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TTB 104: 200 Millionen Jahre später

TTB 104: 200 Millionen Jahre später

Titel: TTB 104: 200 Millionen Jahre später
Autoren: A. E. van Vogt
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Doch, tut nichts zur Sache. Ich habe etwas Suppe drunten im Tunnel, die eigentlich ganz gut sein müßte.« Er eilte zum Loch im Fußboden hinüber. »Bin gleich zurück.«
    Die Suppe war warm und lebensspendend. Sein Gefühl des Schwindels verging und machte einem stetig wachsenden Wohlbefinden Platz. Während er genießerisch schlürfte, lauschte Holroyd dem Wortschwall des kleinen Mannes.
    »Name ist Tar. Ich repräsentiere sämtliche Gefangenen im Tempel von Linn und heiße dich in unseren Reihen willkommen. Unsere Organisation hier arbeitet natürlich mit den Rebellen zusammen, und es bedeutet Tod, uns zu verraten. Mehr brauchst du nicht zu wissen.
    Wir wissen natürlich alles, was über dich bekannt ist«, schnatterte der Mann weiter. »Du behauptest, Ptath zu sein. Das ist ein guter Trick. Mal was Neues. Daran hat bisher noch niemand gedacht. Vielleicht haben die Rebellen Verwendung für dich, wenn du bereit bist, diese Täuschung weiterhin aufrechtzuerhalten. Aber was noch wichtiger ist, der Bauer, der dich auf der Straße aufgelesen hat, behauptet, du hättest Amnesie.«
    Er mußte sich zwingen, die Suppe in langsamen, kleinen Schlucken zu essen, statt sie auf einmal hinunterzuschütten, und das machte jede Konzentration schwer. Während langer Zeit schien sein Verstand zu nichts anderem fähig, als zuzuhören. Doch plötzlich wurde Holroyd gewahr, daß tief in ihm etwas Eigenartiges, Grauenhaftes vorging. Jemand lauschte mit seinem Geist auf jedes einzelne Wort, das Tar äußerte. Lauschte angestrengt, mit einem stählernen Wissen um die genaue Bedeutung dessen, was gesagt wurde. Ein langer, leerer Moment verging, bevor er erkannte, daß dieser Jemand – er selbst war.
    Holroyd konnte wieder die Kälte des Betons fühlen, gegen den er lehnte. Seine Erkenntnis der unglaublichen Umgebung war deutlicher, als zu irgendeinem anderen Moment seit dem Erwachen, aber damit war auch das Gefühl gewachsen, daß ein anderes, größeres Wesen auf eine unerklärliche, unangenehme Weise mit seiner eigenen Persönlichkeit innig verstrickt worden war. Die zwei waren eines, und doch waren sie zwei. Holroyd stöhnte innerlich: Das war es also, was man Amnesie nannte, wenn man sich an das andere Ich erinnerte. Er saß, ringend mit dem vorliegenden Problem und zitternd bei dem Gedanken an die Identität, die jenes andere Ich für sich beansprucht hatte, und an die Dinge, die es verrichtet hatte.
    Die Tempelprinzessin hatte gesagt, daß sie nach jemandem schicken würde, den sie Göttin Ineznia nannte. Bis zu diesem Augenblick hatte der Name wie eine gewöhnliche Erinnerung im Hintergrund seines Verstandes gestanden. Doch jetzt verharrten seine Gedanken. Nach wem wollte sie schicken?
    Er schwankte, und eigenartige, kleine Fetzen einer Dunkelheit glitten durch sein Bewußtsein. Dann formulierte er abrupt einen Gedanken, der seinen Geist mit der kalten Schärfe eines Messers durchdrang. Er mußte hier heraus. Ganz gleich, wer Ptath war. Peter Holroyd konnte mit einer derartigen Situation nicht fertig werden. Er mußte hinaus, wenn es nicht bereits zu spät war!
    Seine Augen weiteten sich bei diesem Gedanken. Furcht überlief ihn wie ein Fieber. Jeden einzelnen Muskel angespannt, starrte er den kleinen Mann beschwörend an. »Wie lange bin ich schon hier?«
    Kaum hatte er es gesagt, erkannte er, daß er den anderen mitten in seinem endlosen Geschnatter unterbrochen hatte. Tar verstummte und runzelte die Stirn. Dann sagte er:
    »Das erkläre ich doch schon die ganze Zeit. Die Geschichten über dich behaupten, du wärst stark wie ein Grimb – und doch, nach erst sieben Tagen ohne Nahrung und Wasser, finde ich dich so vor. Praktisch tot ...«
    Der Mann fuhr fort, doch Holroyd hörte nicht mehr hin. Sieben Tage, überlegte er. Sieben Tage lang hatte der Gott Ptath hier gelegen und war langsam verrückt geworden, und schließlich war der seelische Druck so stark geworden, daß er in seine letzte Reinkarnation zurückgefallen war. Und doch ... so viel Zerfall in sieben Tagen? Unmöglich!
    Die vergangene Zeit war eher sieben Jahre oder gar siebenhundert Jahre. Ptath, der keinen Zeitbegriff kannte, konnte in der zeitlosen Dunkelheit der Zelle die vergangene Zeit schneller erlebt haben, als seine Umgebung. Das war die einzig mögliche Erklärung für diese unglaubliche Situation. Holroyd schrak zusammen, als ihm die irrsinnige Bedeutung seiner eigenen Überlegung klar wurde. Was für einem Wahnsinn war er da zum Opfer gefallen?
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