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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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kommt das vom Stoff?
    – Is Raymie da? Mark hier. Raymie hat offenbar schon von mir erzählt, denn obwohl ich sie nicht kenne, kennt sie mich sofort. Ihre Stimme wird frostig. – Raymie is weg, sagt sie. – In London.
    – London? Scheiße… wann kommt er zurück?
    – Keine Ahnung.
    – Er hat nich zufällig was für mich dagelassen? N bißchen Glück wär ja mal was, Scheiße.
    – Ähm, nee…
    Ich lege zitternd auf. Zwei Möglichkeiten; die eine: es auf die harte Tour durchziehen, im Zimmer; die andere: den Arsch Forrester anrufen und nach Muirhouse fahren, mich fertigmachen und mir beschissenen Stoff andrehen lassen. Keine Frage. Zwanzig Minuten später: – Muirhouse? Zum Busfahrer des 32ers und mit zittrigen Fingern meine fünfundvierzig Pence in den Geldschacht rein. Im Sturm is einem jeder Hafen recht, und hinter meinem Gesicht tobt ein gewaltiger Orkan.
    Auf dem Weg durchn Bus wirft mir ne alte Schlampe den bösen Blick zu. Ich seh bestimmt beschissen aus. Egal. In meinem Leben gibts nichts außer mir und Michael Forrester und die unerträgliche Entfernung zwischen uns : eine Entfernung, die dieser Bus stetig verringert.
    Ich sitz auf der Rückbank im Unterdeck. Der Bus is fast leer. Mir gegenüber sitzt n Mädchen und hört ihren Sony Walkman. Sieht sie gut aus? Wen juckts. Obwohl das eigentlich ne »private« Stereokiste sein soll, kann ich die Musik ziemlich deutlich hören. Da läuft ne Bowie-Nummer… »Golden Years«.
    Don’t let me hear you say life’s takin’ you nowhere – Angel…
    Look at those skies, life’s begun, nights are warm and
    the days are yu-hu-hung…
    Ich hab jede Scheibe, die Bowie gemacht hat. Alle. Haufenweise Bootlegs und so. Aber er und seine Musik gehn mir am Arsch vorbei. Ich interessier mich bloß für Mike Forrester, n häßlicher Arsch ohne jedes Talent, der noch nie ne Platte gemacht hat. Null Singles. Aber im Augenblick is Mikey Baby mein Mann. Wie Sick Boy mal gesagt und dabei bestimmt jemand anderen zitiert hat: Nur der Augenblick existiert. (Ich glaub, irgendein Arsch in ner Schokoladenwerbung hat das als erster gesagt.) Aber ich kann diesem Gedanken nich folgen, der tangiert mich im Augenblick höchstens peripher. Der Augenblick, das bin ich, der Kranke, und Mikey, der Heiler.
    Eine alte Schachtel, die fahren um diese Zeit ja ständig Bus, quasselt den Fahrer voll; beschießt ihn mit ner Breitseite unsinniger Fragen von wegen Busnummern, Fahrstrecken und Zeiten. Steig endlich ein oder aus und fall tot um, du stinkige alte Schachtel. Ich erstick fast vor stiller Wut über ihre selbstsüchtige Kleinkrämerei und die elende Geduld des Busfahrers gegenüber der Schachtel. Andauernd reden die Leute über Jugendliche und Vandalismus, aber was ist mit dem psychischen Vandalismus, den diese alten Idioten bringen? Als sie endlich einsteigt, hat der alte Arsch doch echt noch den Nerv, ihr nachzuglotzen.
    Sie setzt sich direkt vor mich. Mein Blick bohrt sich in ihren Hinterkopf. Ich versuch, ihr ne Hirnblutung oder n schweren Herzstillstand anzuhängen… nein. Dann denk ich drüber nach. Wenn was passiert, dann hält uns das bloß noch länger auf. Die soll langsam und qualvoll sterben, damit sie meine beschissene Leidenszeit zurückkriegt. Wenn sie schnell stirbt, hat das Pack doch bloß Gelegenheit, sich aufzuregen. Tun sie doch immer. Krebszellen, das wär gut. Ich zwing ein paar üble Zellen in ihrem Körper dazu, sich zu entwickeln und zu vermehren. Ich spürs schon… allerdings in meinem Körper. Ich bin zu müde, um weiterzumachen. Mein Haß auf die alte Schachtel is völlig verflogen. Ich bin bloß total apathisch. Die Alte ist jetzt nicht mehr Teil des Augenblicks.
    Mein Kopf sinkt nach vorn. Er ruckt derart schnell und heftig nach oben, daß ich das Gefühl hab, er fällt mir von den Schultern und der alten Schachtel vor mir direkt auf den Schoß. Ich halt ihn fest in beiden Händen, Ellbogen auf die Knie gestützt. Jetzt verpaß ich auch noch meine Haltestelle. Doch nich. Ein Energieschub, und ich steig an der Pennywell Road aus, gegenüber vom Einkaufszentrum. Ich geh über die zweispurige Schnellstraße und durch das Zentrum. Vorbei an den Läden mit Eisengittern davor, die sind noch nie vermietet worden, und dann übern Parkplatz, auf dem noch nie ein Auto stand. Kein einziges, seit sie das Einkaufszentrum gebaut haben. Und das is über zwanzig Jahre her.
    Forresters Maisonettewohnung is in nem Wohnblock, der größer is als die meisten in Muirhouse. Die
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