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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr
Autoren: André Norton
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muskulös zu sein, mehr wie sein Leibwächter als sein Vetter.
    Er hatte eine hohe, breite Stirn, kräftige Backenknochen, die schräg zu einem festen Kinn verliefen. Seine Haut war fast so dunkel wie die eines Raumfahrers, sein schwarzes Haar so kurzgeschnitten, daß es wie eine enge Samtkappe wirkte, ganz im Gegensatz zu der langen Mähne seines Vetters.
    Seine kupferfarbige Lutraxtunika war aus kostbarem Material, aber bei weitem nicht so auffällig mit Zierrat versehen wie die des jüngeren Mannes. Er trug auch nur ein einziges Schmuckstück, einen Korrosstein als Ohrhänger gefaßt. Etwas Faszinierendes, fand Tamisan, ging von ihm aus. Vielleicht war es sein fast arrogantes Selbstbewußtsein, das zu verraten schien, daß man sich nie seinen Wünschen oder Befehlen widersetzt hatte. Aber bisher hatte er Jabis noch nicht gekannt, und vielleicht konnte sogar Lord Starrex noch von ihm lernen.
    Jabis benutzte jeden Trick, um zu überzeugen, daß er nur das Beste für seinen Geschäftspartner wollte, und er selbst kaum etwas an einem Handel verdiente. Ihm zuzusehen und zuzuhören war viel aufregender, als am 3-D zu sitzen. Tamisan fragte sich, weshalb so lebenswahres Material nicht dem Stock zugängig gemacht wurde. Aber vielleicht befürchteten die Ziehmam und ihre Gehilfinnen, daß eine solche Realität die Träumerinnen aus ihrer konditionierten Versunkenheit in ihre eigenen Schöpfungen reißen könnte.
    Tamisan fragte sich flüchtig, ob nicht auch Lord Starrex es heimlich genoß. Aber plötzlich unterbrach er Jabis’ leidenschaftliches Anflehen der Götter, seinen Geschäftspartner einsehen zu lassen, daß der Handel ausschließlich zu seinem Vorteil war.
    »Du ermüdest mich, Bursche. Nimm deine Bezahlung und geh!« In einer Geste der Endgültigkeit schloß er die Lider.
    Der Leibwächter holte eine Zahlungsplakette aus dem Gürtel, ersuchte um Lord Starrex’ Daumenabdruck, und warf sie Jabis zu. Ihr Onkel widmete sie keines Blickes mehr, als er, sich tief verbeugend, den Raum verließ. Wie einen Androiden behandelte man sie. Lord Kas faßte sie ums Handgelenk und zog sie hinter sich her. Lord Starrex beachtete seinen Neuerwerb überhaupt nicht.
    »Wie heißt du?« Lord Kas sprach langsam und betonte jedes Wort, als müsse er einen Wattevorhang zu ihr durchdringen. Offenbar hatte er Erfahrungen mit niedriggradigen Träumerinnen, die die wirkliche Welt kaum wahrnahmen. Die Vorsicht riet ihr, ihn im Glauben zu lassen, daß es ihr ähnlich erging. Also hob sie schwerfällig den Kopf und tat benommen.
    »Tamisan«, antwortete sie nach einer langen Pause.
    »Ein hübscher Name«, sagte er wie zu einem nicht sehr intelligenten Kind. »Ich bin Lord Kas und dein Freund.«
    Aber Tamisan, die dem Klang einer Stimme mehr als andere entnehmen konnte, wußte nun, daß sie gut daran getan hatte, ihre Karten nicht aufzudecken. Was immer Kas auch war, ihr Freund ganz sicher nicht, außer es würde irgendwie seinem Zweck dienlich sein.
    »Das sind deine Zimmer.« Er hatte sie durch einen langen Korridor zu einem ovalen, fensterlosen Kuppelraum gebracht. Breite Stufen führten in der Mitte zu einem Springbrunnen, dessen sprühende Fontänen einen aromatischen Duft ausströmten. Weiche Kissen und Liegepolster in vielen sanften Blau- und Grüntönen gab es auf fast allen der Stufen, und die gewölbten Wände waren mit schimmerndem Zidexschleiergewebe in mit bleichem Grün durchzogenem hellem Grau behangen.
    Vielleicht hatten vor ihr schon andere Träumerinnen in diesem Raum gewohnt, denn er war für sie wie geschaffen und von einem Luxus, den man sich im Stock nicht leisten konnte.
    Ein Streifen des Wandbehangs wurde gehoben, und ein Androide trat herein. Der Kopf war lediglich ein ovaler Ball mit facettierten Augenplatten und Hörsensoren. Die unbekleidete, humanoide Gestalt war elfenbeinweiß.
    »Das ist Porpae«, erklärte Kas Tamisan. »Sie ist nur für dich da.«
    Meine Wächterin, dachte Tamisan. Sie bezweifelte nicht, daß die Androidin sich ihres leiblichen Wohles unermüdlich annehmen würde, aber andererseits stand sie auch zwischen ihr und jeglicher Hoffnung auf Freiheit.
    »Wenn du irgend etwas möchtest, dann sag es Porpae.« Kas ließ Tamisans Handgelenk los und wandte sich zur Tür. »Wenn Lord Starrex einen Traum wünscht, wird er dich holen lassen.«
    »Ich stehe zu seiner Verfügung«, murmelte sie, denn das war die übliche Floskel.
    Sie blickte Kas nach, der die Tür hinter sich schloß, und betrachtete dann
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