Geld dafür. Doch selbst für einen preiswerten Zweckbau hat es bislang nicht gereicht. Die Beteiligten vor Ort haben selbst nicht genug Mittel, und weder die protestantische EKD noch die deutschen Katholiken wollen sich in Alanya finanziell engagieren. Da die katholische Kirche bereits einen Pfarrer in Antalya bezahlt, müsste die Evangelische Kirche für Alanya aufkommen. Doch die Protestanten aus Deutschland schicken lediglich immer mal wieder einen Pfarrer im Ruhestand an die türkische Mittelmeerküste, der dann für einige Monate seelsorgerliche Aufgaben übernimmt. Denn es gibt etliche deutsche Rentner, die sich auf die Dauer dort einsam fühlen und nach Beistand suchen. »Seelsorge ist hier auch viel Sozialarbeit«, erzählt der katholische Pfarrer Korten in Antalya, »denn hinter der sonnigen Fassade sieht es bei manchen doch ganz schön finster aus«.
    Viele Ratgeber weisen die potenziellen Auswanderer denn auch darauf hin, dass sie sich nicht spontan, aus reiner Urlaubsbegeisterung, zu einer Umsiedlung in den sonnigen Süden entscheiden sollen. Besser wäre es, sich mit dem Land erst einmal vertraut zu machen, die Sprache zumindest so weit zu lernen, dass man sich etwas verständigen und vielleicht eine Zeitung lesen kann. Sonst drohen bald Isolation, Einsamkeit und Heimweh.
    Ein Koffer in Istanbul
    Überhaupt, die Sprache. Viele schreckt die Türkei nicht zuletzt wegen der Sprache ab. Tatsächlich ist Türkisch nicht ganz einfach zu lernen und hat vom Vokabular und der Grammatik wenige Gemeinsamkeiten mit dem Deutschen. Die ursprüngliche Turksprache aus Zentralasien ist mit westeuropäischen Sprachen nicht verwandt, die Lehnwörter im Türkischen stammen entweder aus dem Persischen oder Arabischen und stellen auch keine Brücke zu deutschen Vokabeln her. Dazu kommt, dass die Grammatik zwar vom Aufbau logisch und transparent ist, der Satzaufbau sich vom deutschen jedoch erheblich unterscheidet. Dennoch, man soll sich Türkisch nicht als unüberwindliche Hürde vorstellen. Das Alphabet ist weitgehend dasselbe, und die Grundbegriffe sind schnell gelernt. Nach einem Sprachkurs von einem Monat, sei es an der Volkshochschule zu Hause oder bei einem der vielen Kursangebote in der Türkei, hat man bereits genug Kenntnisse, um eine einfache Konversation zu führen.
    Das Schöne daran ist, dass diese Bemühungen jedem
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