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Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)
Autoren: Michaela Huber
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können.
    Michaela Huber ist eine der Pionierinnen auf dem Gebiet der Traumaforschung und Therapie und hat mit ihrem Buch „Multiple Persönlichkeiten“ bereits einen Meilenstein gesetzt. Es verwundert daher nicht, dass sie in ihrem neuen Buch besonderen Wert auf das Verständnis der schweren Traumatisierungen legt. Dies ist zu begrüßen.
    Ein großes Verdienst dieses neuen Buches sehe ich darin, dass Michaela Huber eine ganze Reihe von Fragebögen zur Verfügung stellt, die in vergleichbaren Büchern so bisher nicht eingearbeitet worden sind. Da schließt dieses Buch eine Lücke. Damit und mit den genauen und einfühlsamen Beschreibungen der Symptome und Probleme von Patienten mit Traumafolgestörungen ist es auch für auf dem Gebiet noch nicht allzu erfahrene Therapeutinnen möglich, sich einen guten Überblick zu verschaffen und diagnostische Klarheit zu gewinnen, und auch auf dem Gebiet bereits erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten werden zu neuen Sichtweisen angeregt.
    Luise Reddemann

Einleitung
    „Die Bombe krepiert in der Bar um dreizehn zwanzig.
Jetzt ist erst dreizehn sechzehn.
Einige schaffen es noch, das Lokal zu betreten.
Andere es zu verlassen.
    Der Terrorist ist bereits auf die andere Straßenseite gegangen.
Diese Entfernung schützt ihn vor allem Übel,
und die Sicht ist genau wie im Kino:
    Die Frau in der gelben Jacke geht rein.
Der Mann mit der dunklen Brille kommt raus.
Die Jungen in Jeans unterhalten sich noch.
Dreizehn siebzehn und vier Sekunden.
Der Kleinere, der hat Glück und besteigt den Roller,
der Größere geht hinein.
    Dreizehn siebzehn und vierzig Sekunden.
Ein Mädchen mit grünem Band im Haar kommt näher.
Nur dass der Bus sie plötzlich verdeckt.
Dreizehn achtzehn.
Das Mädchen ist weg.
Ob sie so dumm war, reinzugehen, oder auch nicht,
das wird sich später zeigen, wenn die Leichen herausgetragen werden.
    Dreizehn neunzehn.
Niemand geht rein.
Dafür kommt ein Dicker mit Glatze noch raus.
Doch so, als suchte er etwas in seinen Taschen, und geht
zehn Sekunden vor dreizehn zwanzig zurück,
seinen elenden Handschuh zu holen.
    Es ist dreizehn zwanzig.
Wie sie sich schleppt, die Zeit.
Wohl jetzt.
Noch nicht.
Ja, jetzt.
Die Bombe
krepiert.“
    – Wiszlawa Szymborska
    So zufällig wird in Wiszlawa Szymborskas Gedicht „Der Terrorist, er sieht zu“ entschieden, wer lebt und wer sterben muss. Die polnische Lyrikerin, die als junger Mensch erlebte, wie die Nazis in ihrem Land wüteten, bringt damit ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck: darüber, dass Menschen andere zum Opfer machen; dass die Opfer in einem Moment noch nichts ahnen, völlig unschuldig sind, während sie im nächsten Moment etwas erleben, das sie entweder sofort tötet oder fürs Leben zeichnen wird. Und alles so zufällig – wenn man nicht an Schicksal glauben will, und Szymborska glaubt nicht an vorbestimmtes Schicksal. Wir erleben die herannahende, menschengemachte Katastrophe aus der Sicht des zuschauenden Täters. So wie wir im Fernsehen in Spielfilmen zuschauen können, wie Menschen in eine tödliche Falle gehen; oder in den Nachrichten und Dokumentarsendungen Zeuge werden, wie Kriege und Terroranschläge vorbereitet werden.
    Wenn man sich von diesem Gedicht ergreifen lässt, kämpft man vielleicht mit den Tränen und möchte unwillkürlich ausrufen – ob man nun gläubig ist oder nicht: Mein Gott, wie schrecklich!
    Müssen wie einfach so zusehen? Szymborska lässt den Lesern keine mentale Möglichkeit einzugreifen; sie beschreibt das herannahende Verhängnis bis zum Moment des unausweichlichen Ausbruchs: Die Bombe ist gezündet, sie wird auf jeden Fall krepieren. Nur ein Wunder könnte geschehen, und es geschieht nicht.
    Müssen wir zusehen, ohnmächtig und hilflos? Ja. Wir können oft nicht verhindern, nicht aufhalten, was an Schrecken um uns herum geschieht. Müssen wir darüber resignieren? Ich meine: Nein.
    Wir können unermessliches Leid oft nicht verhindern. Doch was wir tun können, ist, uns um die Opfer und Überlebenden zu kümmern, ihnen beizustehen. Und vielleicht aufmerksam dafür zu sein, ob wir ein andermal etwas Ähnliches verhindern könnten ...
    Lange habe ich mir überlegt, wie ich Sie sozusagen in dieses Buch „hineinholen“ könnte, Sie interessieren, vielleicht sogar faszinieren für das Thema und den Inhalt – für den menschlichen Umgang mit unfassbaren Schrecken, die man gerade eben so überlebt hat. Dann fand ich Szymborkas Gedicht.
    Für wen ist dieses
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