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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1
Autoren: Henry Kuttner
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sein, daß sie vor ihm zusammenbrachen. Er konnte sie nur mit einer Faust stützen und mit der anderen dagegenhämmern.
    Die Zeit, die langen Jahrhunderte, die er nie erleben würde, waren die einzige Macht, die Sam einen würdigen Gegner geboten hätte. Darum haßte er Männer und Frauen, alle Welt und sich selber dazu. Er führte einen unterschiedslosen und zerstörerischen Kampf gegen sie, weil ihm ein Widersacher fehlte, der ihm die Möglichkeit eines schöpferischen Wettstreits bot.
    Vierzig Jahre lang verbiß er sich in diesen Kampf.
    Nur eine Regel bestimmte in diesen Jahren sein Verhalten, und wenn er sie erkannte, reichte sie nicht aus, um sein Interesse auf die Dauer zu wecken. Blau wirkte auf ihn wie keine andere Farbe. Er schrieb diesen Einfluß der Erinnerung an die Berichte über die Erde zu, die von einem Himmel sprachen, der in unermeßlichem Blau leuchtete.
    Auf der Venus schlossen einen die Wasser überall ein. Die Luft war schwer vor Feuchtigkeit, in den tiefhängenden Wolken ballte sich der Regen, und die graue Decke der Meere über den Kuppeln schien kaum nasser als Luft und Wolken. In Sam Reeds Gedanken verschmolz das Blau des versunkenen irdischen Himmels mit der Vorstellung schrankenloser Freiheit.
    Das erste Mädchen, das er heiratete, war eine kleine Tänzerin, die in einem der vielen Cafehäuser an den Gleitbändern auftrat. Als er sie zum erstenmal erblickte, trug sie ein knappes Kostüm aus blauen Federn. Außerdem hatte sie blaue Augen, nicht von dem Blau der Federn oder dem unvergessenen Himmel der Erde, aber immerhin blau.
    Sam mietete eine winzige Wohnung in einer Seitenstraße der Montanakuppel, und ein halbes Jahr lang zankten sie sich nicht öfter als die meisten jung verheirateten Paare.
    Eines Morgens kam er von einem nächtlichen Auftrag nach Hause, den er mit Sheffields Rotte zusammen durchgeführt hatte. Als er die Tür aufstieß, trieb ihm ein eigenartiger Geruch entgegen. Ein schwerer, süßlicher Duft hing in der Luft, gemischt mit einer scharfen, beißenden Ausdünstung.
    Die kleine Tänzerin war in einer Zimmerecke zusammengebrochen. Ihr verkrümmtet Körper begann bereits zu erstarren. Eine große, blaßfarbene Blüte verdeckte ihr Gesicht. Ihre Blätter preßten den Kelch wie eine vielfingrige Hand gegen die Stirn des Mädchens.
    Die Blume leuchtete in fahlem Gelb, aber die Äderung der Blütenblätter hatte sich hellrot gefärbt. Blutfäden rannen unter dem Kelch hervor und tropften auf das blaue Kleid der Tänzerin.
    Die aufgerissene Schachtel, in der die Blume eingetroffen war, lag neben ihr. Grünes Seidenpapier ragte daraus hervor.
    Sam erfuhr nie, aus welchen Gründen der Mord geschehen war und wer ihn begangen hatte. Einer seiner Gegner mochte sich auf diese Weise an ihm gerächt haben, einer seiner Freunde – eine Zeitlang verdächtigte er den Presser – mochte aus der Furcht heraus gehandelt haben, das Mädchen könnte zu starken Einfluß auf ihn gewinnen und ihn von seinen zweifelhaften Geschäften ablenken.
    Oder aber eine andere Tänzerin gedachte ihre Rivalin auszuschalten, denn um die wenigen Stellen in der Montanakuppel wurde ein bitterer Konkurrenzkampf ausgetragen.
    Sam stellte Nachforschungen an, ermittelte, was er wissen wollte, und übte leidenschaftslose Vergeltung an Leuten, die schuldig oder unschuldig sein mochten. Ihn kümmerte diese Frage wenig. Das Mädchen war von keinem besseren Schlag als er selber. Sie besaß blaue Augen, und sie war ihm nicht im Wege gewesen. Daß er ihren Tod nicht ungestraft hinnahm, war er seinem eigenen Ruf schuldig.
    Andere Mädchen kamen und gingen. Sam vertauschte die enge Hinterhofwohnung mit besseren Räumen in ruhigerer Umgebung. Im Anschluß an ein besonders einträgliches Geschäft gab er sie wieder auf und bezog eine elegante Unterkunft in einem Turm, der Ausblick auf die Gleitbänder des Stadtzentrums gewährte. Eine reizvolle blauäugige Sängerin teilte seine Gemächer mit ihm.
    Es dauerte nicht lange, und er verfügte über drei Wohnungen in drei Kuppeln. Eine davon war kostspielig eingerichtet, die zweite durchschnittlich, und die dritte hatte er bewußt so gewählt, daß sie in den Hafengassen des düstersten Viertels lag, das die Virginiakuppel aufzuweisen hatte. Die jeweiligen Bewohnerinnen entsprachen den Unterkünften.
    Das teuerste Appartement hatte er mit zwei Räumen ausgestattet, die niemand außer ihm betrat. Sie enthielten neben einer Auswahl an alkoholischen Getränken und Genußgiften eine
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