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TS 71: Flitterwochen in der Hölle

TS 71: Flitterwochen in der Hölle

Titel: TS 71: Flitterwochen in der Hölle
Autoren: Fredric Brown
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man allerdings keine voreiligen Schlüsse ziehen, denn Raketenpiloten werden im Alter von fünfundzwanzig Jahren in den Ruhestand versetzt. Das Draufgängertum der Jugend ist in diesem Beruf wichtiger als Erfahrung.
    Bei einem Raketenflug kommt es nicht darauf an, besonders komplizierte Dinge zu tun, sondern am Leben und bei Verstand zu bleiben, bis man am Ziel ist. Den Rest besorgen die Techniker – der Pilot muß nur versuchen, in einem Stück herunterzukommen und so zu landen, daß er noch aufstehen und weggehen kann, nachdem er wieder bei Bewußtsein ist.
    Deshalb war Ray Carmody mit siebenundzwanzig Jahren bereits ein pensionierter Raketenpilot. Nach zahllosen Testflügen in Erdnähe hatte er damals eine erfolgreiche Landung auf dem Mond hinter sich gebracht.
    Alle bis dahin entwickelten Raketen hatten einen Fehler: Sie konnten kaum genügend Treibstoff befördern und auch das nur, wenn der Pilot fast keine Ausrüstung mitbekam. Selbst dafür brauchte man allerdings noch Stufenraketen, die unhandlich und teuer waren.
    Vor zwei Jahren hatte man erkannt, daß man zuerst eine Raumstation haben mußte, bevor man an einen Stützpunkt auf dem Mond denken konnte …
    Aber bleiben wir doch lieber bei Ray Carmody: Er hätte einen einträglichen Job an einem Schreibtisch haben können, aber er verstand zu wenig von Raketentechnik und noch weniger von bürokratischem Kleinkram. Kybernetik, das heißt alles, was mit elektronischen Rechenmaschinen zu tun hatte, faszinierte ihn jedoch geradezu. Deshalb war er froh, an der größten Maschine dieser Art arbeiten zu dürfen.
    Er bediente „Junior“, wie der Rechenautomat bei allen hieß, die ihn kannten.
    Carmody arbeitete als Klasse-I-Programmierer. Das bedeutete, daß sein bisheriges Leben peinlich genau durchleuchtet worden war, um sicherzustellen, daß er niemals – nicht einmal in der Wiege – ein unbedachtes oder gar subversives Wort geäußert hatte.
    Außer ihm gab es nur noch drei andere Klasse-I-Programmierer, die berechtigt waren, Junior Fragen geheimen Inhalts vorzulegen. Das hieß: Fragen über Logistik, Atomphysik, Ballistik, Raketen und alles andere, was das Militär sonst noch für geheim hält – also eigentlich alles bis auf die Farbe der augenblicklich getragenen Uniformen.
    Die Östliche Union hätte ohne Zweifel das Grabmal Lenins dafür hergegeben, um einen von Juniors Bedienungspersonal als Agenten für sich zu gewinnen. Aber selbst die Klasse-II-Programmierer wurden sorgfältig auf loyale Gesinnung überprüft. Vermutlich befürchtete man, sie könnten subversive Ideen in Juniors Gehirn einschleusen.
    Am Nachmittag des zweiten Februar hatte Ray Carmody Dienst im Kontrollraum. Er war allein, denn Junior benötigte zwar von Zeit zu Zeit ein ganzes Heer von Technikern zur Wartung, aber immer nur einen Programmierer, der ihn mit Informationen fütterte oder Fragen stellte.
    Im Augenblick tat er allerdings gar nichts – er hatte die Füße auf dem Tisch und las ein Magazin. Er hatte Junior gerade einen ganzen Packen komplizierter Daten über die Molekularstruktur des Chromosomenmechanismus gegeben und ihm – mindestens zum tausendstenmal – die Frage vorgelegt: „Warum kommen nur noch Mädchen zur Welt, und was kann man dagegen tun?“
    Diesmal waren es ziemlich viele Daten gewesen. Junior würde bestimmt einige Minuten benötigen, sie mit dem zu vergleichen, was er bereits aufgespeichert hatte und das ganze zu kombinieren. In wenigen Minuten würde er wahrscheinlich sagen: „Daten ungenügend“. Jedenfalls war das bisher seine einzige Antwort auf diese Preisfrage gewesen.
    Carmody lehnte sich in den Sessel zurück und betrachtete gelangweilt Juniors Kontrollpult. Weil das Aufnahmemikrophon ausgeschaltet war und ihn außerhalb des schalldichten Raumes sowieso niemand hören konnte, sprach er aus, was er gerade dachte.
    „Junior“, sagte er, „ich fürchte, auf diesem Gebiet bist du ein vollkommener Versager. Wir haben alles in dich hineingestopft, was sämtliche Biologen und Chemiker der USA wissen, aber du gibst immer nur ,Daten ungenügend’ von dir. Was willst du eigentlich – Blut?
    Oh, ich weiß, auf manchen Gebieten bist du geradezu unschlagbar. Wenn es sich um Kreisbahnen oder Raketentreibstoffe handelt, bist du ein Genie, aber von Frauen hast du keine Ahnung. Na gut, ich versteh’ sie ja auch nicht …
    Einen guten Dienst hast du der Menschheit bereits erwiesen – du hast sie davon überzeugt, daß ein Krieg mit H-Bomben einem
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