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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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wir es sind, dann käme mit dem Tod ein solcher Schock, ein solches Gefühl des Verlusts, das unverkennbar ist. Ich war mit unserem Lord verbunden, als er in den Kampf zog …«
    »In den Kampf gegen was?« fragte Follan drängend. »Was habt Ihr gesehen, Lady?«
    »Nichts als einen Nebel, der mit wirbelnden Fünkchen durchzogen war. Aber es war keine Kraft, wie ich sie kenne. Und dann wurde ich plötzlich zurückgeworfen …«
    Follan schüttelte den Kopf. »Lady, die Nachricht, die ankam, läßt keine andere Deutung zu. Tot oder nicht, unser Lord ist verschwunden. Jetzt ist Rhuys’ Zeit gekommen. Kaum hatte er die Nachricht gelesen, erklärte er sich zum Regenten. Ein Mann mit gebrochenem Körper kann nicht Herrscher über die Insel sein, wohl aber vermag er die Macht zu halten, bis nach einer bestimmten Zeit unser Lord als tot erklärt werden muß.«
    »Aber ich sage doch, daß unser Lord lebt! «
    »Lady, wer von den Männern, die nun Rhuys unterstehen, wird auf eine Versicherung hören, die Ihr, wie angenommen werden wird, nur macht, damit Euer Wort hier gilt? Rhuys hat während der vergangenen Stunden viel gesagt. Er behauptet, Ihr hättet gleich bei Eurer ersten Begegnung Zauber über unseren Lord gewoben. Und Rhuys sagt auch, daß unser Lord aufgrund dieses Zaubers in seinen Tod ging. So wie er die Geschichte erzählt, klingt sie glaubhaft, und die Menschen, die nicht Eure Gabe haben, zweifeln nicht an seinen Worten.«
    Tam-sin benetzte die Lippen, die sich plötzlich wie ausgedörrt anfühlten. Selbst sie konnte die Logik von Rhuys’ Argumenten erkennen. Was hatte sie dagegen zu setzen? Sie war eine Seesängerin, und gerade deshalb mißtrauten ihr die Leute, jene, die ihr insgeheim ihre Gabe neideten.
    »Was, glaubt Ihr, wird er mit mir machen?« fragte sie Follan geradeheraus.
    »Lady, er hat bereits zwei Wachen vor Eure Tür postiert. Was er beabsichtigt, weiß ich nicht, nur daß es nichts Gutes für Euch bedeutet.«
    »Und doch kamt Ihr hierher, um mich zu warnen.«
    »Lady, ich kenne Euch seit dem ersten Tag, da mein Lord um Euch warb. Ihr seid seine Erwählte, und Ihr habt nie Unheil gestiftet oder etwas Böses getan. Ihr sagt, mein Lord lebt, aber wo ist er?«
    Er beugte sich vor, seine Augen blickten sie durchdringend, forschend, ja fordernd an, und in ihrem Blick erinnerten sie Tam-sin an die von Seeadlern.
    »Ich weiß es nicht. Ich bin nur sicher, daß er nicht tot ist. Und nun muß ich das tun, was getan werden muß – ihn suchen. Wir waren gedankenverbunden. Es muß eine Spur von ihm auf diesem Schiff des Bösen zurückgeblieben sein, der ich nachgehen kann. Doch von hier aus ist es mir nicht möglich. Ihr sagtet, vor meiner Tür stehen Wachen …« Sie warf einen schnellen Blick auf ihre Leibmagd.
    »Althama, wie weit bist du bereit, mir zu helfen?« fragte Tam-sin sie geradeheraus.
    »Lady, ich bin Eure getreue Dienerin«, erwiderte die junge Frau einfach. »Euer Verlangen ist mein Wunsch.«
    »Werden sie dich unbehindert aus der Burg gehen lassen?«
    »Ich denke schon, Lady – nachdem sie sich überzeugt haben, daß ich keine Botschaft von Euch trage.«
    »Was habt Ihr vor?« erkundigte sich der Ältere.
    »Etwas, das meine einzige Hoffnung ist. Follan, Ihr habt Euch immer als treuer Gefolgsmann meines Lords erwiesen, wie steht Ihr zu mir?«
    »Ihr sagt, unser Lord ist nicht tot, und Euer, so hörte ich, ist die Gabe, in solchen Dingen die Wahrheit zu erkennen. Lady, ich bin auf Eurer Seite. Was habt Ihr für einen Plan?«
    »Es ist mir gegeben«, murmelte sie und wieder blickte sie ihre Leibmagd an, »das Aussehen Althamas anzunehmen. Zwar kann ich es nicht lange aufrechterhalten, aber vielleicht würde es genügen, hier herauszukommen. Damit sie von Rhuys nicht für mein Entkommen verantwortlich gemacht wird, werde ich sie gebunden auf meinem Bett zurücklassen. Was sagst du dazu, Althama?«
    Die Leibmagd nickte heftig. »Lady, wenn Ihr das zu tun vermögt, so tut es schnell. Es ist viel Geraune zwischen den Frauen der Burg, und manches ist nicht schön anzuhören. Lord Rhuys schwingt jetzt das Zepter, und er fürchtet und haßt Euch. Doch wohin werdet Ihr gehen? Kein Schiff kann die Insel verlassen, ohne daß er sofort davon erfährt, wenn überhaupt jemand sich bereiterklärte, Euch von hier wegzubringen.«
    »Ich brauche kein Schiff, Althama, und damit man dir die Antwort nicht entringen kann, werde ich dir auch nicht sagen, wie ich von hier fortgehe. Täusche vor, mich zu hassen.
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