Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
Vom Netzwerk:
blonden Haares aus der Stirn. „Um das Kind gleich beim richtigen Namen zu nennen“, erklärte sie – „wir werden Nachwuchs bekommen.“
    Keith bemerkte plötzlich, daß er aufgesprungen war. Als er dann noch feststellte, daß ihm der Mund offenstand, klappte er ihn hastig wieder zu und setzte sich.
    Bill und Ruth gratulierten lärmend.
    „Dann müssen wir schleunigst hier verschwinden“, sagte Keith. „Zur Erde. Die Kliniken …“ Er hielt inne, als er den Gesichtsausdruck seiner Frau bemerkte.
    „Nur ruhig“, sagte sie. „Müssen wir wirklich zur Erde? Willst du wirklich, daß dein Kind auf der Erde zur Welt kommt?“
    „Entschuldige“, sagte Keith.
    „Liebster“, sagte sie dann langsam, „müssen wir das?“
    Die Trommeln draußen verstummten, und der Gesang erstarb.
    Keith lächelte. „Das mußt du wissen, Carrie“, sagte er. „Nur du.“

 
4.
     
    Sie blieben, wo sie waren.
    Ein Jahr später, nachdem ihr Sohn geboren war und nach der Sitte von Halaja seinen Namen bekommen hatte, erhielt Keith eine Nachricht von Old Vandervort. Mark brachte sie ihm mit dem Hubschrauber. In der Mitteilung stand: mein lieber keith – ich muß zu meinem großen bedauern sagen, daß ich mit ihren berichten über den fortgang des projektes unzufrieden bin. bitte achten sie darauf, daß sie in zukunft ausführlicher und detaillierter sind, ich muß alles wissen, was in unseren kolonien vor sich geht, wie lange werden sie noch bleiben? hier hat es eine kleine aufregung gegeben. Dem gerücht nach wurde eines unserer schiffe beim start beobachtet, aber ich komme mit der regierung schon zurecht, berichten sie mir ausführlich über alles, höre, daß sie einen sohn haben, gratuliere. (gezeichnet) james murray vandervort.
    Das Telegramm bereitete Keith einiges Kopfzerbrechen, wenn er auch bemüht war, Carrie nichts davon merken zu lassen. Das Verlangen nach noch detaillierteren Berichten war typisch Vandervort – aber der Argwohn, den die Regierung anscheinend geschöpft hatte, war beunruhigend.
    Der Friede war auf der Erde mit dem Preis der Gleichförmigkeit erkauft worden. Die ganze Kultur des neuen goldenen Zeitalters war auf einem stabilen System aufgebaut, in dem alle Menschen gleich dachten, glaubten und redeten. Der Mensch hatte, was er immer schon gewollt hatte und war nicht in der Stimmung, einen Wechsel herbeizusehnen. Sein Motto war ganz einfach:
    DONT ROCK THE BOAT – Bring das Boot nicht zum Schwanken.
    Nun, die Venuskolonien taten genau das.
    Ein Sturm braute sich zusammen.
    Es stimmte, daß sie nicht gerade illegal waren – es gab kein Gesetz, das es verbot, eine neue Kultur auf der Venus zu gründen – aus dem einfachen Grund, daß niemand an so etwas gedacht hatte und es somit keinerlei juristische Präzedenzfälle gab.
    Aber sie standen außerhalb des Gesetzes.
    Aber wenn man sie entdeckte, war der Traum ausgeträumt. Ihre ganze Wirkungsweise beruhte darauf, daß sie im geheimen operieren konnten. Die Kolonien mußten Zeit haben, aufzuwachsen, sich zu entwickeln und dabei Lebenskraft und Schwung zu bekommen. Sie mußten es sein, die die Verbindung mit der Erde aufnahmen – nicht anders herum.
    Die Kultursoziologen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts hatten eine Wissenschaft aus den primitiven Lehren der Psychologie, Soziologie, Anthropologie und Wirtschaftskunde gemacht. Die Venuskolonien waren Produkte dieser Wissenschaft.
    Und Wissenschaften pflegen meistens zu funktionieren.
    Wenn ein Ingenieur sein Handwerk versteht, so stürzen die Brücken, die er baut, nicht ein.
    Wenn ein Kultursoziologe sein Handwerk versteht, dann tut seine Kultur genau das, was er von ihr will.
    Keith hatte sozusagen eine Brücke gebaut. Zunächst war diese Brücke einfach ein logisches Experiment gewesen, ohne besondere emotionelle Bindung.
    Das war, ehe er zur Venus gekommen war, ehe er in Halaja gelebt hatte – ehe er wußte, daß sein Sohn einst auf eben dieser Brücke würde gehen müssen, die er gebaut hatte.
    Aber gleichzeitig war sie auch die Brücke von Old Vandervort.
    Er war derjenige, der darauf bestanden hatte, daß sie gebaut wurde, obwohl er wissen mußte, daß er ihre Vollendung nicht mehr erleben würde.
    Und wieder stellte Keith sich die alte Frage:
    Warum?
    Die Jahre verstrichen, und für Keith und Carrie waren es glückliche Jahre.
    Sie sahen ihre beiden Söhne heranwachsen – Bobby, den adoptierten Jungen, und Keith, ihren eigenen; sahen, wie sie groß und stark wurden und bereuten keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher