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TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

Titel: TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1
Autoren: Kurt Mahr
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sein, daß dieses Gefahrenmoment ausgeschaltet bleibt. Wir konnten uns ein autoritäres Regime noch nicht einmal für die Dauer eines halben Monats leisten – um wieviel weniger könnten wir es für die Tausende von Jahren, die nach aller Wahrscheinlichkeit noch vor uns liegen!
    Wir sind ein selbständiger Staat – losgelöst von allen Verbindungen mit der Erde oder einer ihrer Kolonien. Wir wollen ein demokratischer Staat sein!“
     
    Eine vorläufige Verfassung wurde zehn Tage später einstimmig angenommen. Das höchste Gremium des GLORIOUS-Staates war von diesem Tag an das Parlament, an deren Spitze der Präsident stand, dem Parlament verantwortlich in allem, was er tat.
    Leinster hatte auch für die Eile, mit der er die Konstituierung der Volkskammer vorantrieb, seinen triftigen Grund.
    In dem vergangenen Jahr waren im ganzen Schiff nur wenig mehr als hundert Kinder zur Welt gekommen. Man mochte dies auf die von den Seuchen herrührenden Erschütterungen zurückführen oder auf irgendwelche anderen Gründe – alarmierend war es auf jeden Fall. Es sah so aus, als würde eher die Besatzung des Schiffes aussterben als das Schiff sein hypothetisches Ziel erreichen.
    Die Schritte, die dagegen zu unternehmen waren, wollte Leinster nicht alleine auf seine Schultern laden. Ganz abgesehen davon, daß er, die Lage des Schiffes betrachtend, der demokratischen Regierungsform auch aus anderen Gründen den Vorzug vor allen anderen Regierungsformen gab.
    In der Zwischenzeit waren die fünfzig ehemaligen Lastendecks weitgehend bewohnbar gemacht worden. In dem zwanzig Kilometer breiten Äquatorialstreifen eines jeden Decks hatte man eine dünne Humusschicht angelegt und Grassamen ausgestreut.
    Wiesenringe zogen sich um jeden Äquator der fünfzig Decks. Die Wände der ehemaligen Lastenräume waren entfernt worden, weite Flächen und Bungalowhäuser entstanden wie in den ursprünglichen Siedlerdecks.
    Das einzige, worauf man bisher noch nicht geachtet hatte, waren die Decken. Man konnte ein Lastendeck von einem Siedlerdeck dadurch unterscheiden, daß das erstere eine blaue, das letztere aber eine graue Decke hatte.
    Die Energieversorgung des Schiffes war auf lange Zeit gesichert. Nach Beendigung des „Unternehmens Schwerkraft“ war im Schiffskern der Schwerkraft-Generator wieder installiert worden, so daß im Schiffskern, was die Gravitation anbelangte, Erdverhältnisse herrschten wie in den Äquatorialstreifen der Siedlerdecks.
    Im Mittel betrug auf diese Weise die Bevölkerungsdichte in den Siedlerdecks 85 Personen pro Quadratkilometer.
    Leinster befürchtete, daß es in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten immer weniger würden, wenn nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen wurden.
    Das Parlament ergriff diese Maßnahmen.
     
    Aber sie brachten keinen Erfolg.
    Im Laufe des nächsten Jahres wurden achtundachtzig Kinder geboren – bei einer Gesamtbevölkerung von zweihundert Millionen! Die Verhältnisse, wie sie auf der Erde nach großen Katastrophen, zum Beispiel Weltkriegen, beobachtet worden waren, schienen sich an Bord der GLORIOUS umzukehren.
    In der gleichen Zeit starben mehr als fünf Millionen Siedler.
     
    Im Jahre 3127 ernannte das Parlament einen Gesundheitskommissar, der, von einem Expertenstab unterstützt, die Verhältnisse auf den Siedlerdecks sorgfältiger überprüfen sollte, als es bisher hatte geschehen können, und gehalten war, nützliche Vorschläge zur Beseitigung des Geburtenmangels zu machen.
    Zum Kommissar, obwohl er nichts von der Sache verstand und sich auf seine Experten verlassen mußte, machte man Walter Vandervelt, ehemals Leutnant der militärischen Besatzung.
    Nach der Katastrophe war er mit einer schweren Rauchvergiftung aus dem Hauptgang des 1190. Decks gerettet worden. Man hatte ihm seine Fehlkalkulation niemals ernsthaft übel genommen, wohl aber sein tapferes und dennoch umsichtiges Verhalten im Kampf gegen Helmer des höchsten Lobes für würdig gehalten.
     
    Aber auch Vandervelt vermochte des Übels nicht Herr zu werden. Eine Art biologischer Trägheit kaum vorstellbaren Ausmaßes hatte die Besatzung des Schiffes ergriffen. Im Jahre 3128 wurden fünfzig Kinder geboren, dafür starben mehr als sieben Millionen Siedler.
    Im selben Jahr starb auch Jan Epheser Helmer, ohne jemals vorher noch aus der Finsternis des Wahnsinns wieder aufgewacht zu sein.
    Niemand trauerte ihm nach. Die wenigsten nahmen von seinem Tode überhaupt Kenntnis.
     
    Im Jahre 3135 war die gesamte
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