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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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Porpae. Sie hatte jeden Grund anzunehmen, daß die Androidin programmiert war, von ihr jegliche Bewegung aufzuzeichnen. Aber käme auch nur irgend jemand hier auf den Gedanken, daß eine Träumerin frei sein wollte? Eine Träumerin kannte nur einen Wunsch: zu träumen! Das war ihr Lebenszweck. Einen Ort zu verlassen, der auf so luxuriöse Weise dazu beitrug, ein solches Leben zu ermöglichen, käme dem Selbstmord nahe. Einer ausgebildeten Träumerin würde so etwas nie einfallen.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie zur Androidin. »Ich möchte essen.«
    »Essen kommt.« Porpae schob ein Stück des Wandbehangs zur Seite. Eine Anordnung von Knöpfen wurde sichtbar. Sie drückte auf mehrere davon.
    Tamisan aß, was sie ihr an Speisen und Getränken, alles in eigenen Thermosbehältern, vorsetzte. Es war die übliche Diät für eine Träumerin, aber bedeutend schmackhafter und appetitanregender angerichtet, als sie es aus dem Stock gewohnt war. Danach benutzte sie den Baderaum hinter dem Schleiervorhang, und schließlich streckte sie sich auf einem der Liegepolster um den Springbrunnen aus und ließ sich von dem sanften Plätschern in den Schlaf lullen.
    Die Zeit war von keiner großen Bedeutung hier. Sie aß, schlief, badete und studierte die 3-D-Aufzeichnungen, die sie sich von Porpae bringen ließ. Wäre sie wie die anderen aus dem Stock gewesen, so hätte sie dieses Dasein als ideal erachtet. Doch Tamisan wurde ganz im Gegenteil unruhig und ungeduldig, weil man ihr keine Chance gab, zu beweisen, was sie konnte. Sie war eine Gefangene hier, und keiner der anderen Bewohner des Himmelsturms nahm auch nur Notiz von ihrer Anwesenheit.
    Aber es gab etwas, das sie tun konnte. Eine Träumerin durfte, nein, mußte sogar, die Persönlichkeit ihres Herrn, dem sie mit ihren Träumen dienen sollte, studieren, wenn sie eine persönliche Träumerin und nicht nur vom Stock ausgeliehen war. Sie hatte jetzt ein Recht, um Aufzeichnungen über Starrex zu ersuchen, ja, man würde es vielleicht für ungewöhnlich halten, täte sie es nicht. Auf diese Weise erfuhr sie etwas über Starrex und sein Haus.
    Kas hatte sein eigenes Vermögen durch irgendeine Katastrophe verloren, als er noch ein Kind war. Starrex’ Vater, das Oberhaupt des Clans, hatte ihn im Haus aufgenommen. Und seit Starrex’ Verwundung vertrat er ihn in unwichtigeren Dingen. Der Leibwächter hieß Ulfilas. Er stammte von einer Fremdwelt. Starrex hatte ihn von einer seiner Sternenreisen mitgebracht.
    Starrex selbst jedoch blieb, von einer Handvoll Tatsachen abgesehen, ein Rätsel für sie. Tamisan bezweifelte, daß er für irgend jemanden menschliche Gefühle empfand. Er hatte auf fremden Welten Abwechslung gesucht, doch was er dort auch gefunden haben mochte, hatte offenbar seinen Lebensüberdruß nicht kuriert. Seine persönlichen Aufzeichnungen waren dürftig. Für ihn, so jedenfalls glaubte Tamisan, waren alle seines Hauses nur Werkzeug, das er benutzen konnte oder einfach unbeachtet ließ. Er war unverheiratet, und Unterhalterinnen, die er seinem Haushalt eingegliedert hatte, blieben nicht sehr lange. Tatsächlich schloß er sich in eine solche Schale der Gleichgültigkeit ein, daß Tamisan sich fragte, ob überhaupt noch ein wirklicher Mann darunter steckte.
    Sie fragte sich, weshalb er Kas gestattet hatte, sie überhaupt seinem Besitz hinzufügen? Um die Fähigkeiten einer Träumerin wirklich zu nutzen, mußte ihr Besitzer bereit sein mitzumachen, aber was sie aus den Aufzeichnungen entnahm, ließ darauf schließen, daß Starrex’ Gleichgültigkeit echtem Träumen hinderlich sein würde.
    Doch je mehr Negatives Tamisan in dieser Hinsicht herausbekam, desto stärker betrachtete sie ihre neue Aufgabe als Herausforderung. Sie mußte sich einen Traum einfallen lassen, der Starrex mitzureißen vermochte. Er wollte Handlung, doch ihre Ausbildung, so gut sie auch war, würde nicht genügen, ihm etwas zu bieten, das sein Interesse wirklich weckte. Deshalb mußte sie sich etwas völlig Neues ausdenken.
    Sie lebten in einem Zeitalter der Übersophistikation. Sternenreisen waren eine Realität. Und den Bändern nach zu schließen, auch wenn sie keine Einzelheiten über Starrex’ Reisen enthielten, hatte der Lord eine Menge der Realität seiner Zeit aktiv erlebt.
    Also mußte man ihm etwas bieten, das er noch nicht kannte. Nichts in den Aufzeichnungen deutete darauf hin, daß Starrex sadistische oder andere perverse Neigungen hatte. In diesem Fall wäre es ihr nicht möglich
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