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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall
Autoren: Yasunari Kawabata
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scheint mir, pflegt das zu sagen.)
    »Er hat, wissen Sie, ein Buch über die Embryologie geschrieben, das sich freilich gar nicht verkauf. Im Register zu diesem Buch, in dem die Tierund Pflanzennamen aufgeführt sind, heißt es dann beispielsweise: … ›Huhn‹ … japanischer Blutegel‹ … ›Mensch‹ … ›Muschel‹ … – können Sie sich das vorstellen? Und unter ›Mensch‹ steht dazu in Klammern: ›vergleiche auch Anthropos und Homo sapiens‹. Ein Mensch also, der ohne Unterscheidung eingeordnet ist: Mensch gleich Pantoffeltierchen gleich Heliotrop, – wenn da nicht der Mensch verspottet wird!« (Nichts ärgerte mich mehr, als wenn mich mein Mann damit verspottete, daß er sagte: Es soll ja von gutem Geschmack zeugen, wenn man auf das Schuhwerk achtet; aber du bist so besorgt darum, was andere Leute an den Füßen tragen, daß mir scheint, du hast den Frauen in der Klinik deines Vaters die Schuhe in Ordnung gehalten … Woher auf einmal der Duft von Heliotrop? Ja freilich, das billige Parfüm des jungen Fräuleins. Und da fällt mir auch ein: die Sandalen des jungen Fräuleins, die ich vorhin am Eingang stehen sah, – das waren keine mit den eleganten Nambu-Sohlen, sondern richtige breitsohlige; wie ich das nur vergessen konnte? Vielleicht war ich wirklich von nichts anderem so sehr gefesselt wie von ihrem geschmackvollen Kleid. Nein, ohne alle Ironie!) »Und mein Mann also pflegt zu sagen: Kein Männchen sonst ist so glücklich daran, wie das des Homo sapiens. Nur beim Menschen ist es der Fall, daß die Frau in ihrer Erscheinung, auch in ihrer Stimme den Mann an Schönheit übertrif.
    Der Truthahn und das Weberspinnenmännchen tanzen, bei der Glockengrille und beim Kanarienvogel bemühen die Männchen ihre Stimme, der Pfau kleidet sich prächtig, die Männchen der russischen und der Zibetkatze verströmen ihren Duf, – bei allen diesen Tieren ist es das Männchen, das sich kokettierend um die Liebe des Weibchens bewirbt; allein unsere Frauen schmeicheln dem Mann und vereinigen dabei obendrein den verschiedenen Ausdruck des Liebesverlangens dieser Tiere. Im Tierund Pflanzenreich scheint es demnach die Regel zu sein, daß die Natur das männliche Geschlecht versklavt. Auf diese Weise wird das Tierweibchen um der Nachkommen willen in die Lage versetzt, daß es auf das Männchen herabsehen kann. Die Natur schützt so das Muttertier. Bei uns Menschen nun könnten ja die unter allem Weiblichen allein von ihr so stiefmütterlich behandelten Frauen dadurch Rache nehmen an der Natur, daß sie sich weigern, Kinder zu gebären … Mit solchen Worten neckt mich mein Mann, und ich antworte ihm: Es gibt Menschen, die ganz genau wissen, daß sie für ihre Kinder und Enkel leben, und andere gibt es, die ebenso genau wissen, daß sie nicht für Kinder und Enkel leben; beide aber, eben da sie es so genau wissen, werden mit Sicherheit die Strafe des Himmels auf sich ziehen, die einen wie die anderen. So sage ich. Und ich sage: alle Religionen und Künste seien aus der Vorstellung entstanden, daß der Mensch nicht für Kinder und Enkel lebt. Eine Idee aber gar wie die deine, ein Kind künstlich hervorbringen zu wollen, gleicht der Sehnsucht zurück in die noch unbelebte Welt vor der Schöpfung. Der Weg der Wissenschaf krümmt sich hin zum Gletscher des Todes. So wie sich der Globus auf einem Kreis bewegt, beschreibt auch der Strom der Zeit einen Kreis.« Zwar wußte die Dame selbst: es war von Anfang bis Ende erlogen, daß sie jemals ihrem Mann gegenüber solche Dinge ausgesprochen hätte; andererseits war sie, während sie hemmungslos fortschwätzte, eitel genug sich einzubilden, irgendwie erfülle ein tiefer Schmerz ihr Inneres. In Wahrheit jedoch war ihr das Gesicht des jungen Fräuleins, das, wohl peinlich davon berührt, von der Dame so unverwandt angestarrt zu werden, noch nicht einmal ein leises Lächeln versuchte, immer nur noch schöner erschienen und hatte in ihr die Erinnerung wachgerufen an eine Predigt, die in der Kirche in ihrer Heimat die schöne Tochter des Pfarrers auf englisch gehalten hatte. Deshalb bemerkte die Dame auch überhaupt nicht, daß das junge Fräulein schwieg. Und als sie sah, daß sich der Hundehändler erhob, war sie erstaunt wie ein gekränkter Prediger. Der Hundehändler beugte sich über die beiden Hunde und schlug dem Rüden mit der flachen Hand aufs Hinterteil. Playboy sprang hin zu seiner Herrin, duckte den Kopf, knickte die Vorderläufe ein und rieb sich schwanzwedelnd am
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