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Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Titel: Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
Autoren: Jean Felix M. Lützenrath
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ordentlich und wird nur gelegentlich mal von kurzen mehr oder weniger ebenen Passagen unterbrochen. Da ich mittlerweile klitschnass unter meiner Jacke bin, diese jedoch aufgrund des extrem starken Windes nicht ausziehen möchte, zumal ich panische Angst habe, mich gleich am ersten Tag schwer zu erkälten, entscheide ich mich dafür, das T-Shirt zu wechseln. Ein kurzer Stopp, Rucksack absetzen und irgendwo aus den Tiefen mein zweites T-Shirt hervorkramen. Schnell ist es gegen das durchnässte ausgetauscht. Eine absolute Wohltat! Ich fühle mich wieder frisch und sauber, jedoch mit fatalen Folgen... Logischerweise dauert es nicht allzu lange und mein zweites T-Shirt ist mindestens genau so durchnässt wie mein erstes, womit ich schon mal kein trockenes mehr für heute Abend besitze. Klasse gemacht! Mir bleibt nichts anderes übrig, als die Tatsache zu akzeptieren und weiter zu laufen. Mittlerweile befinde ich mich auf etwa 1000m Höhe und der Wind scheint immer stärker und stärker zu werden. Später erfahre ich, dass an diesem Tag Windstärken von mehr als 80 km/h geherrscht haben. Ich habe keine Ahnung, wie viele km/h mir um die Ohren fliegen und es ist mir auch absolut gleich, denn egal, wie ich mich drehe und egal, wie oft der Weg abbiegt, um seine Richtung zu ändern, der Wind scheint immer von vorne zu kommen und mir den Anstieg so schwer wie nur irgend möglich zu gestalten.
    Trotz unbeschreiblich guter Laune merke ich, dass meine Kondition und Muskelkraft mit meiner Euphorie nicht mithalten können. Gleiches gilt für meine Wasserflasche, die ich bereits bis auf den letzten Tropfen geleert habe. Und so schleppe ich mich Schritt für Schritt weiter meinem Ziel entgegen. Für heute vergesse ich einfach mal, dass mein Ziel Santiago de Compostela ist und begnüge mich mit dem Gedanken, dass in etwa 1-2 Stunden der Rolandbrunnen vor mir auftauchen müsste.
    Nach einem so guten Start war eigentlich abzusehen, dass es Probleme geben würde, und so machen sich zu allem Überfluss nun auch noch meine Füße bemerkbar. Meine Wanderschuhe sind zwar aus gutem Leder, welche ich bereits seit einem halben Jahr einlaufe, jedoch ändert dies nichts daran, mir gleich am ersten Tag Probleme zu bescheren. Die ständige Steigung des heutigen Tages führt dazu, dass meine Fersen beidseitig stark schmerzen. Bei jedem Schritt, den ich tue, wird mir deutlich, dass unter meinen Socken die Haut nicht mehr so aussieht wie heute morgen noch in Saint-Jean-Pied-de-Port. Mein Tempo nimmt von Minute zu Minute rapide ab. Nach einer ganzen Weile erreiche ich dann aber doch noch die ersehnte Fuente de Roldán, Welche schön gelegen, geschützt vom Wind, in einem Buchenwald liegt. Endlich kann ich meine ausgetrocknete Kehle mit kühlem, klarem Wasser benetzen. Aufgrund meiner Füße beschließe ich, hier im Wald nahe der Quelle mein Zelt aufzuschlagen und es für heute dabei zu belassen. Ich kann definitiv nicht mehr weiter und nun muss ich an die nette Dame von heute Morgen denken. Sie hat’s mir ja gesagt...
    Der Platz hier ist ideal und ich will endlich raus aus den Schuhen und den nassen Klamotten. Zum Glück habe ich noch meinen Pullover, welcher nun unter der Jacke mein T-Shirt ersetzt. In wenigen Minuten steht mein Zelt und ich mache mich daran, schnell meine Socken und meine beiden durchnässten T-Shirts zu waschen, sowie auch mich selbst einer kurzen Katzenwäsche zu unterziehen. Es kommen zwei ältere Däninnen vorbei, die sofort über die Wasserquelle herfallen. Wir beginnen ein kurzes Gespräch und sie fragen mich, ob ich Knieprobleme hätte, als sie meine Kniebandagen sehen. Ich verneine und antworte, ich nutze diese nur, um den Knieproblemen direkt vorzubeugen. Ihrem Blick nach zu urteilen scheinen sie dies etwas übertrieben zu finden. Sie sind zum ersten Mal unterwegs und ebenfalls bereits am Ende ihrer Kräfte. Da sie auch keinen Pilgerstab dabei haben, nehme ich an, dass sie auf den nun folgenden Abstieg nach Roncesvalles mir großer Sicherheit Probleme bekommen werden und ich empfehle ihnen, sich möglichst bald einen Stab zuzulegen. Nach unserer kurzen Konversation setzen sie ihren Weg fort.
    Es ist bereits abends gegen 19 Uhr. Da ich heute nichts Besonderes mehr vorhabe und weit und breit auch keine Gesellschaft mehr in Sicht ist, beschließe ich, die restlichen Stunden des Tages damit zu verbringen, mich einfach in die paar Sonnenstrahlen zu legen und den Ausblick hier zu genießen.

11.06.09, Donnerstag — Weiter über
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