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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann
Autoren: Nebe
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arbeiten muss.«

28
Segeltörn zu Dritt

    Steff vergräbt ihren Hals tief in ihrem dicken schwarzen Rollkragenpullover und schubbert mit ihrer Hand kurz über Geralds Schwimmweste.
    Nicht gerade das, was er eine überschwängliche Begrüßung nennen würde.
    »Ich hoffe, dich stört das mit Heiner nicht«, sagt sie, so dass Deuters es hören kann.
    »Nein«, lügt Gerald, »aber du hättest mich anrufen können.«
    »Ihr seid doch so was wie Freunde geworden, oder nicht?«
    Er hätte fast laut gelacht, so absurd klingt das. Sie will ihn wohl nur ein bisschen ärgern wegen der Fotos.
    »Lass uns doch einfach aufs Meer fahren und den ganzen Mist hinter uns lassen«, hatte er vorgeschlagen und von der Segelyacht seines alten Kumpels Mirko geschwärmt. Steff war total begeistert gewesen.
    Nun hat sie wieder kalte Füße bekommen, zu zweit auf hoher See ist ihr wohl doch zu eng.
    Deuters war für ihn bereits Geschichte – tot!
    Und nun feiert er mit seinem lächerlich-altmodischen Tweed-Jackett und den schlecht sitzenden Jeans Auferstehung?
    Er, Gerald, soll mit ihm auf engstem Raum über die Ostsee schippern, zusammen mit seiner Liebsten? Am besten, er sagt Steff gleich und hier die Wahrheit über den von ihr bewunderten »Schriftsteller«, damit der gar nicht mit an Bord kommt!
    Deuters steht am Steg und mustert die weiße Segelyacht, die ungefähr fünfzig Meter entfernt liegt, mit misstrauischem Blick. Albernerweise heißt sie auch noch »Daisy II«. Ganz wohl ist dem Buchhalter offensichtlich nicht dabei,  mit an Bord zu gehen. Eines muss Gerald ihm lassen: Der Mann zeigt Mut, dieser Törn kann für ihn nur im Fiasko enden, denn noch weiß Steff nichts von seiner großen Lüge. Worauf Deuters dabei hofft, ist Gerald ein Rätsel.
    Die dichten grauen Wolken reißen auf, und die Ostsee wird von der Herbstsonne beschienen wie eine große, glänzende Bühne. Gerald schaut an Steff vorbei auf die Ostsee, deren Oberfläche nicht mal ein Kräuseln zeigt, das kleine, gelbe Beiboot liegt wie ein Brett am Steg, so windstill ist es.
    »Ich habe nur eine Schwimmweste mitgebracht«, entschuldigt sich Gerald. »Ich konnte ja nicht ahnen ...«
    »Nimm du meine, ich kann gut schwimmen«, bietet Steff Deuters an. Dabei ist sie an der Küste aufgewachsen und weiß, dass das Quatsch ist. Auch wenn Gerald nach seiner Rückkehr aus Kopenhagen kurz im Meer gebadet hat – länger als ein paar Minuten kann man es bei diesen Temperaturen im Wasser nicht aushalten, dann ertrinkt man unweigerlich. Natürlich überlässt Deuters Steff die Weste und klettert als Einziger ohne in das kleine Beiboot. Das senkt sich mit den drei Erwachsenen bedenklich tief ins Wasser, ein paar Tropfen schwappen über die Kante. Gerald rudert Steff und Deuters mit kräftigen Schlägen hinüber zur Yacht. Er weiß, dass es totaler Unsinn ist, was er gerade tut, er sollte den Törn absagen. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund hat er momentan keine Lust mehr, zu kämpfen, er lässt die Dinge einfach geschehen.
    Gerald klettert zuerst über das Fallreep an Bord, dann hilft er Steff, an Deck zu kommen. Deuters hat große Probleme, das Gleichgewicht zu halten, als er die Proviantkiste hochreicht, die mit Alkohol, Gemüse und einer Tüte Couscous gefüllt ist. Nachdem Gerald die Kiste verstaut hat, nimmt er Deuters Hand und zieht ihn an Bord, seine Haut fühlt sich aprikosenweich an, ein Schreibtischmensch durch und durch.
    Während Gerald das kleine, gelbe Beiboot am Heck vertäut, schaut sich Steff begeistert an Bord der Dreißig-Meter-Yacht um.
    »Fettes Teil«, ruft sie.
    Gerald öffnet die Luke zur Kajüte und klettert unter Deck. Sekunden später kommt er mit drei geöffneten Bierflaschen wieder zurück.
    »Wollen wir die Segel setzen?«, fragt Steff und nimmt einen ordentlichen Schluck aus der Flasche.
    »Das bringt nichts, wir haben Flaute.«
    »Es sieht aber toll aus.«
    »Wir müssten den Motor dazu nehmen, sonst kommen wir nicht voran.«
    »Egal.« Steff krempelt lächelnd die Ärmel ihrer Jacke hoch. »Wo müssen wir anpacken?«
    »Nirgends.« Gerald grinst. »Das ist ein Rentnerboot.«
    Er klettert zum Baum, löst ein paar Riemen und öffnet die Klappe für das Hightech-Cockpit neben der Kajütenluke. Mit einem Knopfdruck wirft er den Motor an, der sich sofort mit sattem Brummeln meldet. Dann lässt Gerald das weiße Großsegel von einem elektrischen Motor am Mast hochziehen.
    »Hol an, hol an, hol an«, feuert Steff die unsichtbaren Seeleute an.
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