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Traeume im Mondschein

Traeume im Mondschein

Titel: Traeume im Mondschein
Autoren: Sandra Marton
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nach Hause?, flüsterte die Stimme eines Nachts im Schlaf. Paige blinzelte verschlafen und setzte sich in ihrem Bett auf. Sie konnte London einfach nicht verlassen. Quinn war hier, und das bedeutete, dass sie bleiben musste. Sie liebte ihn noch immer, trotz allem, was geschehen war.
    Zitternd vor Kälte schlug sie die Decken zurück und stolperte durch ihr kleines Zimmer. Auf dem abgewetzten Holztisch nahe der Tür stand ihre Umhängetasche. Paige leerte den Inhalt aus und suchte, bis ihre Finger den Rubinring umfassten. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an den furchtbaren Abend in Quinns Haus, als der Ring sein Feuer verloren zu haben schien. So lange hatte sie die Tränen zurückgehalten, doch nun strömten sie ihr über die Wangen. Als sie endlich wieder einschlief, hielt sie den Ring fest in der Hand, so als könnte die einstige Flamme ihre klammen Finger wärmen.
    Am nächsten Morgen stand Paige vor einer Juwelierstheke im Kaufhaus Harrods. Die vorbeigehenden Menschen konnten nicht glauben, was sie sahen: eine schäbig gekleidete Frau, die höflich darauf bestand, die recht teure Goldkette zu kaufen. Aber Paige ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Obwohl ihre Mittel es eigentlich nicht zuließen, beruhigte sie das Gewicht um ihren Hals. Dass sie wieder an ihre Brust greifen und Sicherheit verspüren konnte, zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
    Der Januar verging, ebenso der Februar. Im März wurde ihre Verzweiflung noch durch ein anderes Gefühl begleitet. Sie fühlte eine Apathie, die mit jedem Tag zu wachsen schien, bis sie morgens kaum mehr aufstehen mochte.
    Mit jedem Tag wurde die Ermattung schlimmer Der Anblick von Essen verursachte ihr Übelkeit, aber das war in Ordnung, wollte sie doch mit aller Macht ihre dahinschwindenden Mittel sparen. Als sie aber ein leichtes Zittern ihrer Hände bemerkte, machte sie sich doch langsam Sorgen. Welcher Arbeitgeber würde schon eine zitternde Sekretärin einstellen? Immer öfter kam sie aus der Puste, vor allem, wenn sie auf der Suche nach Arbeit stundenlang durch London marschierte. Paige aber ignorierte ihren Zustand, bis sie eines Nachmittags bei ihrer Zeitarbeitsfirma vorbeiging.
    Die adrett gekleidete junge Frau lächelte, als Paige die Tür öffnete.
    „Hallo“, grüßte sie. „Ich bin froh, Sie zu sehen, Miss Gardiner.“
    Überrascht blickte Paige sie an. „Sie erinnern sich an mich?“
    Die Frau nickte. „Erst heute Morgen habe ich an Sie gedacht. Ich habe eine neue Kundin, eine Amerikanerin. Sie ist für einen Monat hier und benötigt eine Assistentin. Sie bevorzugt jemanden, der schon in den USA war, und da sind Sie mir eingefallen.“ Die Dame sah Paige prüfend an. „Sagen Sie, Miss Gardiner, sind Sie krank?“
    Paige schüttelte den Kopf. Die kleine Bewegung reichte und eine Welle der Übelkeit überkam sie. „Nein, nein“, wehrte sie ab. „Mir geht es gut.“
    „Wenn Sie krank sind, kommt der Job nicht infrage, Miss Gardiner. Sie sollten sich in der Klinik untersuchen lassen.“
    „Das ist sicher nicht nötig.“
    „Ich kann Sie nicht krank zum Vorstellungsgespräch schicken.“ Die Stimme der Dame ließ keinen Widerspruch zu. Paige seufzte. Der Job war so wichtig, dass ihr ein Besuch beim Arzt als das kleinere Übel erschien.
    „Nun gut“, lenkte sie daher ein. „Ich lasse mich untersuchen und komme wieder.“
    Was, wenn ich wirklich krank bin?, dachte sie auf dem Weg hinaus. Sie müsste wahrscheinlich das Bett hüten, was völlig unmöglich war. Die Stelle würde nicht auf sie warten. Tröstlich war, dass eine Grippe meist nur eine Woche dauerte und sie sich danach besser fühlen würde.
    Später wunderte sich Paige über ihre unglaubliche Dummheit.

12. KAPITEL
    Trotz des kalten Nachmittags war der St James Park nicht völlig ausgestorben. Hin und wieder eilte ein Jogger vorbei, weiter entfernt hörte Paige einen Hund bellen. Aber ansonsten war alles ruhig.
    Wie lange sie schon auf der kleinen Brücke stand, die über das dunkle Gewässer führte, wusste sie nicht. Sie erinnerte sich nicht einmal, wie sie hierhergekommen war.
    Eine Windböe erfasste sie, und sie begann zu zittern. Hier draußen war es kalt und feucht. Aber woanders konnte sie nicht hin. Ihr Mansardenzimmer und die unverhohlene Armut, die es ausstrahlte, ertrug sie jetzt nicht. Und in die Agentur konnte sie auch nicht zurück. Was sollte sie auch sagen?
    Ich war beim Arzt, und Sie müssen sich keine Sorgen ma chen. Ich habe keine Grippe. Vielleicht konnte sie
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