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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Potter
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verwinden und um der Aussicht auf einen weiteren scheußlichen englischen Sommer zu entgehen, und noch viel mehr, um mein etwas eingefahrenes Leben ein bisschen aufzumischen.
    Verstehen Sie mich nicht falsch – ich mochte meine Arbeit, meine Freunde, mein Leben in London. Es war bloß … Na ja, in letzter Zeit beschlich mich des Öfteren ein komisches Gefühl. Als fehlte irgendwas. Als wartete ich die ganze Zeit darauf, dass mein Leben endlich anfängt. Als wartete ich darauf, dass etwas passiert.
    Das Problem ist bloß, ich weiß nicht, worauf.
    Meine Schwester ist immer noch voll und ganz mit ihrem BlackBerry beschäftigt und hat nicht mitbekommen, dass ich auf sie zusteuere. Seit ich in New York bin, wohne ich bei ihr und ihrem Mann Jeff. Die beiden haben eine Vierzimmerwohnung auf der Upper East Side, und es ist richtig klasse. Es ist aber auch, wie soll ich sagen, anstrengend. Ich war zwar noch nie in einer Kaserne stationiert, aber ich vermute, es ist nicht viel anders als bei Kate. Bloß mit auf Hochglanz polierten Böden aus dunklem Wengeholz und einem Flachbildschirm.
    Kaum hatte ich ihr gesagt, ich wolle nach New York ziehen, bekam ich postwendend eine Liste mit Hausregeln. Meine Schwester ist eben so: gut organisiert. Ständig schreibt sie Listen und hakt dann die einzelnen Punkte ab, einen nach dem anderen, mit speziellen Filzmarkern. Wobei ich nicht behaupten würde, sie sei zwanghaft.
    Zumindest nicht, solange sie in Hörweite ist.
    Wir sind eigentlich in allem vollkommen gegensätzlich. Sie ist blond, ich brünett. Sie spart ihr Geld, ich gebe meine Kröten lieber aus. Sie ist Ordnungsfanatikerin, ich ein wandelndes
Chaos. Wobei ich mich wirklich bemühe, eine gewisse Ordnung zu halten – ja, eigentlich räume ich sogar ständig auf, aber irgendwie scheint das die Unordnung nur noch schlimmer zu machen.
    Kate ist, auch was Pünktlichkeit betrifft, eine Pedantin, wohingegen ich chronisch zu spät komme. Ich weiß auch nicht, warum. Dabei gebe ich mir immer die allergrößte Mühe, pünktlich zu sein. Ich habe es schon mit allen Tricks und Mitteln versucht – eine Viertelstunde früher losgehen, meine Uhr vorstellen, zwei Uhren tragen –, aber am Ende komme ich immer zu spät.
    Wie beispielsweise jetzt.
    Wie aufs Stichwort höre ich mein Handy piepsend den Eingang einer SMS kundtun. Schnell krame ich es aus der Tasche. Ich will Ihnen ein kleines Geheimnis verraten: Ich habe ein klitzekleines bisschen Angst vor meiner großen Schwester.
    Schnell klicke ich auf den kleinen Umschlag auf dem Display.
     
    Noch fünf Minuten, und du bist eine tote Frau.
     
    Korrigiere, eine Heidenangst.
    »Du bist spät dran.«
    Sie schaut nicht mal von ihrem BlackBerry auf, als ich neben ihr auf den Barhocker plumpse. Nein, sie tippt weiter ihre E-Mail, eine steile Falte zwischen den Augenbrauen, genauso streng wie die Bügelfalte ihrer Hose.
    Kate trägt grundsätzlich immer Hosen. Ja, ich glaube, das einzige Mal, dass ich sie nicht in einer Hose gesehen habe, war an ihrem Hochzeitstag vor fünf Jahren. Und da auch nur, weil Mum sich furchtbar aufregte, als sie erfuhr, dass meine Schwester im Hosenanzug heiraten wollte. (»Aber der ist von Donna Karan«, hatte meine Schwester protestiert.) Meine Mutter
schimpfte, die Nachbarn würden in dem Aufzug sicher denken, ihre Tochter sei eine Lesbe. Was ziemlich lächerlich erscheint angesichts der Tatsache, dass sie Jeff heiraten wollte, der eindeutig ein Mann ist.
    »Ich weiß, tut mir leid«, entschuldige ich mich rasch und drücke ihr einen Kuss auf die Wange. »Du kennst mich doch – mein Orientierungssinn ist das Letzte.«
    »Dein Zeitgefühl aber auch«, reibt sie mir noch mal unter die Nase und drückt mit dem Daumen auf Senden. Dann dreht sie sich zu mir um.
    Blass sieht sie aus, obwohl es draußen sonnig ist und vierundzwanzig Grad warm. Aber Kate kommt selten nach draußen. Unter der Woche sitzt sie in ihrem klimatisierten Büro am Schreibtisch, und am Wochenende …
    Na ja, da sitzt sie normalerweise auch am Schreibtisch.
    »Schuldig im Sinne der Anklage«, gestehe ich nickend und mache ein schuldbewusstes Gesicht. »Wie lange bekomme ich? Zwei Jahre? Fünf?«
    Gegen ihren Willen muss sie lächeln. »Na ja, das ist zwar nicht mein Fachgebiet, aber mal sehen … Keine Vorstrafen? Mildernde Umstände?« Sie trommelt mit den Fingern auf den Tresen. »Vermutlich kommst du mit einer Verwarnung davon und der Auflage, dich in Zukunft zu bessern.«
    »Mehr
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