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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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nicht unserer Kontrolle. Somit macht es wenig Sinn, darüber zu urteilen. Was noch dazu kommt: Wir
durchschauen die Zusammenhänge nicht unmittelbar und können mit unserem Wissen und unseren Erfahrungen gar nicht darauf antworten. Wir können also ganz gelassen zuhören, wenn uns Kinder ihren Traum erzählen. Wir können und brauchen nichts von all dem, was in einem Traum geschieht, bewerten oder beeinflussen - unsere Informationssortiermaschine im Kopf darf eine Pause einlegen.

Über Träume sprechen heißt Kinder begleiten
    Sie wissen bereits: In Gesprächen über Träume geht es darum herauszufinden, was Kinder bewegt, was sie fühlen und wozu es sie drängt. Solche Ziele streben wir auch in vielen anderen Situationen und Begegnungen an: Wenn sich eine Freundin an uns wendet, weil sie nicht weiß, wie sie sich entscheiden soll, oder wenn wir Kindern helfen, mit Wut oder Enttäuschung klarzukommen. Immer werden wir gefordert sein, achtsam und sensibel mit den eigenen wie mit den Gefühlen und Bedürfnissen anderer umzugehen, damit solche Gespräche erfolgreich verlaufen können. Schauen wir uns mit Hilfe des folgenden Beispiels genauer an, was das heißt.
    Leonie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll. Eine ihrer beiden Freundinnen fühlt sich von ihr vernachlässigt. Sie beklagt sich darüber, dass Leonie weniger Zeit für sie hat, seit Leonie mit Margit befreundet ist. Leonie fühlt sich unter Druck und erzählt ihrer Mutter
davon. Leonie erklärt ihr, wie alles gekommen ist, was sie an jeder ihrer Freundinnen besonders mag, was sie weniger schön findet und wie sie sich selbst eine gute Freundschaft vorstellt. Mama hört zu, fragt immer mal wieder nach, ob sie auch richtig verstanden hat, bis Leonie schließlich befreit und gut gelaunt verkündet: »Ich mag wirklich jede meiner Freundinnen auf ihre Art gern. Das will ich den beiden unbedingt mal sagen. Dann bräuchte niemand mehr eifersüchtig sein und wir könnten mehr zu dritt machen. Ja, das ist eine Superidee.«
    Leonie wirkte vor dem Gespräch bedrückt und unsicher, danach gelöst und voller Tatendrang. Dabei hatte ihre Mutter nur zugehört, und die eine oder andere Verständnisfrage gestellt. Was wirkt eigentlich in solchen ganz offensichtlich erfolgreichen Gesprächen? Der Begründer der sogenannten nichtdirektiven Gesprächspsychotherapie, Carl Rogers, gibt hierzu Antworten, die viele Menschen in helfenden und erziehenden Berufen bis heute stark beeinflussen. Rogers geht davon aus, dass jeder Mensch aus sich selbst heraus das Bedürfnis hat, sich zum Positiven hin zu entwickeln. Auch Kinder brauchen von Erwachsenen vor allem eine Art »behutsame Begleitung«. Eltern oder Erzieher formen das Kind nicht nach einem bestimmten Bild. Vielmehr unterstützen sie es dabei, eigene Antworten auf ihre Fragen zu finden. Letztlich zielt diese Theorie darauf ab, dass jeder Mensch zu der Person wird, die er sein möchte. Förderliche Gespräche sind nach Rogers Überzeugung der Schlüssel für persönliches Wachstum.

    Im Fall von Leonie kann man durchaus sagen, dass die Mutter als behutsame Begleiterin erfolgreich war, denn Leonie wusste nach dem Gespräch recht genau, was sie selbst tun wollte. Das hätte sie kaum herausfinden können, wenn ihre Mutter Ratschläge erteilt oder ihre eigenen Ansichten zu diesem Thema in den Mittelpunkt gestellt hätte.
    Für Carl Rogers ist es die besondere Art, anderen Menschen zu begegnen, die förderlich und heilsam wirkt. Jeder Erwachsene, der Kinder auf diese Art begleiten möchte, sollte dabei drei Grundhaltungen kultivieren. Rogers beschreibt sie als »Bedingungslose Wertschätzung«, »Empathie« und »Kongruenz oder Echtheit«. Wesentlich ist zunächst, das Kind so zu akzeptieren und wertzuschätzen, wie es ist. In dieser Haltung räumen wir Fehlern und Defiziten keinen Platz ein. Stattdessen nehmen wir an, was auch immer das Kind offeriert. Leonies Mutter ist das gut gelungen. Sie nahm Leonie mit ihrer Frage ernst. Das Gefühl, akzeptiert und wertgeschätzt zu werden, hätte sich hingegen kaum herstellen lassen, wenn die Mutter versucht hätte, Leonie zu beschwichtigen: »Ach das kommt vor, dass Freundinnen beleidigt sind, wird sich bald legen.«
    Wesentlich ist weiterhin, ob und in welchem Ausmaß man fähig ist, sich in das Kind einzufühlen. Um
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