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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann
Autoren: Nebe
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brav das Ruder auf Kurs hält. Gerald behält ihn genau im Blick, damit er nicht das Boot mit einer plötzlichen Ruderbewegung herumreißt und er über Bord geht.
    »Ich suche uns einen Ankerplatz«, kündigt er an.
    Deuters wirkt erschöpft und überlässt Gerald gerne wieder das Ruder. Der tut niemandem mehr etwas an, da ist sich Gerald sicher. Er kündigt an, etwas zu essen machen zu wollen.
    »Ich habe keinen Hunger«, sagt Deuters.
    »Aber Steff.«
    »Ah ja.«
    »Unter Deck gibt es einen kleinen Herd mit zwei Kochplatten.« Gerald drückt ihm einen rosa Plastikeimer in die Hand. »Kannst du etwas Gemüse schnippeln? Liegt alles unten auf dem Kartentisch.«
    »Gut.«
    Deuters verschwindet unter Deck.
    Gerald legt den Rückwärtsgang ein, um die Daisy II so zum Stillstand zu bringen. Er gibt dabei etwas zuviel Gas, so dass sich der Bug kurz nach vorne neigt. Steff, die dort sitzt, schreit erschrocken auf.
    »Alles okay!«, ruft er ihr zu.
    Gerald drückt einen Knopf im Cockpit und fährt das Großsegel ein. Dann lässt er am Bug die Ankerkette ins Wasser rasseln. Das Land ist jetzt ungefähr zweihundert Meter entfernt, sie sind auf Höhe der Steilküste, auf der er mit Deuters vor einer Woche seinen ersten Spaziergang hatte, am Ende des Strandes liegt die Pension Möwenwind .
    Gerald zieht den Kopf ein und klettert unter Deck.
    Hier ist alles in lackiertem Teakholz ausgeschlagen, was überhaupt nicht seinem Geschmack entspricht, aber an Bord einer Segelyacht natürlich ein Klassiker ist. Deuters hat sein Tweed-Jackett nicht ausgezogen, er sitzt an einem Tisch und schnippelt brav Zucchini.
    »Der Sieg geht an dich«, gibt er mürrisch zu.
    Gerald tröstet ihn mit milder Herablassung. »Immerhin hast du dich länger gehalten, als du es selber gedacht hast, oder?«
    »Das wird nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft!«, stellt Deuters klar.
    Gerald lacht. »Hey, du hast ja Humor. Wo hattest du den denn versteckt?«
    »Ach, leck mich!«
    Gerald öffnet eine Tüte. »Es gibt Couscous mit Hähnchenfleisch.«
    Er zieht einen Kunststoffkanister unter einer Sitzbank hervor, füllt Wasser in einen Topf und stellt die Herdplatte an. Im kleinen Kühlschrank finden sich noch zwei Flaschen.
    »Kochbier?«, fragt er.
    Deuters schaut Gerald einen kurzen Moment verwirrt an, diesen Ausdruck kennt er nicht. Gerald wirft ihm die grüne Flasche zu, die Deuters im allerletzten Moment auffängt.
    »Danke«, murmelt er, obwohl Gerald ihn fast am Kopf getroffen hätte.
    »Bitte.«
    »Wenn du Steff jemals schlecht behandelst ...«, droht Deuters.
    Gerald fragt sich, woher der das Recht nimmt, so mit ihm zu reden.
    »Halt einfach die Fresse!«, blafft er ihn an.
    Deuters wendet sich seiner Zucchini zu und fängt wieder an zu schnippeln.
    »Schon klar, das wird ein Abschiedsessen«, greint er.
    »Zur Taufe unserer Kinder lade ich dich ein«, höhnt Gerald.
    »Warum sie auf solche Blender wie dich steht, kapiere ich immer noch nicht«, entgegnet Deuters gereizt.
    Gerald lacht hämisch. »Na, wenn das der große Autor Heiner Deuters sagt ...!«
    Deuters wendet sich wieder der Zucchini zu. Gerald fällt in diesem Moment das erste Mal auf, dass Deuters Linkshänder ist.
    Er klettert an Deck, um zu sehen, was Steff macht.
    »Herrliche Luft«, ruft er und schaut sich um: Wo ist sie?
    Steff ist nirgends zu sehen!
    Ist sie über Bord gegangen? Gerald sucht die glatte Wasseroberfläche ab  – nichts! Ein paar Seemeilen weiter schiebt sich ein dunkler Frachter mit Containern vorbei.
    Er entdeckt sie schließlich auf der anderen Seite.
    Steff sitzt im gelben Beiboot und rudert mit regelmäßigen, ruhigen Schlägen auf den Strand unterhalb der Steilküste zu. Während er mit Deuters in der Kombüse saß, hat sie die Flucht ergriffen. Deuters kommt an Deck und freut sich, als er das sieht.
    »Hinterher!«, fordert er Gerald auf. »Es ist deine Braut!«
    »Zu flach für die Daisy «, stammelt Gerald verwirrt, als sei das der Grund.
    Was ist da los?
    Warum haut Steff ab?
    Es fühlt sich so an, als ob er in einem Fahrstuhl aus dem 15. Stock ungebremst ins Erdgeschoss jagt. Eben war er noch der Bestimmer, der Deuters besiegt hatte – und jetzt? Sie wollte ihn doch genauso wie er sie, oder hat er da etwas nicht mitbekommen? Ihre Signale waren doch mehr als eindeutig!
    Er kapiert einfach nicht, warum!
    Meter für Meter nähert sich das gelbe Beiboot dem Strand. Er muss jetzt auch noch zusehen, dass er das Beiboot wieder zur Daisy II bekommt, sonst
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