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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf
Autoren: Mary Scott
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es«, und goß dann etwas zu viel Branntwein über den Pudding. Ich sah, daß Ursula protestieren wollte, und sagte: »Sie können das doch machen, oder? Gehen Sie nur langsam und halten Sie ihn fest«, und dann zündete ich den Branntwein an.
    Er war begeistert. Er war sicher seit vielen Jahren nicht mehr auf einer Weihnachtseinladung gewesen, und man hatte ihn bestimmt noch nie vorher gebeten, den Plumpudding zu tragen. Beim Aufheben kippte er ihn ein wenig und spritzte sich so etwas Branntwein auf die Hand.
    Ich schrie: »Oh, Caleb, Sie haben sich verbrannt!« und hörte dann Ursulas Kommentar: »Haben Sie etwas anderes erwartet? Also Susan, ich muß schon sagen ...«
    Aber es war Calebs großer Augenblick, und er weigerte sich, den Pudding aus den Händen zu geben. Er achtete nicht auf Ursula, hätte mich im Vorbeigehen fast umgestoßen und segelte auf den Rasen hinaus, den Plumpudding feierlich hoch gehoben. Die Kinder schrien vor Entzücken, die Erwachsenen klatschten, und Caleb setzte seine Last nun sehr vorsichtig mitten auf dem Tisch ab.
    Dann sagte jemand: »Aber Ihre Hand ist verbrannt. War es der Branntwein?« und alle scharten sich um ihn, während ich davonrannte, um Verbandzeug zu holen.
    Aber Caleb schien die häßliche Brandwunde auf seinem Handrücken gar nicht zu bemerken. Er war endlich ein Held und fühlte sich glücklich.
    Die Aufregung war gerade verebbt, als Mark schrie: »Ich hab’ meinen Threepence verschluckt!«, und Larry flüsterte mir zu: »Darauf hab’ ich gewartet«, als schon jemand zu Hilfe eilte.
    Jeder gab einen guten Rat. Ursula schlug herzlos Senf und Wasser vor; Mrs. Lee sagte, was für ein Jammer es sei, daß Larry seinen Pudding nicht nach Münzen durchsucht hätte; Sam meinte resigniert, daß er dem Kind wohl am besten den Finger in den Hals stecken würde und Paul beschwor ihn, mit dem Opfer vorher zu verschwinden; aber Larry beruhigte alle wieder, indem sie ungerührt sagte, man sollte sich nicht aufregen. In seinem Alter hätte sie alles verschluckt, und wahrscheinlich hätten sie wohl die gleichen Innereien, und Onkel Richard unterstützte sie mit der Geschichte, daß sie mit drei Jahren siebzehn Pflaumenkerne verschluckt hatte und ihr das gar nicht geschadet hatte.
    In diesem Moment fand Tony den Thrcepence im Gras, das sie genau abgesucht hatte, und wir atmeten alle erleichtert auf und setzten uns wieder hin.
    Aber die Kinder betrieben diesen Spaß weiter. Diesmal war es Christopher, der triumphierend erklärte, er habe einen ganzen Schilling verschluckt. Das schien uns übertrieben, und Paul meinte ungerührt, er solle keinen Blödsinn daherreden. »Aber er ist nicht mehr da«, verteidigte er sich, und wir begriffen, daß ihn nicht die Gefahr, sondern der finanzielle Verlust beunruhigte.
    Der Colonel zog sofort einen Schilling heraus, obwohl wir versuchten, ihn davon abzuhalten. Ich kannte Christopher und hatte so meinen Verdacht. Aber er bestand darauf, und unglücklicherweise war es gerade Ursula, die meinen Sohn später zwei Schillinge aus der Tasche ziehen sah. Er zeigte sie Christina und gab ihr den Rat, es genauso zu machen. Ich schämte mich für ihn, aber Ursulas Kommentar fand ich doch etwas scharf: Sie sagte, daß die Kinder in Neuseeland anscheinend ohne das geringste Sittlichkeitsgefühl aufwüchsen.
    Das Weihnachtsessen hatte die unvermeidlichen Nachwirkungen — faul und träge saßen wir da und betrachteten die Stöße von schmutzigen Tellern und warteten darauf, daß jemand aufstünde. Und ausgerechnet Peter sagte dann: »Rühren Sie diese Teller nicht an, Susan. Das machen wir«, und er ging festen Schrittes in die Küche und ließ heißes Wasser ins Spülbecken einlaufen. »Nur hereinspaziert, meine Herren!« rief er unsere Männer, die gerade beschlossen hatten, daß man jetzt nach dem Essen rauchen müsse. »Beeilt euch. Die Frauen haben genug getan.«
    Ich war überrascht. Von Peter, der bei uns nicht so zu Hause war wie die anderen, hatte ich nicht erwartet, daß er die Initiative ergreifen würde, aber natürlich machte ihn das mir nur noch sympathischer. Seinem Aufruf wurde widerwillig Folge geleistet, und Frauen war der Zutritt zur Küche verboten. Dann setzte das riesige Geklapper und Geschepper ein, das bedeutet, daß einige Männer abspülten und ihren Frauen beweisen wollten, wie einfach das ist. Uns störte das nicht. Larry bemerkte ganz richtig, daß der Preis von ein paar zerbrochenen Tellern dafür nicht zu teuer wäre.
    Mit dankbarem
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