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Träum ich?: Roman (German Edition)

Träum ich?: Roman (German Edition)

Titel: Träum ich?: Roman (German Edition)
Autoren: Adena Halpern
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letzten Vorbereitungen für ihre Hochzeit zu helfen. Schließlich bin ich ihre Trauzeugin.
    »Eigentlich wollte ich meine Schwägerin fragen«, erklärte sie. »Doch dann wollte ich lieber eine Verwandte, die gleichzeitig eine meiner besten Freundinnen ist.«
    Sie weiß, dass sie nicht versuchen darf, mich bei der Hochzeit zu verkuppeln, und dass sie mich nicht an den Single-Tisch setzen darf. Daher sitze ich bei der Familie, bei Selma, Dolly und ihren Eltern.
    Das ist das einzig Positive an der ganzen Angelegenheit. Eine eigene Familie werde ich nie gründen, aber dafür habe ich meine längst verschollene Verwandtschaft wiedergefunden.
    Wenn ich abends nach Hause komme, erwartet mich eine leere Wohnung. Ich kann mit niemandem über meinen Tag sprechen. Ich kann niemandem erzählen, dass mir morgens auf dem Weg zu Starbucks was Komisches passiert ist, oder mich mit jemandem freuen, dass ich für das neue Geschirr, das ich im Internet bestellt habe, keine Versandkosten zahlen muss. Mir kann auch niemand die Angst vor dem bevorstehenden Prozess nehmen. Zwar meint mein Anwalt, es würde alles gut gehen, aber wahrscheinlich verliere ich meinen Führerschein. Braucht man den für eine Vespa? Aber was frage ich? Es ist ja niemand da, der diese oder irgendeine Frage beantworten könnte.
    Andererseits ernähre ich mich jetzt gesünder, so wie in meiner Zeit mit Gogo. Das ist doch was Positives. Mein Kühlschrank ist voll mit Obst, Gemüse und Vollkornprodukten für eine Person.
    Also werde ich heute nach der Trainingsstunde mit Selma zum Supermarkt fahren. Ich will zum Abendessen irgendwas mit Hähnchen machen, und vielleicht Spinat mit Knoblauch und Olivenöl als Beilage. Als ich den Laden betrete, stelle ich mir im Kopf eine Zutatenliste zusammen und hoffe nur, dass es Hähnchen ohne Hormone und Antibiotika gibt.
    Doch dann fällt mein Blick auf die Tiefkühlregale und ich bleibe abrupt stehen. Fünf Minuten lang war mein Leben in Ordnung. Ich habe weder an Gogo noch an mein perfektes Leben in der anderen Dimension gedacht. Mir tat nicht das Herz weh und ich war nicht den Tränen nahe. Ich dachte nur an mein Freilandhähnchen und den Spinat. Aber jetzt bin ich wieder am Boden zerstört.
    Ich blicke hinauf zu den Schildern der Tiefkühlabteilung und fühle mich wie an einer Gedenkstätte für Gefallene oder Unfallopfer. Nur dass Gogo nicht tot ist und unter dem Schild Eiscreme und Neuheiten nicht zusätzlich noch zu lesen ist: Hier haben Gogo und Lily einmal getanzt.
    Trotzdem starre ich auf die Buchstaben, als enthielten sie eine geheime Botschaft. Wieder zerreißt es mir das Herz, und um den Schmerz zu lindern, schlendere ich in die Tiefkühlabteilung, um dort etwas Zeit zu verbringen.
    Die kühle Luft tut mir gut, während ich auf das Speiseeis und die Eistorten starre. Ich schließe die Augen und lege meine Hände über die Wangen.
    »So klein ist die Welt«, höre ich plötzlich eine Frauenstimme sagen. Ich öffne die Augen und drehe mich um.
    Vor mir stehen Rhonda und Gogo mit einem Wagen voller Lebensmittel.
    »Hi«, sage ich geschockt zu Gogo.
    »Hi«, antwortet er.
    »Hallo, Rhonda«, begrüße ich sie mit einem gezwungenen Lächeln.
    »Lily.« Sie deutet ein Lächeln an und sagt kurz zu Gogo: »Ich will Ben & Jerry’s.« Dann wendet sie sich wieder mir zu. »Das Baby will nur noch Cookie Dough Ice Cream von Ben & Jerry’s.« Lächelnd streichelt sie sich über den flachen Bauch.
    »Wie geht es Selma und Dolly?«, fragt Gogo.
    »Gut. Sie sind begeistert von den Fallrohren«, antworte ich.
    »Tja«, sagt er und beugt sich zu mir. Ich fasse es nicht, dass er mich zur Begrüßung küssen will – vor Rhonda! Trotzdem neige ich mich ihm entgegen und spitze die Lippen.
    »Nein«, sagt er, als meine Lippen sein Gesicht streifen, »ich wollte nur das Eis holen. Du warst mir im Weg, tut mir leid«, erklärt er, unangenehm berührt.
    »Oh«, sage ich beschämt und werde rot. »Kleiner Irrtum«, erkläre ich Rhonda und kichere verlegen.
    »Tja, bis dann«, sagt Rhonda, als Gogo das Eis in den Wagen wirft.
    Ich hebe kraftlos die Hand. »Macht’s gut.«
    Als sie sich in Bewegung setzen, wirft Gogo mir ein letztes Lächeln zu.
    Ich stehe nur da, rücke aber ein Stück von Ben & Jerry’s ab und starre auf die Eispackungen von Häagen Dazs.
    Etwa fünf Minuten rühre ich mich nicht vom Fleck. Als ich weitergehen will, wechselt die Musik gerade von den Carpenters zu Phil Collins.
    Halt! Ich lasse meinen Einkaufskorb fallen.
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