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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1
Autoren: Henry Kuttner
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folgte.
    Der Presser zwinkerte ihm zu.
    „Laß dir lieber raten, Kleiner, Fehler sind schnell gemacht.“

 
4.
     
    Diese Episode war nur eine von vielen, die sein äußeres Leben mit sich brachte. Innerlich wurde er von Trotz und Auflehnung zerfressen. Er empörte sich gegen seine kurze Lebensspanne, die allem Lernen seinen Wert raubte, wenn er sich dagegen die Lebenserwartung der Unsterblichen vor Augen hielt. Er empörte sich gegen seinen eigenen Körper, der ihn ungefüge und erniedrigend dünkte. Letztlich und ohne es zu wissen, empörte er sich gegen die Entstellungen, die ihm in der ersten Woche seines Lebens zugefügt worden waren.
    Der hilflose Zorn, der in Sam Reed wütete, zerschellte an Zeit und Schicksal. Weil Sam kein äußeres Ziel dafür fand, konnte er ihn nur an sich selbst auslassen.
    Ein solcher Zorn war ebenso wenig normal, wie Sam Reed selbst. Sein eigener Vater konnte nicht normal sein, sonst hätte er keine Rache an seinem Sohn genommen, die in einem derartigen Mißverhältnis zu den tatsächlichen Ereignissen stand. Beide, Vater und Sohn, durchlebten ihre Tage in unablässigem Kampf gegen die bittere Wirklichkeit.
     Sam durchlief eine Vielzahl von inneren Entwicklungsstufen, die den Presser und Jim Sheffield und alle übrigen, mit denen er sich zusammentat, erstaunt hätten. Weil er von anderer Geistesverfassung war als sie, konnte er ein Leben auf mehreren Ebenen führen, das er vor seinen Genossen verbarg.
    Nachdem er einmal die riesigen Bibliotheken der Kuppeln entdeckt hatte, wurde er zum leidenschaftlichen Leser. Er war kein Verstandesmensch, und seine innere Unrast verhinderte, daß er auch nur ein Wissensgebiet völlig meisterte, und damit über seine Stellung hinauswuchs.
    Aber er verschlang Bücher, wie das Feuer Brennstoff verschlingt und wie seine eigene Unzufriedenheit ihn selber verschlang. Er überflog ganze Lehrgänge über jeden Stoff, der ihn gefangennahm, und verstaute die gewonnenen Kenntnisse nutzlos in irgendeiner Kammer seines aufnahmefähigen Gehirns.
    Daß er nicht wußte, was ihm fehlte, trug noch zu seiner Rastlosigkeit bei. In langen Gewissenskämpfen versuchte er, die unbewußte Bürde seines verlorenen Erbes abzuschütteln. Eine Zeitlang hoffte er, eine Antwort in den Büchern zu finden, auf die er sich stürzte.
    In seinen Jugendtagen suchte und fand er die Zuflucht in ihnen, die er sich später auf andere Weise zu verschaffen suchte. Mit Rauschgift, Frauen und Wanderungen von Kuppel zu Kuppel betäubte er sich, bis er zuletzt der einen großen und unmöglichen Aufgabe gegenüberstand, in der sein Schicksal sich erfüllen sollte und die er mit äußerstem Widerstreben anging.
    Während der nächsten anderthalb Jahrzehnte las er sich durch die Bibliotheken der Kuppeln, in denen er sich aufhielt, wenn er nicht gerade in irgendwelche gesetzwidrigen Geschäfte verwickelt war. Die tiefe Verachtung, die er für die Geprellten empfand, dehnte er auf seine Kumpane aus. Sam Reed war gerade kein angenehmer Zeitgenosse.
    Er handelte unberechenbar, denn er war das Opfer seines eigenen schwelenden Selbsthasses. Wenn dieser Haß aufloderte, nahm Sam Reeds Zügellosigkeit krasse Formen an. Bald war er berüchtigt. Niemand traute ihm über den Weg, aber er galt als so geschickt, daß seine Dienste immer gefragt waren – freilich nur bei denen, die das Risiko in Kauf nahmen, daß ihre schlau ersonnenen Ränke in Gewalttaten umschlugen, wenn Sam Reeds Jähzorn mit ihm durchging.
    Viele fanden sich damit ab. Manche bewunderten ihn deswegen.
    Denn das Leben in den Kuppeln verlief in eintönigen Bahnen, wie sie die Menschheit nicht von alters her gewohnt war. In vielen flackerte ein Funke der Auflehnung, die Sam Reed verzehrte. Auf Umwegen brach er durch und nahm Formen an, wie die Begeisterung für die romantischen Zeitläufte der Freien Trupps und ihre wehmütigen Balladen.
    Mit brennender Sehnsucht las Sam von den Tagen der ersten Pioniere, die ihren Nachfolgern den Weg ins Innere der Venus gebahnt hatten. Nur ganze Kerle konnten einem Gegner wie diesem gefräßigen Planeten die Stirn bieten.
    Er las von der Erde und träumte von ihren weiten Ebenen. Er summte die alten Lieder vor sich hin und versuchte sich auszumalen, wie er unter einem endlosen schwarzen Himmel stand, in dem die fernen Welten des Raumes flimmerten.
    In seiner eigenen einfachen Welt waren alle Hindernisse künstlich geschaffen worden. Wer sich kraftvoll gegen die bestehenden Schranken warf, mußte gewärtig
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