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Tränen aus Feenstaub

Tränen aus Feenstaub

Titel: Tränen aus Feenstaub
Autoren: Natascha Artmann
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übernahm. So musste sie wenigstens nicht erklären, warum sie die Station mit Pina verlassen wollte.
    „Pina, wenn du jetzt noch willst, bringe ich dich zu deinem Freund!“, begann sie zögernd, als sie spät abends in dem Zimmer der Patientin erschien. Insgeheim hoffte sie, das Mädchen hätte jetzt keine Lust mehr im Krankenhaus endlos herumzulaufen. Aber das war nicht der Fall.
    Pina hatte den ganzen Nachmittag nur eines beschäftigt, mit Finn alle offenen Fragen zu klären, um dem Teil seiner Person, der in ihrer Traumwelt festsaß, helfen zu können. Vielleicht fanden sie gemeinsam einen Weg, Finns Verbindung zur ihrem Traum zu lösen.
    Als sie jetzt, in ihren Morgenmantel gehüllt, langsam durch die leeren Krankenhausflure ging, bekam sie ein wenig Magenflattern. Wie würde ihr Treffen mit Finn in dieser Umgebung ablaufen? Würde er überhaupt wissen, wer sie war? Oder hatte er in der echten Welt keinen Zugang zu dem, was in der Traumwelt geschah? Was sollte sie dann tun? Wie sollte sie ihm die Situation erklären? Würde er ihr überhaupt ein Wort glauben?
    Für Anita war der Weg durch das Krankenhaus wie der Gang über glühende Kohlen. Sie hatte Pina nicht gesagt, was sie erwartete. Und sie kamen mit jedem Schritt ihrem Ziel näher. Sie wusste nicht, wie sie das Mädchen auf das vorbereiten sollte, was sie erwartete. Aber sie konnte sie auch nicht so ins Messer laufen lassen. Denn spätestens bei der Hinweistafel Intensivbereich wurde klar, dass sie nicht einfach ein Zimmer betreten würden, um Hallo zu sagen.
    Während Anita Pina in einen Raum führte, wo sie sich Schutzkleidung anziehen mussten, versuchte sie das Mädchen vorzubereiten.
    „Es tut mir leid, Pina. Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte!“
    Was sie mit dieser Entschuldigung meinte, wurde Pina erst richtig bewusst, als sie vor dem Fenster standen, durch das man in Finns Krankenzimmer blicken konnte.
    „Dein Freund hatte einen schweren Motorradunfall. Er liegt seit fast zwei Wochen hier“, erklärte Anita.
    Pina war nicht darauf vorbereitet, Finn so zu sehen. Hier musste es sich um einen Irrtum handeln. Ganz sicher war das nicht der Finn, den sie in ihren Träumen kennen gelernt hatte. Nein, diese Person, die dort lag, mit Schläuchen und Kabeln an Monitoren und Geräte angeschlossen, war sicher nicht Finn!
    Anita fasste sie bei der Hand, öffnete die Tür zu Finns Intensivzimmer und zog Pina mit hinein. „Er ist bisher nicht wieder aufgewacht!“, teilte sie ihr mit.
    Für Pina war es ein Schock. Draußen vor dem Fenster hatte sie sich noch selbst davon überzeugen können, dass dieser junge Mann nicht Finn war. Aber jetzt, wo sie direkt neben seinem Bett stand, wusste sie, dass sie sich belogen hatte. Unter dem zerschundenen Äußeren waren Finns Züge immer noch deutlich zu erkennen. 
    „Oh, mein Gott!“, flüsterte sie erschüttert.
    Finn, der coole Biker, der nicht in ihrer Traumwelt gefangen sein wollte, lag hier im einem Krankenhausbett und war darauf angewiesen, dass Maschinen ihn am Leben hielten.
    „Was ist nur mit dir geschehen?“, murmelte Pina mit brüchiger Stimme.
    „Er wurde nach einem schweren Motorradunfall eingeliefert. Es tut mir leid, Pina, aber seine Verletzungen sind so schwer, dass er seither im Koma liegt.“
    Pina löste sich von Anitas Hand, an die sie sich geklammert hatte und trat einen Schritt näher an Finns Bett heran. Sie berührte ganz leicht seine Hand, nur kurz, weil sie nicht wusste, ob sie ihm damit Schmerzen zufügen würde.
    „Es tut mir so unendlich leid, Finn“, flüsterte sie. Eine Träne löste sich und ran über Pinas Wange. „Ich weiß nicht, wie ich dir jetzt helfen kann!“
    Aus einer Träne wurde eine ganze Flut. „Ich weiß nicht, ob wir jetzt noch einen Weg zurück finden. Was soll ich nur tun?“
    Pina ließ sich auf die Knie sinken, damit ihr Gesicht auf gleicher Höhe mit Finn war. Sie legte ihren Kopf neben seine Hand auf den Rand des Bettes und schluchzte.
    „Was soll ich nur tun, Finn? Was?“
    * * *
    Finn erwachte  unter Deck in der Gemeinschaftsunterkunft der Seeleute in seiner Hängematte. Was ihn geweckt hatte, konnte er nicht sagen, aber er hörte, wie draußen leise die ersten Regentropfen auf die Schiffsplanken tropften.
    Regen!
    Seit Tagen der erste Regen! Seit...seit dem Sturm, der durch Pinas Fieber hervorgerufen worden war. Schlagartig war Finn auf den Beinen und suchte sich seinen Weg durch die anderen Hängematten zum Ausgang.
    Der erste Tropfen
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