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TS 15: Der Unheimliche

TS 15: Der Unheimliche

Titel: TS 15: Der Unheimliche
Autoren: Wilson Tucker
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ganz sicher gehen und versuchte es auf zwei verschiedenen Wegen. Einen Augenblick lang dachte Paul daran, die kleinen, tückischen Kapseln ganz einfach zu zerstören, die Zuleitungen aus der Wand zu reißen. Aber was hätte das für einen Sinn? Sie würden nur allzu bald durch neue ersetzt werden. Er mußte vielmehr einen Weg finden, sie nur zeitweilig außer Funktion zu setzen. Dann würde niemand Argwohn schöpfen. Vielleicht war es sogar möglich …
    Er konzentrierte sich auf die Mikrophonkapseln, schloß die Augen und sandte einen Gedanken aus – den Gedanken, daß sich die Zuleitungen lösen sollten. Und es gelang, es ging leichter, als er gedacht hatte. Die Mikrophone waren abgeschaltet – taub und tot. Er richtete seine Gedanken wieder auf die beiden Männer in dem Zimmer gegenüber dem Fahrstuhl. Nichts hatte sich dort geändert, nichts deutete darauf hin, daß die beiden etwas gemerkt hatten. Paul stand auf und schloß die Türen zur Bibliothek und zum Schlafzimmer. Dann sprach er laut ein paar Worte und stellte mit Genugtuung fest, daß sie den Mann mit den Kopfhörern nicht erreichten. Paul lachte schallend auf. Wenn Dr. Roy jetzt hier sein könnte …
    Paul ließ die Verbindung wieder einschnappen. Er pfiff sich eins, öffnete die Tür und trat auf den Gang hinaus. Einer der beiden Wächter kam ihm entgegen.
    „Ich möchte mir das Haus anschauen“, sagte Paul.
    „Jawohl, Sir“, sagte der Mann und drückte auf den Fahrstuhlknopf.
     
    *
     
    Bei Einbruch der Dunkelheit brachte ihn der Fahrstuhl wieder zu seinen Zimmern im dritten Stock zurück. Er trat ins Wohnzimmer und hörte im Appartement nebenan das Wasser laufen. Sie war da.
    Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, als ein leises Klopfen ertönte. Gleich darauf stand der Butler vor ihm. „Ich bitte um .Verzeihung, Sir. Um sieben Uhr wird das Abendessen serviert. Wollen Sie sich mit den Herren unten zu Tisch setzen oder möchten Sie hier auf Ihrem Zimmer speisen?“
    Paul dachte einen Augenblick darüber nach. Dann sagte er: „Hier auf dem Zimmer.“
    „Jawohl, Sir. Soll ich für eine oder für zwei Personen aufdecken?“
    Paul warf ihm einen überraschten Blick zu. Er drehte sich um und starrte nachdenklich zu der Tür hinüber, hinter der das Wasser rauschte. „Für zwei“, sagte er.
    „Sehr wohl, Sir“, sagte Singer und ging davon.
    Paul rasierte sich und zog sich um. Als er aus dem Schlafzimmer wieder auftauchte, war das Rauschen verstummt. Nur hin und wieder hörte er leise Geräusche, die darauf hinwiesen, daß sich im Appartement nebenan jemand bewegte.
    Paul ging zur Tür und klopfte an.
    „Ja?“ sagte eine weiche Stimme.
    „Ich lasse das Essen auf mein Zimmer bringen. Darf ich Sie dazu einladen?“
    „O ja, vielen Dank. Ich bin in zwei Minuten fertig.“
    Einfacher ging es tatsächlich nicht. Er wartete. Er steckte die Hände in die Taschen und versuchte, die aufkommende Nervosität zu unterdrücken. Paul sah, wie sich die Klinke bewegte, und riß die Hände aus den Taschen. Die Tür ging auf, und das Mädchen trat herein. Es lächelte verschämt und verschmitzt zugleich.
    „Heiliges Donnerwetter!“ platzte er heraus.
    Und Martha Merrill sagte: „Hallo, Paul. Sie scheinen sich an mich zu erinnern.“
    „Ich – ich habe Sie vor einigen Jahren unten in den Büros gesehen. In der Vermittlung.“
    „Ich weiß. Sie haben sich nach mir erkundigt.“ Sie ging auf ihn zu und streckte ihm die Hand hin. „Wie Sie sehen, habe ich es in der Zwischenzeit zu was gebracht.“
    In dem Augenblick, da sie es aussprach, wurde sie sich bewußt, daßsie das nicht hätte sagen oder zumindest anders ausdrücken sollen. Er runzelte die Stirn. Sie wich seinem Blick aus und schaute zu Boden. Ein paar Sekunden herrschte betretenes Schweigen. Dann sagte sie: „Es ist nicht nett von Ihnen, daß Sie so über mich denken.“
    „Es tut mir leid. Ich bitte am Entschuldigung. Ich war so überrascht …“
    Wieder vergingen ein paar Sekunden. „Nun gut“, sagte sie dann, „diesmal sei Ihnen noch verziehen.“ Sie gab ihm die Hand. „Mixen Sie mir was zum Trinken.“
    „Aber gern. Kommen Sie und schauen Sie, wo die Bar versteckt ist.“ Er führte sie in die Bibliothek und schloß sorgfältig die Tür. Dann legte er den Finger auf die Lippen, um anzudeuten, daß sie schweigen sollte, und stand einen Augenblick lang mit geschlossenen Augen da. Die Lötstelle zwischen Kabel und Mikrophon löste sich; die Zuleitung war unterbrochen. Paul
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