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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman
Autoren: Tamara McKinley
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Mädchen, das ihm im Alter von fünf Jahren versprochen worden war. Aladjingu war aus dem Stamm der Ngadyandyi, der weiter im Nordosten lebte; sie war die Tochter des Onkels seiner Mutter. Sie waren sich bisher nur flüchtig begegnet, doch nach dem corroboree würde sie seine Frau werden. Sie entflammte seine Lenden nicht so wie Djuwe.
    Aufseufzend trottete er in die heilige Höhle; er hoffte, in ihr Trost zu finden. Frauen und nicht initiierten Jungen war das Betreten verboten, doch Djanay hatte die Zeremonie mannhaft durchgestanden, als man ihm ein Stück von seiner Männlichkeit abgeschnitten und die heiligen Linien mit einem scharfen Stein in Brust und Arme geritzt hatte. Die geheimen Riten waren ihm nun vertraut, denn er hatte die Gefahren des Überlebens allein in der großen Wildnis mit Namen Kakadu erlebt.
    Er stellte sich vor die ockerfarbenen Wandzeichnungen und folgte mit den Augen den von den Alten hinterlassenen Erzählungen.
    Die erste handelte von einem weiten Land, das die Ältesten Gondwana nannten. Sie zeigte sein Volk, das dort neben anderen Stämmen lebte, und den bitterkalten weißen Regen, der die Erde erstarren ließ und die Jagd erschwerte. Die zweite schilderte, wie Gondwana abbrach und durch seichtes Wasser von einer größeren Landmasse getrennt war, auf der es Bäume und Tiere im Überfluss gab. In der dritten überquerten Angehörige vieler Stämme in Kanus oder zu Fuß jenes Wasser, eine vierte folgte ihrem Pfad über das ausgedehnte Land, in dem Djanay jetzt lebte.
    Zwischen den Stämmen wurden Kriege mit vielen Toten geführt. Frauen waren entführt, Krieger erschlagen worden; dennoch hatte es auch Eheschließungen und Bündnisse gegeben, als noch mehr Stämme den Weg nach Süden fanden. Schon bald wurde die Jagd schwierig, die Verständigung zwischen den Stämmen wegen der Spannungen und der vielen Sprachen und Dialekte beinahe unmöglich. Schließlich hatten sie sich in alle Winkel des riesigen neuen Landes verstreut und dem Volk der Kunwinjku die Verantwortung für Kakadu überlassen.
    Djanay fragte sich zwar, was hinter den Jagdgründen, die er so gut kannte, liegen mochte, doch hatte er sich zugleich damit abgefunden, es nie zu erfahren. Denn es gab nicht markierte Grenzen – Traumpfade – um das Gebiet der Kunwinjku, die man nur mit Erlaubnis der Ältesten und nur während eines corroboree überqueren durfte. Ohne eine solche Erlaubnis drohte einem der sichere Tod.
    Nachdem er die altehrwürdigen Segen über den Gebeinen der verstorbenen Ältesten gesprochen hatte, machte er sich an den langen, steinigen Abstieg. Höchste Zeit, zu jagen.
    Die Enten waren eine leichte Beute gewesen. Der köstliche Duft nach gerösteten Leguanen und Wallabys stieg mit dem Rauch des Lagerfeuers auf, und sein Magen knurrte in freudiger Erwartung, als er seiner Mutter die zwanzig Vögel vorlegte.
    »Gut gemacht, Djanay!« Garndays Gesicht überzogen lauter Lachfältchen. Sie drückte den trinkenden Säugling noch fester an ihre Brust.
    Djanay reckte die Schultern und versuchte, sich den Stolz über das Lob nicht zu sehr anmerken zu lassen, konnte aber nicht widerstehen und schaute rasch zu Djuwe hinüber, um zu prüfen, ob sie sein Geschick zur Kenntnis genommen hatte.
    Djuwe beugte sich über die Beeren, die sie zubereitete, doch der Seitenblick, den sie ihm durch die langen Haare zuwarf, zeigte ihm, dass sie ihn sehr wohl zur Kenntnis nahm.
    »Dein Vater wartet auf dich«, murmelte Garnday mit durchdringendem Blick. »Am besten, du beeilst dich.«
    Djanay merkte, dass er aufpassen musste, denn den Augen seiner Mutter entging nichts. Er gesellte sich zu den anderen initiierten Jungen; sie hielten respektvollen Abstand zu den Ältesten, die in Begleitung der üblichen Hundeschar unter den Bäumen faulenzten. Diese dalkans mit dem gelben Fell sorgten für Wärme im Winter, für Nahrung bei Hungersnöten, warnten vor Gefahren, und obwohl sie alles andere als zahm waren, fühlten sie sich anscheinend zu den Buschmännern hingezogen.
    In Gegenwart der ehrwürdigen Männer war Djanay nach wie vor unbehaglich zumute. Ohne sie gäbe es keine Initiationsriten, keine Verbindung zum Leben der spirituellen und gesetzestreuen Kunwinjku, und niemand würde von der Traumzeit erzählen.
    Er ließ den Blick über das Lager schweifen und war zufrieden. Die Frauen und jungen Mädchen zwitscherten wie Vögel, während sie das Festmahl für den Abend zubereiteten und die neugierigen Hunde verscheuchten. Säuglinge
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