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TS 88: Das Ende der Zeitreise

TS 88: Das Ende der Zeitreise

Titel: TS 88: Das Ende der Zeitreise
Autoren: H. G. Ewers
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drückte nicht ab. Offenbar wußte er nicht, in welche Kategorie der Geister er die Erscheinung einreihen sollte.
    Aber auch die Gestalt zögerte. Sie zog ihre Gliedmaßen, oder was immer es war, wieder in den Kokon zurück. An ihrer Stelle wölbte sich eine pulsierende, rosa leuchtende Masse aus der Hülle heraus. Toby bemerkte mit aufgerissenen Augen, wie sich diese Masse zu einem menschenähnlichen Mund verformte. Die „Lippen“ bewegten sich, aber Toby war viel zu überrascht, um etwas ablesen zu können. Auch Lister reagierte nicht. Daraufhin schien die Gestalt die Geduld zu verlieren. Während der Mund stillstand, schwebte der Kokon näher an den Waldhüter heran. Der wußte sich nicht mehr zu helfen und drückte ab.
    Toby sah den Blitz des Mündungsfeuers und den Pulverdampf. Er beobachtete auch, wie die Gestalt ins Wanken geriet, sich aber verblüffend schnell wieder fing. Erneut bewegten sich die Lippen, formten Laute, und diesesmal vermochte Toby ein zusammenhängendes Wort zu entziffern.
    „Tatvamahsi!“
    Toby kannte die Bedeutung des Wortes nicht. Gespannt lauschte er mit den Augen. Noch zweimal wiederholte sich der gleiche Ausruf. Was wollte das Wesen damit bezwecken? Tobys Augen suchten den Alten – und weiteten sich in jähem Entsetzen. Mit ersticktem Schrei sank er ohnmächtig zusammen.
    Aber er nahm das grauenhafte Bild mit hinüber.
    Das Bild eines sich zu einem zuckenden Gallertkegel verformenden Menschen!
     
    *
     
    Als Toby Warwick erwachte, war er schweißgebadet. Er fühlte, wie sein Körper zitterte und wußte, daß er Angst vor etwas Furchtbarem empfand. Vergeblich versuchte er sich zu erinnern. Hatte ein Alptraum ihn gequält? Toby tastete nach dem gewohnten Platz der Nachttischlampe, fand sie aber nicht. Dafür stießen seine Fingerspitzen gegen etwas Kaltes, das ihnen gleich wieder entglitt.
    Unvermittelt flammte Licht auf. Für den Augenblick geblendet, bemerkte Toby nicht das Näherkommen der weißen Gestalt. Er sah sie erst, als sie dicht neben seinem Bett stand. Unwillkürlich zuckte er zusammen. Die Gestalt rief unheilvolle Ahnungen wach. Sein Blick glitt an dem sauberen Weiß empor. Das lächelnde, rosige Gesicht einer Krankenschwester sah auf ihn herab.
    „Bist du endlich wach geworden, kleiner Ausreißer?“ las er von ihren Lippen. Er runzelte die Stirn. Ausreißer? Meinte sie etwa ihn?
    „Wo … wo bin ich hier?“ flüsterte er zaghaft.
    „Du bist im Hospital, Toby. Aber hab’ keine Angst, dir fehlt nichts. Nur ein wenig erschöpft bist du noch. Kein Wunder, du mußt ganz schön kreuz und quer gelaufen sein.“
    „Kreuz und quer gelaufen .?“
    „Schon gut, Toby.“ Die Schwester fegte schweigend die Scherben eines zerbrochenen Glases zusammen. Er mußte es im Dunkeln versehentlich vom Nachttisch gestoßen haben. Gleich darauf trat die Schwester mit einem neuen Glas zu ihm, füllte eine Prise weißen Pulvers ins Wasser und reichte es Toby. „Hier, mein Junge, trink das aus, dann geht es dir gleich besser!“
    Gehorsam nahm Toby das Glas entgegen. Er trank es in einem Zuge leer, denn jetzt verspürte er plötzlich quälenden Durst. Lächelnd nahm ihm die Schwester das Glas wieder ab. „So, Toby, jetzt sei ein braves Kind und leg’ dich hin. Ich bin gleich wieder zurück.“ Toby verzog das Gesicht. Die Schwester raspelte ihm zuviel Süßholz für seinen Geschmack. Schließlich war er schon dreizehn Jahre alt! Er lehnte sich in die Kissen zurück und schloß die Augen. Er schwor sich, sie nicht wieder zu öffnen, wenn die Schwester zurückkam. Doch es bedurfte dieses Vorsatzes nicht. Lange, bevor die Schwester zurückkehrte, war er fest eingeschlafen.
    Zuerst wußte Toby nicht, was ihn aufgeweckt hatte. Ein schmales, energisches Gesicht mit einer Hornbrille beugte sich über ihn. „Kannst du mich verstehen, Toby?“ formten die Lippen.
    Toby nickte, noch etwas benommen.
    Das Gesicht verschwand für einen Augenblick, dann kehrte es zurück. „Wer sind Sie?“ fragte Toby.
    „Ich bin Doktor Berull, mein Junge. Glaubst du kräftig genug zu sein, um aufstehen zu können?“
    „Ich will nach Hause, zu Paps!“ sagte Toby energisch.
    Das Gesicht bewegte sich nickend auf und ab. „Natürlich, Toby. Du darfst gleich nach Hause. Aber … äh …“, er rang offensichtlich nach Worten, „… da sind ein paar Herren, ein paar nette Herren, die dich erst noch sprechen wollen. Möchtest du ihnen den Gefallen tun?“
    Wieder nickte Toby. Er kannte die Erwachsenen zu gut,
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