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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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selbst, und das auf besonders interessante, oft sogar leichte und unterhaltsame Weise. Dass dabei fast zwei Stunden vergangen waren, schien niemandem aufgefallen zu sein. Keiner sah auf die Uhr oder rutschte nervös hin und her. Niemand verließ den Tisch oder wollte das Thema wechseln.
    Man kann wohl sagen, dass die Begegnung mit Achim und Simon so etwas wie eine intensive Glückserfahrung war. Keine von der lauten Art, die glanzvoll und mit Pauken und Trompeten daherkommt. Nicht die Art von Glück, welches sich einstellt, wenn man eine Prüfung besteht oder stolz auf einer Siegertreppe steht. Viel eher ist das, was wir im Gespräch erlebten, als stilles, wärmendes Glücksgefühl zu beschreiben. Wodurch wurde es hervorgerufen? Zwei Heranwachsende, die wir kaum kannten, ließen uns an ihren Ideen und Erfahrungen mit Träumen teilhaben. Wir sprachen mit ihnen nicht über irgendetwas Alltägliches - das Wetter oder den neuesten Stand der Bundesligatabelle - sondern über wichtige Beziehungen. Den Großvater, um den man Angst hat, die Kränkung, weil man von jemandem zurückgewiesen worden war oder die Herausforderung, einem Freund gegenüber mal ganz ehrlich seine Meinung zu sagen. Solche persönlichen Themen verbinden Menschen, weil jeder sie kennt. Doch braucht es die richtige Atmosphäre, um offen darüber zu sprechen. Aber selbst dann ist es nicht selbstverständlich, dass man sich menschlich berührt fühlt.

    Unsere Erfahrungen zeigen immer wieder, dass Träume eine Art Verständigungsbrücke sind - auch und gerade dann, wenn man sich nicht gut kennt oder wenn es schwerfällt, von sich zu reden. Jeder Mensch träumt, und die meisten Menschen erinnern sich ab und zu an einen Traum. Ob wir wollen oder nicht, Träume berühren uns, lassen uns immer mal wieder aufhorchen oder über uns nachdenken. In fast allen von uns schlummert das Bedürfnis, mehr Klarheit über die Bedeutung dieser mysteriösen Erfahrungen zu gewinnen. Doch wer könnte verstehen, was wir selbst nicht begreifen? Und so behält man eben die verwirrenden Traumgeschichten lieber für sich als sich damit jemandem anzuvertrauen.
    Wie es schien, halfen wir Achim und Simon dabei, etwas zu verstehen, wofür es vorher keine Wege gab, um zu Antworten zu kommen. Doch gehen diejenigen, die anderen dabei helfen, einen Traum besser zu verstehen, durchaus nicht leer aus wie wir aus Erfahrung wissen. Glück erfahren wir ja nicht nur dann, wenn wir etwas von anderen bekommen, sondern gerade dann, wenn wir für andere etwas tun können. Man fragt genau nach und hilft damit dem Kind, seine Gefühle zu erkunden, sie zu beschreiben und sie zu verstehen. Auch Sie als Eltern kann das fraglos stolz und glücklich machen, denn Sie verhelfen Ihrem Kind dadurch zu einer verbesserten Selbstwahrnehmung. Dabei sollte man sich keine übertriebenen Sorgen machen, dass man mit neugierigen Fragen die Intimsphäre des Erzählers verletzt. Kinder und Jugendliche signalisieren, wenn es ihnen unangenehm wird. Aus
Erfahrung wissen wir aber, dass die meisten Kinder sich freudig öffnen, um ihre Träume zu erkunden. Auch bei Achim und Simon hatten wir zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, mit unseren Fragen Grenzen zu verletzen. Im Gegenteil, unsere beiden Gesprächspartner fühlten sich dadurch beflügelt, selbst nach Sinn und Bedeutung der Traumbilder zu suchen.
    Gespräche über Träume machen also beide Seiten zufrieden: Denjenigen, um dessen Traum es geht, und denjenigen, der beim Traumverstehen hilft. In unserem Beispiel finden sich aber noch andere »Glücksspender«. Wir erlebten während unserer Spurensuche im Traumland eine Art »Flow«. Nicht nur Maler, Musiker oder Schriftsteller kennen diesen Glückszustand, jeder von uns kann »Flow-Erlebnisse« haben, wenn er völlig in eine Tätigkeit versunken ist. Man ist in diesem Zustand nur auf eine Sache, ein Thema oder eine Arbeit konzentriert und wie besessen davon, diese Aufgabe so gut wie möglich zu machen. Für solche Aufgaben und Ziele können wir nur aus eigenem Antrieb motiviert sein. Flow entsteht kaum, wenn uns jemand sagt: »Mach dies oder mach das.« Völliges Versunkensein in eine Beschäftigung kann durchaus auch aus dem Wunsch heraus entstehen, sich selbst besser begreifen und verstehen zu wollen. Unsere beiden Freunde arbeiteten nicht deshalb an ihren Träumen, weil wir
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