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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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hatte Andresen Angst davor, dass die Mauer eines Tages verschwinden würde.
    Erst letzte Woche waren sie gemeinsam im Kommunalen Kino gewesen. Ihm gefielen die Atmosphäre des alten Kinos und die Ruhe, die er dort fernab vom stressigen Arbeitsalltag fand. Früher war er gelegentlich nur deshalb dorthin gegangen, um zwei Stunden lang zu schlafen. Doch mit Ida-Marie an seiner Seite war an Schlaf nicht zu denken gewesen. Sie hatten viel gelacht, Bier getrunken und Popcorn gegessen. Wiebke hatte er erzählt, er treffe sich mit seinem alten Kumpel, dem Privatermittler Kalle Hansen, im Buthmanns, um an die neuesten Informationen zu kommen.
    »… hörst du mir eigentlich zu, was ich dir erzähle?«, rief Ida-Marie plötzlich quer über den Besprechungstisch.
    »Zu viele Gemeinsamkeiten«, wiederholte Andresen irritiert. »Du kannst es mir ja gleich noch mal in Ruhe erklären.«
    »Spinner!«, murmelte sie und warf ihm ein müdes Lächeln zu. »Auch wenn wir die Tatorte und Tatzeiten noch nicht exakt bestimmen können, liegen einige Parallelen vor. Zwei tote Frauen binnen weniger Tage in der Kanaltrave. Beide wurden in den frühen Morgenstunden gefunden. Sorry, Birger, aber ich glaube nicht an Zufälle.«
    »Kennen wir denn schon Details?«, fragte Andresen.
    »Bislang noch nicht«, antwortete Kregel. »Wir versuchen gerade herauszufinden, wie die Tote heißt.«
    »In Ordnung«, übernahm Sibius wieder das Wort. »Machen wir uns an die Arbeit. Birger und Ida-Marie leiten die Ermittlungen. Zur Seite stehen euch Ben und Julia.« Er beendete die Besprechung mit einigen kurzen Hinweisen, wie sich das Ermittlungsteam gegenüber der Presse in den kommenden Tagen zu verhalten habe.
    »Birger, kommst du bitte kurz mit in mein Büro, ich muss mit dir reden.«
    Andresen blickte seinen Chef überrascht an. Eigentlich war Sibius ein angenehmer Vorgesetzter. Kollegial, fair und nur selten launisch. Gerade hatte er jedoch ungewohnt ernst geklungen. Wortlos folgte er ihm in sein Büro und schloss die Tür hinter sich.
    »Setz dich bitte, Birger.« Sibius hüstelte. Es war ihm deutlich anzumerken, dass ihm die Situation unangenehm war. »Vielleicht weißt du, weshalb ich mit dir sprechen möchte?«
    »Um ehrlich zu sein, nein.«
    Sibius legte eine kurze Pause ein und sah Andresen eindringlich an.
    »Ich habe einen Hinweis erhalten, dass du dich mit einer Frau triffst«, sagte er schließlich. »Und wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich nicht um deine Wiebke.«
    Im ersten Augenblick glaubte Andresen, sich verhört zu haben. Vielleicht hatte Sibius da auch etwas verwechselt. Doch dann verstand er, worauf sein Chef hinauswollte.
    »Okay, pass auf, Birger«, fuhr Sibius fort. »Im Grunde ist es mir egal, was du mit Ida-Marie machst. Zumal ich der Letzte bin, der dir in Sachen Beziehungen einen Rat geben sollte. Trotzdem will ich euch bitten, die Sache so professionell wie möglich zu regeln. Trennt das Private von eurer Arbeit.« Er machte eine kurze Pause, ehe er weitersprach. »Und klär das bitte so schnell wie möglich mit Wiebke, sie hat nicht verdient, dass du ihr …«
    »Halt mal!«, ging Andresen dazwischen. »Ich glaube, du hast da etwas vollkommen missverstanden. Von wem weißt du, dass ich mich mit Ida-Marie treffe?«
    »Spielt keine Rolle«, wiegelte Sibius ab.
    »Und ob«, entgegnete Andresen. »Derjenige, der dir das gesteckt hat, bringt da nämlich einiges durcheinander. Ich bin mit Wiebke glücklich und ziehe bald mit ihr aufs Land, falls du das vergessen hast.«
    »Habe ich nicht«, entgegnete Sibius. »Umso mehr solltest du aufpassen, was du tust. Das, was ich gehört habe, klang in meinen Ohren alles andere als beruhigend.«
    »Wem glaubst du eigentlich? Sag mir, mit wem du gesprochen hast.«
    »Lass gut sein, Birger. Solange ich nicht persönlich vom Gegenteil überzeugt werde, glaube ich dir.« Noch einmal machte Sibius eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. »Zurück zu unseren Wasserleichen«, sagte er ungewohnt flapsig. »Wir müssen schnell Ergebnisse liefern. Ich kann nur hoffen, dass wir es nicht mit einem Serienmörder zu tun haben. Vielleicht ist ja doch alles nur Zufall gewesen. Ich zähl auf dich und Ida-Marie.«
    Andresen verzichtete darauf, Sibius' Worten etwas entgegenzusetzen.
    Kopfschüttelnd ging er zurück an seinen Schreibtisch. Wer von seinen Kollegen hatte ein Interesse daran, Sibius über sein Privatleben zu informieren?
    Das Telefon klingelte. Es war Kregel.
    »Hast du einen Moment
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