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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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Quasselstrippen werden nicht selten wortkarge Halbwüchsige. Zumindest von den Eltern lassen sie sich auch mit den geschicktesten Tricks nicht mehr dazu bewegen, etwas über sich zu erzählen. Spätestens hier
zeigt es sich, wie wir es in der Kinderzeit mit guten Gesprächen in der Familie gehalten haben. Machten Jugendliche bereits als Kind die Erfahrung, dass man sich für ihre Geschichten interessiert und ihnen zuhört, werden sie auch später noch gern von sich erzählen. Eltern müssen sich dann weniger Sorgen machen, behalten den notwendigen Überblick und halten einen innigen Kontakt zum Kind.

Traumgespräche sind anders
    Was ist so Besonderes daran, mit Kindern über Träume zu sprechen? Sind Eltern nicht auf ein und dieselbe Art und Weise gefordert, ob sie sich nun die neuesten Berichte aus dem Judoclub oder den Traum der letzten Nacht anhören? Nicht ganz, wie wir an folgendem Beispiel darstellen möchten.
    Â 
    Lars wirkt zerknirscht, als er von der Schule nach Hause kommt: Wieder nur eine Vier in Mathe, der blöde Herr Strom kann eben nichts erklären. Lars’ Vater darauf: »Ich hab mich in deinem Alter so lange hingesetzt bis ich es kapiert habe, da hat mir kein Lehrer geholfen. Wie wär’s, wenn du dich ein bisschen mehr anstrengst?« Lars: »Schon klar, dass du alles besser weißt.« Der Dialog zwischen Vater und Sohn findet ein für beide frustrierendes Ende. Was ist passiert?
    Â 
    Wenn Kinder uns von ihren Erlebnissen in der Schule, im Kindergarten oder beim Spielen mit Freunden
berichten, läuft noch während wir zuhören in unserem Kopf ein Film ab. Ohne dass uns das klar ist, schätzen wir ein, von welcher Art die Mitteilung ist. Wichtig oder unwichtig? Angenehm oder unangenehm? Gut oder schlecht? Haben wir entschieden, dass das Thema wichtig genug ist, steigen wir richtig ein und sind von da an gedanklich bei der Sache. Dann fangen wir meistens an, das, was wir hören, zu ordnen. Wir sind damit beschäftigt, Vorgänge zu erklären, zu bewerten, wir suchen nach Alternativen oder Lösungen. Warum ist es so und nicht anders gelaufen? Was wäre die bessere Reaktion gewesen? Was lief gut, was weniger gut?
    Ohne es zu bemerken, vergleichen wir die berichteten Gegebenheiten mit unseren eigenen Erfahrungen. Geht es zum Beispiel darum, Lösungen zu finden, folgen wir bestimmten Regeln, die sich bei ähnlichen Problemen bewährt haben. Dieses regelgeleitete Vorgehen ist natürlich wichtig, denn sonst könnten wir die vielen, oft unüberschaubaren Anforderungen, die täglich auf uns einprasseln, kaum bewältigen. Wir bleiben handlungs- und entscheidungsfähig, indem wir Unwichtiges ausblenden und eintreffende Informationen in entsprechende Kategorien einteilen. Andererseits wirkt sich diese »wohl organisierte« Art der Wahrnehmung und des Denkens nicht immer günstig auf unsere Beziehungen aus. Unser Beispiel zeigt es: Für Lars’ Vater ist die Sache längst klar: Lars hat wieder mal zu wenig gelernt. Jetzt schiebt er das Problem auf seinen Lehrer. Andere mögliche Gründe für Lars’ Schwierigkeiten blendet der Vater aus.

    Wir können davon ausgehen, dass sich auf diese Weise nicht nur Konflikte schwerer lösen lassen. Auch viele Möglichkeiten, andere Menschen näher kennenzulernen und Freunde zu gewinnen, dürften ungenutzt bleiben, weil das vorurteilsfreie Zuhören so schwerfällt. Fortwährendes Sortieren, Bewerten und Beurteilen ist uns zur zweiten Natur geworden. Und genau dadurch errichten wir immer wieder unbemerkt Schranken zu unserem Gegenüber. Damit müssen wir uns aber keineswegs abfinden. Gerade wenn wir über Träume reden, können wir lernen, uns ganz auf die erzählte Geschichte zu konzentrieren. Das auch für uns oft anstrengende Bewerten tritt mehr und mehr in den Hintergrund.
    Â 
    Machen Sie dazu einfach das folgende Experiment: Stellen Sie sich vor, Ihr Kind erzählt Ihnen folgenden Traum:
    Da war ein großer rosa Frosch. Der hüpfte in einen großen Karton. Weißt du, der, in dem unser neuer Fernseher verpackt war …
    Amüsiert Sie die erzählte Szene? Sind Sie belustigt oder hat Sie Ihre Neugier geweckt?
    Jedenfalls werden Sie bemerkt haben, dass sie Sie nicht dazu einlädt, irgendetwas daran gut oder schlecht, richtig oder falsch zu finden. Ein Traum ist nun einmal ein Traum. Was dabei geschieht, unterliegt
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