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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen
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du. Man nennt es Unterhaltung. Es geht ungefähr so: Ich sage etwas, und dann sagst du etwas. Wenn ich dir eine Frage stelle, gibst du eine Antwort. Und wenn diese Antwort nicht zu meiner Befriedigung ausfällt, muss ich dir leider wehtun.«
    Ein unwillkürlicher Schrei drang aus ihrer Kehle.
    »Meine erste Frage war also, wie es dir so geht, und deine Antwort war ein ziemlich fantasieloses ›Alles bestens‹. Daraufhin habe ich gefragt: ›Wie kommt’s?‹ Und jetzt bist du wieder dran.« Er setzte sich aufs Bett und beugte sich vor. »Überrasch mich.« Sie starrte ihn an, als ob er komplett den Verstand verloren hätte, ein Blick, den er schon oft gesehen und der ihn jedes Mal wütend gemacht hatte.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    Er bemerkte einen Hauch von Trotz in ihrer Stimme, beschloss jedoch, ihn fürs Erste nicht zu beachten. »Also gut. Fangen wir mit der Arbeit an. Wie läuft es da?«
    »Okay.«
    »Bloß okay? Ich dachte, du unterrichtest für dein Leben gern.«

    »Ich habe mir in diesem Jahr ein Sabbatjahr genommen.«
    »Ein Sabbatjahr? Im Ernst? Ich wette, du denkst, ich weiß nicht, was das heißt.«
    »Ich habe dich nie für dumm gehalten, Ralph.«
    »Nicht? Wie man sich täuschen kann.«
    »Was machst du hier?«
    Er lächelte und schlug ihr dann mit der offenen Hand so hart ins Gesicht, dass sie auf das Kissen zurückfiel. »Hab ich gesagt, dass du mit Fragen dran bist? Nein, ich glaube, das habe ich nicht getan. Also setz dich hin und halt’s Maul«, brüllte er, als sie das Gesicht in den Händen vergrub. »Hast du mich gehört? Ich möchte es dir nicht noch einmal erklären.«
    Sie rappelte sich in eine sitzende Position hoch und hielt eine zitternde Hand vor ihre rote Wange, wo seine Hand jeden Hauch von Trotz ausradiert hatte.
    »Oh, und nenn mich nicht Ralph. Der Name hat mir nie gefallen. Ich habe ihn geändert, sobald ich aus der Haft entlassen worden bin.«
    »Du bist entlassen worden?«, murmelte sie, zuckte zusammen und wich zurück, als wollte sie sich vor weiteren Schlägen schützen.
    »Sie mussten mich freilassen. Ich mag gar nicht aufzählen, wie viele Fehler der Staatsanwaltschaft unterlaufen sind.« Er lächelte. »Mein Anwalt hat das Verfahren eine echte Justizposse genannt, und die Richter, die über seinen Revisionsantrag zu befinden hatten, mussten ihm einfach zustimmen. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, dein Sabbatjahr. Das klingt ziemlich langweilig. Glaube nicht, dass ich noch mehr davon hören will. Was ist mit deinem Liebesleben?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was soll das heißen? Dass du kein Liebesleben hast oder dass du nicht mit mir darüber reden willst?«
    »Da gibt es nichts zu erzählen.«
    »Du bist mit niemandem zusammen?«

    »Nein.«
    »Ich frag mich, warum mich das nicht überrascht.«
    Sie sagte nichts, sondern blickte zum Fenster.
    »Bald kommt ein Gewitter«, sagte er. »Aber sonst kommt’s hier wohl keinem, was?« Er lächelte das jungenhafte Lächeln, das er stundenlang vor dem Spiegel geübt hatte und mit dessen Hilfe er noch jedes Mädchen rumgekriegt hatte, das er wollte. Ganz egal wie heftig sie sich sträubten, diesem Lächeln konnten sie am Ende nicht lange widerstehen. Gracie war für seinen Charme natürlich immer unzugänglich geblieben. Wenn er sie angelächelt hatte, hatte sie durch ihn hindurchgeblickt, als wäre er gar nicht da. »Wann bist du denn zum letzten Mal flachgelegt worden, Gracie-Girl?«
    Sofort wich sie in ängstlicher Abwehrhaltung zurück.
    »Ich meine, du bist doch eine einigermaßen attraktive Frau. Und du bist jung. Obwohl du nicht jünger wirst, was? Wie alt bist du überhaupt, Gracie?«
    »Dreiunddreißig.«
    »Tatsächlich? Älter als ich? Das habe ich nicht gewusst.« Er schüttelte in gespielter Verwunderung den Kopf. »Ich wette, es gibt jede Menge Dinge, die ich nicht von dir weiß.« Er streckte die Hand aus und öffnete den obersten Knopf ihres Pyjamaoberteils.
    »Nicht«, sagte sie, ohne sich zu rühren.
    Er machte den zweiten Knopf auf. »Was nicht?« Sie konnte nicht einmal bitte sagen, dachte er. Typisch.
    »Das willst du doch nicht tun.«
    »Was ist los, Gracie? Glaubst du, ich bin nicht gut genug für dich?« Beinahe mühelos riss er die restlichen Knöpfe auf und zog sie an beiden Enden des Kragens an sich. »Weißt du, was ich glaube, Gracie? Ich glaube, du denkst, kein Mann ist gut genug für dich. Vielleicht sollte ich dir beweisen, dass du dich irrst.«
    »Nein, hör mal, das ist doch
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