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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees
Autoren: Juergen Gottschlich
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setzte sein Mitarbeiter Wilhelm Dörpfeld die Arbeit in Troja fort. Die Ergebnisse wurden in Berlin prominent ausgestellt und weckten eine geradezu romantische Troja-Begeisterung im deutschen Bürgertum. Davon ist bis heute noch etwas zu spüren. Während es an der Ausgrabungsstelle zunächst ruhig wurde, setzte in den 30 er Jahren des 20 . Jahrhunderts der US-Amerikaner Carl Blegen die Ausgrabungen fort. Neuen Auftrieb um Troja gab es in Deutschland aber erst so richtig, als sich Manfred Korfmann, bekannter Archäologe der Universität Tübingen, 1988 des Hisarlik-Hügels erneut annahm. Mit einem großen Projekt, das bis heute andauert, stellte Korfmann die Troja-Forschung vom Kopf auf die Füße. Er konnte nachweisen, dass in Troja keine Griechen gelebt haben, sondern der Ort ein Vorposten der Hethiter war. Außerdem gelang ihm der Nachweis, dass es um den von Schliemann ausgegrabenen Burghügel eine weitläufige Unterstadt gab, die die Annahme rechtfertigt, dass Troja in der Antike eine Großstadt war. Damit gibt es erstmals eine materielle Grundlage für die homerische Geschichte vom Krieg um Troja, denn nach den Ausgrabungen von Korfmann darf man davon ausgehen, dass es in der Antike dort wirklich eine große Siedlung gab, die die Dardanellen und damit den Zugang zum Schwarzen Meer kontrollierte und um die zu kämpfen es sich durchaus gelohnt haben dürfte.
    Doch auch wenn Troja das berühmteste Projekt deutscher Archäologen in der Türkei ist, gibt es noch eine ganze Reihe weiterer, die wissenschaftlich gesehen ebenso interessant sind. Das bereits 1929 gegründete Deutsche Archäologische Institut in Istanbul hat sich mit der Stadtgeschichte eingehend beschäftigt und von Istanbul aus etliche weitere große Ausgrabungsprojekte gesteuert. Die wichtigsten davon sind in Hattusha, der ehemaligen Hauptstadt des Hethiter-Reiches, in Pergamon, der griechich-römischen Metropole an der Ägäis, aus der der berühmte Pergamon-Fries stammt, der heute in Berlin im Pergamon-Museum zu besichtigen ist, und seit wenigen Jahren in Göbekli-Tepe, einem Ort in Obermesopotamien in der Nähe der syrischen Grenze, wo Mitarbeiter des Instituts ein frühneolithisches Bergheiligtum erforschen, das erbaut worden sein soll, noch bevor Menschen sich erstmals in Siedlungen niederließen.
    An allen Orten sind deutsche Forscher mit türkischen Kollegen gemeinsam beschäftigt. Die Beziehungen werden von beiden Seiten hoch gelobt, auch wenn es in periodischen Abständen immer mal wieder Knatsch um die Rückgabe archäologischer Artefakte, beispielsweise des Pergamon-Frieses, gibt. Während der Fries jedoch zumindest mit der Erlaubnis der damaligen osmanischen Behörden abtransportiert worden war, hat Schliemann den Schatz des Priamos ganz eindeutig illegal außer Landes gebracht. Nur sind die Deutschen beim Priamos-Schatz ja aus dem Schneider, weil das Geschmeide seit Ende des Zweiten Weltkrieges in Moskauer Museumskellern liegt.
    Korfmann hat vor seinem überraschenden Tod 2005 versucht, als deutsch-türkisches Projekt in Cannakale, der Troja am nächsten liegenden Stadt an den Dardanellen, ein Troja-Museum zu bauen, das dann als Leihgaben auch mit den Troja-Funden, die nun in Europa verstreut sind, bestückt werden könnte. Da die derzeitige türkische Regierung versichert, sie hält an diesem Projekt fest, könnte das Troja-Museum ein Highlight der deutsch-türkischen archäologischen Zusammenarbeit werden.
    Deutsche in der Türkei
    Istanbuler Parallelgesellschaft
    Thomas Mühlbauer macht trotz seiner lichten Haare einen fast jugendlichen Eindruck. Lebhaft gestikuliert der 41 -Jährige am Kaffeetisch, eine rheinische Frohnatur eben. Er hat einige Jahre seines Lebens am Niederrhein verbracht, von Geburt und Selbstverständnis her ist er aber viel eher ein Istanbuler. Mit deutschem Pass in der Tasche ist er mit der Stadt am Bosporus aufs Tiefste verbunden. Unter den Istanbuler Deutschen gilt Thomas Mühlbauer als eine Institution. Er leitet die deutsch-türkische Buchhandlung und kennt deshalb einen großen Teil der Deutschen in der Stadt, »jedenfalls die, die ab und zu ein Buch kaufen«, wie er lachend erzählt.
    Sein Geschäft liegt direkt am unteren Ende der Istiklal Caddesi, der prominentesten Fußgängerzone der Stadt. Im 19 . Jahrhundert lebte hier die europäische Upperclass von Istanbul, zwischen den Botschaften ihrer Länder. Heute sind die Botschaften nur noch Konsulate, aber die Istiklal ist immer noch das europäische
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