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TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

Titel: TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1
Autoren: Kurt Mahr
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Reihe von Fahrten gemacht, die ihn bis zu dreißig Lichtjahren von der Erde hinwegführten und ihn an den Effekt der relativistischen Zeitverschiebung bis zu einem gewissen Grade gewöhnten. Aber es war etwas anderes, sich mit einem Sprung über höchstens sechzig Jahre hinweg abzufinden, als einen solchen über dreißigtausend Jahre im voraus mit den Gedanken einigermaßen exakt abzutasten und zu erfassen.
    Noch besser erging es in dieser Hinsicht Frodgey Willagher. Frodgey, auf den meisten Fahrten bisher Leinsters persönlicher Adjutant, war nicht so gebaut, daß er sich über Probleme dieser Art überhaupt den Kopf zerbrach. Das einzige, was ihn an dem Projekt GLORIOUS überhaupt beeindruckte, war die bevorstehende Auseinandersetzung mit Helmer und seinen Leuten – darüber hinaus vielleicht noch die Größe des Schiffes. Aber mehr nicht.
    Als Gus Leinster sich am folgenden Morgen aus seinem Bett-Tank erhob, nachdem er die wohltemperierte somatische Flüssigkeit – eine glibbrige, kolloidale Lösung, die alles enthielt, was dem ermatteten Körper guttat – in den Reservebehälter hatte abfließen lassen, spürte er nichts mehr von der Erregung, mit der der gestrige Abend und in etwas geringerem Maße auch die Tage vorher angefüllt gewesen waren.
    Es war neun Uhr morgens, und während Leinster sich unter dem Bademechanismus allen vorgeschriebenen, gesundheitsfördernden Prozeduren unterzog, dachte er darüber nach, daß auch dieser Tag, so gelöst und voller Erleichterung er begonnen hatte, ein beachtliches Maß an Anstrengung, Aufregung und Gefahr mit sich bringen würde.
    Denn Helmer – wie er ihn kannte – reichte der gestrige Fehlschlag nicht aus, um ihn endgültig den Mut verlieren zu lassen. Außerdem mußte Helmer sich beeilen. Wenn er seine Geschäfte noch hier auf der Erde erledigen wollte, hatte er höchstens zwei Wochen Zeit.
    Drüben im zweiten Schlafzimmer stieg Frodgey prustend und ächzend aus seinem Tank. Leinster hörte das somatische Gemisch platschen und glucksen. Es war Frodgeys Art, in dem Augenblick aus dem Bett zu springen, in dem er aufwachte. Er würde sein Leben lang nicht lernen, die Flüssigkeit vorher abzulassen.
    Frodgey kam ins Bad. Eine glitzernde Schicht schleimiger Flüssigkeit bedeckte seinen Körper, rann an den Beinen herab und machte weiße Spuren auf dem Boden.
    „Was tun wir heute, Chef?“ fragte Frodgey polternd.
    Leinster lächelte ihn an.
    „Aufpassen, was sonst?“
    Frodgey stellte sich unter die Brause. Er verschwand hinter einem dichten Wasservorhang, als der Mechanismus zu arbeiten begann.
    „Ich hätte einen Vorschlag, Chef!“ dröhnte Frodgeys Stimme hinter dem Wasser hervor. „Wir machen einen kleinen Ausflug aufs …“
    In diesem Augenblick pfiff der Visiphonmelder. Das Geräusch war so durchdringend, daß selbst Frodgey es unter seiner Brause hörte.
    Leinster warf einen dünnen Morgenrock über und ging hinaus. Auf dem kleinen Bildschirm des Visiphons blinkte ein rotes Licht.
    Leinster nahm den Hörer ab. Der Bildschirm leuchtete auf und zeigte das Gesicht des Portiers.
    „Guten Morgen, Mr. Leinster“, sagte der Mann höflich. „Hier sind zwei Herren, die Sie gerne sprechen möchten!“
    Leinster nickte zustimmend. Am andern Ende der Leitung drehte der Portier das Aufnahmegerät so, daß die beiden Männer ins Blickfeld kamen, von denen er gesprochen hatte.
    Wenn Leinster überrascht war, dann zeigte er es nicht einmal eine Zehntelsekunde lang. Sein Gesicht blieb ernst.
    „Guten Morgen, Helmer“, sagte er höflich. „Guten Morgen, Mr. Weinberg.“
    Helmer grinste über das breite Gesicht.
    „Erstaunt, was?“ fragte er. „Wir wollten uns gerne mit Ihnen unterhalten.“
    Leinster sah auf die Uhr.
    „Ein bißchen früh am Tag. Aber wenn Sie mir noch fünf Minuten Zeit zum Anziehen lassen, können Sie heraufkommen.“
    Helmer nickte zustimmend. Leinster unterbrach das Gespräch.
    Frodgey stand triefend unter der Tür. Er hatte die Augen zusammengekniffen und die Stirn in Falten gezogen.
    „Es stinkt bis hierher, Chef!“ behauptete er.
    Leinster winkte ab.
    „Mach dich fertig und halt die Augen offen, Frodgey. In fünf Minuten sind sie hier, und ich möchte wissen, was sie in Wirklichkeit wollen.“
    Frodgey nickte und verschwand wieder im Bad. Leinster zog sich an und war zwei Minuten früher fertig, als Helmer auf den Knopf des Türmelders drückte.
    Leinster öffnete. Im selben Augenblick, als Helmer und Weinberg vom Gang aus hereinkamen,
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