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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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anrichtet, sind verheerend. Menschliche Siedlungen werden zum Teil bis auf den Grund vernichtet, landwirtschaftliche Nutzflächen und Brunnen werden durch Versalzung oder Versandung auf Jahre unbrauchbar. Die Infrastruktur, insbesondere Hafenbereiche und Transportwege, wird zerstört; dabei kann es auch zur dauerhaften Verunreinigung ganzer Landstriche kommen, durch Treibstoff, Chemikalien oder – seit 2011 in aller Bewusstsein – atomare Strahlung. Leichen von Menschen und Tieren erhöhen die Seuchengefahr; gebrochene Gasleitungen und elektrische Kurzschlüsse können ganze Anlagen in Brand setzen, und das in einer Situation, in der Brände wegen Evakuierung und zerstörter Zugangswege kaum bekämpft werden können. Auch Naturgebiete werden von Tsunamis schwer getroffen: Vielfach werden bei stärkeren Tsunamis Küstenbiotope wie Korallenriffe oder Mangroven zerstört. Damit geht wiederum ein natürlicher Schutz gegen Tsunamis auf lange Zeit verloren.
    Unerwartete Gefahren birgt auch die Abfolge der Wellenserie. Tatsächlich ist die erste Welle selten die höchste, die nachkommenden Wellen können weitaus gefährlicher sein. Ebenso können zu frühe Entwarnungen weitere Todesopfer fordern. Große Tsunamis bestehen aus sechs bis zwölf Wellen, die in Intervallen von dreißig bis neunzig Minuten (manchmal auch kürzer) auf die Küste treffen. Der Sumatra-Andaman-Tsunami von 2004 zog sich mit acht Wellen im Abstand von rund neunzig Minuten über zwölf Stunden hin.
    Wie sich ein Tsunami in Küstennähe ausbreitet und wie erkonkret beim Auftreffen erscheint, ist wesentlich von der lokalen Küsten- und Meeresmorphologie abhängig. Stärke und Form des Tsunamis werden durch den horizontalen Küstenverlauf beeinflusst, in der Vertikalen durch das Flachwasserprofil im Küstenbereich (Bathymetrie) und durch die Eigenschwingungen des Wassers. Besonders bei Buchten kann es hier zu Resonanzschwingungen kommen, sodass ein Tsunami mehrfach quer zu seiner eigentlichen Richtung über eine Bucht hin- und herläuft. Durch Interferenz kann sich dabei die Höhe der nächsten Tsunamiwelle verstärken. Auch die Bedingungen von Ebbe und Flut können die Höhe und Energie eines Tsunamis beeinflussen.
    In der Regel entfaltet ein durch ein Erdbeben ausgelöster Tsunami die größte Wellenhöhe, wenn er sich senkrecht von der unterseeischen Bruchlinie fortbewegt. Ist bei einem Erdbeben der Verlauf der Bruchlinie durch seismische Messungen bekannt, so lässt sich berechnen, welche Küsten am stärksten vom Tsunami bedroht sind. Jedoch gibt es vor den Küsten zahlreiche Brechungseffekte, die durch das Tiefenprofil des Meeresbodens in Küstennähe entstehen: Korallenriffe, Sandbänke oder die generelle Topographie des Meeresbodens können einen Tsunami kurz vor dem Auftreffen in unerwartete Richtungen lenken. Bei buchtenförmigen Küsten kommt es zu einer Fokussierung der Wassermassen, also zu einer Erhöhung des
run-up
und zu einer Intensivierung des Aufpralls. Durch diese Faktoren können unmittelbar beieinanderliegende Küstenbereiche sehr unterschiedlich betroffen sein: In manchen Fällen hat ein Tsunami nur an kurzen Küstenabschnitten verheerende Schäden angerichtet, während benachbarte Küstenstriche verschont blieben.
    Aufgrund der unterschiedlichen Faktoren in Küstennähe, die durch die jeweils individuellen Entstehungsparameter des Tsunamis ergänzt werden (Art, Tiefe, Umfang und räumliche Orientierung des Auslösers, Verlauf im Ozean), lassen sich die Höhe, die zeitliche Aufeinanderfolge der Tsunamiwellen und die genauen Überflutungsgebiete nur schwer vorausberechnen: Der Auslöser und die Küstensituation (Meerestopographie und Infrastruktur) müssen genau bekannt sein, um einen Tsunamiberechnen und modellieren zu können. Dies ist wiederum entscheidend für die Warnung und Evakuierung der betroffenen Küstenstriche.
    Auch die landwärtige Überflutung
(inundation)
hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere vom Tiefenprofil im Flachwasserbereich und von der Küstenstruktur. Meist dringen Tsunamis nicht weiter als einige hundert Meter ins Land ein. In flachen Küstengebieten können sie jedoch auch mehrere Kilometer ins Binnenland strömen: Bei breiten Flussmündungen kann es zu Rückstau und damit zu weiterer Überflutung im Land kommen. Flüsse oder andere kanalisierende Strukturen – etwa Straßen, die durch dichte Wälder verlaufen – können den Tsunami zur gänzlich unberechenbaren Gefahr machen: Durch die
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