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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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Berechnungsmodelle entwickelt, die das Verhältnis zwischen Erdbeben und Tsunamis beschreiben. Der Tsunami von 2004 hat jedoch die bis dahin gültige Theorie relativiert, dass man ein «Maximum-Erdbeben» und einen entsprechenden Tsunami aufgrund einfacher tektonischer Parameter bestimmen kann. Auch das Bestreben, zyklische Großereignisse bestimmen und somit Erdbeben voraussagen zu können, wurde immer wieder durch unabsehbare Zufallselemente vereitelt. Die Beziehung zwischen Bebenstärke, Auflaufhöhe
(run-up)
, landwärtiger Überflutung
(inundation)
, Verlust an Menschenleben und wirtschaftlichen Folgen ist äußerst komplex. Sie lässt sich heute annähernd adäquat beschreiben; zuverlässige Simulationen erstellen und präzise Voraussagen treffen kann man jedoch nicht.
    Hangrutschungen. Das Abrutschen großer Massen von Gesteinsmaterial ist neben Erdbeben der häufigste Auslöser von Tsunamis. Unterseeische Hangrutschungen sind hundert- bis tausendmal so groß wie Hangrutschungen an Land, hier können mehrere hundert bis Tausende von Kubikkilometern Material über enorme Flächen hin abrutschen. Bei Hangrutschungen über Wasser ist dagegen vergleichsweise wenig Material betroffen, sie können aber in geschlossenen Buchten oder interkontinentalen Seen Megatsunamis mit einer besonders großen Wellenhöhe auslösen.
    Marine Hangrutschungen ereignen sich besonders in Flussdeltas, an steilen Unterwasserhängen, in Fjorden und an den Abhängen von Vulkaninseln. Sie können Ökosysteme und dieInfrastruktur – etwa Tiefseekabel – am Meeresboden zerstören und Tsunamis auslösen. Grundsätzlich kommt es zu Hangrutschungen, wenn Abhänge oder Ablagerungen von Sedimenten zu steil werden und die Hangabtriebskraft die mechanische Festigkeit des Materials übersteigt. Liegt erst einmal eine grundsätzliche Instabilität vor, kann eine Hangrutschung über Wasser durch Sturm, Regen, Gefrieren und Schmelzen von Wasser in Felsspalten ausgelöst werden; unter Wasser spielt vor allem die zusätzliche Ablagerung von Sedimenten und damit zusätzliches Gewicht eine Rolle. Erdbeben können über und unter Wasser Hangrutschungen verursachen: Es genügt bereits ein relativ kleines Erdbeben, um den entscheidenden Anstoß für die endgültige Destabilisierung eines Hangs zu geben.
    Als spezifisch unterseeischer Faktor wird in der Forschung zudem die Zersetzung von Gashydraten diskutiert. Gashydrate sind eisähnliche Substanzen aus natürlichem Gas (meist Methan) und Wasser, die unter bestimmten Temperatur- und Druckbedingungen stabil sind. Lässt der Druck nach, etwa weil der Meeresspiegel sinkt oder Gesteinsschichten abrutschen, die über den Gashydraten liegen, schmelzen die Hydrate. Gas wird in großen Mengen freigesetzt – dies kann weitere Rutschungen auslösen. Auch eine Erwärmung des Meeres könnte fatale Folgen haben. Spekuliert wird hier über eine mögliche Kettenreaktion: Gashydrate schmelzen – die Destabilisierung wird durch Austreten von Gasblasen weiter gefördert – es kommt zu einer Erhitzung der Atmosphäre, wenn viel Methan in die Atmosphäre entweicht – das Wasser wird weiter erwärmt – weitere Gashydrate schmelzen. Eine Kombination aus einem Erdbeben und der Zersetzung von Gashydraten wird zum Beispiel für die Storegga-Rutschung als Auslöser vermutet (siehe S. 45).
    Ein typischer Auslöser für Hangrutschungen ist schließlich das vulkanische Anwachsen von Inseln. Hier handelt es sich um die höchsten einzeln stehenden Berge der Welt – die größten Vulkanberge von Hawaii erheben sich mehr als 9000 Meter über dem Meeresboden, davon ragen etwas mehr als 4000 Meter aus dem Wasser –, die durch ihre vulkanische Aktivität grundsätzlich instabil sind. An Vulkaninseln kommen Hangrutschungenprimär in Form von Gerölllawinen vor; dies sind heftige Ereignisse, die große Tsunamis auslösen können. Um die Kanarischen Inseln und Hawaii sind auf dem Meeresboden zahlreiche Hangrutschungen nachweisbar, bei denen vor Tausenden von Jahren riesige Mengen von Material ins Wasser gestürzt sind. Für die Kanarischen Inseln lässt sich in 100.000 Jahren durchschnittlich eine massive Hangrutschung nachweisen; freilich kamen diese Katastrophen in unregelmäßigen Abständen.
    Eine gewisse Beliebtheit hat mittlerweile ein Mega-Katastrophen-Szenario für den Vulkan Cumbre Vieja auf La Palma erlangt: Den britischen Forschern Steven N. Ward und Simon Day zufolge steht hier in nicht zu ferner Zukunft eine gewaltige
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