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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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Hangrutschung an, festzumachen an einem mehrere Meter breiten Riss, der sich unterhalb des westlichen Bergrückens kilometerlang nach Norden zieht. Day und Ward glauben, dass hier irgendwann die gesamte Westhälfte der Insel ins Meer stürzen und einen Tsunami von ungeheuren Ausmaßen erzeugen wird: eine Welle von 900 Metern Höhe, die über den Atlantik rast und mit noch immer 35 Metern Auflaufhöhe auf die amerikanische Ostküste trifft – ein ideales Szenario für Katastrophenfantasien. Freilich sind die Berechnungen von Ward und Day fragwürdig: Die Forscher haben ein simplifizierendes Berechnungsmodell benutzt, das nichtlineare Effekte und Wellenbrechungen außer Acht lässt (deshalb ist die Katastrophenwelle so hoch). Vor allem aber geht ihr Modell an die Grenzen realistischer Maximalwerte oder auch eindeutig darüber hinaus: eine fünfzigmal höhere Rutschungsbeschleunigung als normal, ein zwei- bis dreimal so großes Volumen wie die typischen Hangrutschungen auf den Kanaren, ein massiver Block von 500 Kubikkilometern, der mit einem Mal als Ganzes ins Meer stürzt – bisher verliefen die Rutschungen in mehreren Phasen über einen längeren Zeitraum. Und so ist ihr spektakuläres Szenario eines Megatsunamis, der über den gesamten Atlantik läuft, mehr als unwahrscheinlich. Fest steht allerdings, dass es auf den Vulkaninseln irgendwann wieder zu großen Rutschungen kommen wird.
    Häufig verbinden sich bei Hangrutschungen mehrere Auslösemechanismen,meistens in Verbindung langzeitiger geologischer Prozesse (Anwachsen der Sedimentschicht, Änderung des Meeresspiegels) mit einem plötzlichen, kurzzeitigen Auslöser (Erdbeben, Sturmwellen, Vulkanausbruch). Die Erklärung von Hangrutschungen, vor allem aber auch die Voraussage weiterer Ereignisse, wird durch dieses Ineinandergreifen mehrerer Faktoren stark erschwert.
    Tsunamis, die durch Hangrutschungen ausgelöst werden, haben nahe der Rutschung oft eine starke Auflaufhöhe, verbreiten sich aber weitaus geringer als Tsunamis, die durch Erdbeben entstehen. Dadurch sind es meist lokale Ereignisse. Ihre Stärke wird bestimmt durch das Volumen des abrutschenden Materials, durch die Initialbeschleunigung und die Geschwindigkeit der Rutschung, durch die Länge des Abbruchs und die Mächtigkeit der abrutschenden Schicht.
    Hangrutschungen sind in der Regel geologische Prozesse. Doch es gibt auch Beispiele für «menschengemachte» Hangrutschungen, die Tsunamis ausgelöst haben, etwa durch Aufschüttung von Baumaterial (verstärkter Druck bei gleichzeitiger Destabilisierung) oder durch Sprengungen, die einen ähnlichen auslösenden Effekt wie Erdbeben haben können. Das bekannteste Beispiel ist der Tsunami, der am 16. Oktober 1979 einen Küstenstrich von rund 30 Kilometern an der Riviera traf. Er entstand durch eine unterseeische Hangrutschung am Flughafen von Nizza, der ins Meer gebaut ist. Hier hatte man Ende der 1970er Jahre den Flughafen durch eine Aufschüttung von über 190 Hektar Land bis zu 300 Meter hinaus aufs Meer erweitert. Vermutlich begann der Hang schon vor der Katastrophe entlang einer mechanisch schwachen Schicht aus Ton zu «kriechen». Durch tagelange Regenfälle wurde die Stabilität des sich langsam abwärts bewegenden Hanges weiter verringert – und am 16. Oktober stürzte der gesamte aufgeschüttete Bereich bis in eine Tiefe von über 2000 Metern ab. Insgesamt 5 Millionen Kubikmeter Material lösten eine Tsunamiwelle aus, die Nizzas Nachbarort Antibes mit Wellen von 3 Metern Höhe traf. Hier starben mehrere Menschen; der Hafenbereich wurde verwüstet. Am Flughafen von Nizza wurden ebenfalls mehrere Arbeiter getötet,da die gewaltige Rutschung auch den über dem Meeresspiegel liegenden Teil der Aufschüttung erfasste.
    Am häufigsten verbinden sich Hangrutschungen mit Erdbeben. Sie erzeugen «ungewöhnliche» Tsunamis, deren hohe Auflaufhöhe bei relativ geringer Erdbebenstärke durch die Auswirkungen der Rutschung erklärbar ist. In Papua-Neuguinea etwa löschten am 17. Juli 1998 nach einem Erdbeben von relativ geringer Stärke drei jeweils mehr als sieben Meter hohe Tsunamiwellen mehrere Dörfer aus. Das Erdbeben selbst hätte kaum einen Tsunami erzeugt. Es löste jedoch eine unterseeische Rutschung aus, durch die dieser starke lokale Tsunami entstand.
    Vulkanausbrüche. Selten werden Tsunamis durch Vulkanausbrüche ausgelöst, dafür entfalten sie eine besonders zerstörerische Wirkung, da hier eine ganze Reihe von Faktoren auf das
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