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Toxin

Toxin

Titel: Toxin
Autoren: Robin Cook
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erwiderte Kelly. »Sieht für die Eisbahn nach ganz schön schwieriger Lektüre aus.«
    »Ich muß jede Minute nutzen«, entgegnete Tracy. »Ist das ein Lehrbuch?« fragte Kelly.
    »Ja«, erwiderte Tracy. »Obwohl ich schon ein bißchen älter bin, hat es mich noch einmal auf die Schulbank gezogen.«
    »Das ist lobenswert«, entgegnete Kelly. »Es ist eine Herausforderung«, erklärte Tracy. »Worum geht es?«
    Tracy klappte das Buch zu, um Kelly den Titel zu zeigen. »Die Beurteilung der kindlichen und jugendlichen Persönlichkeit.«
    » Oh je«, bemerkte Kelly. »Das klingt schwierig.«
    »Es ist nicht schlecht«, erklärte Tracy. »Eigentlich ist es sogar ziemlich interessant.«
    »Ich habe eine neunjährige Tochter«, sagte Kelly. »Wahrscheinlich sollte ich auch mal etwas über das Verhalten von Teenagern lesen, bevor der Terror losgeht.«
    »Schaden kann es bestimmt nicht«, stimmte Tracy zu. »Eltern sollten für jede Hilfe dankbar sein, die sie kriegen können. Die Jugend kann eine harte Zeit sein, und ich weiß aus Erfahrung, daß die Schwierigkeiten, die man vorausahnt, meistens auch eintreten.«
    »Klingt so, als würden Sie was davon verstehen«, entgegnete Kelly.
    »Ein bißchen«, gestand Tracy. »Aber man ist nie mit sich selbst zufrieden. Bevor ich wieder zu lernen angefangen habe, habe ich im therapeutischen Bereich gearbeitet. Ich hatte vor allem mit Kindern und Jugendlichen zu tun.«
    »Sind Sie Psychologin?« fragte Kelly. »Nein«, erwiderte Tracy. »Sozialarbeiterin.«
    »Interessant«, murmelte Kelly und wechselte das Thema. »Eigentlich wollte ich mich nur vorstellen. Ich bin Kelly Anderson von den WENE-Nachrichten.«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, entgegnete Tracy mit einem Hauch von Verachtung in der Stimme.
    »Oje!« stöhnte Kelly. »Ich habe das unangenehme Gefühl, daß mein Ruf mir vorauseilt. Hoffentlich nehmen Sie mir meinen Bericht über Herzchirurgen und Medicare nicht übel.«
    »Ich fand ihn hinterhältig«, sagte Tracy. »Dabei hatte Kim während des Interviews mit Ihnen den Eindruck, daß Sie seinem Anliegen wohlwollend gegenüberstanden.«
    »Das war bis zu einem gewissen Grad auch so«, gestand Kelly. »Immerhin habe ich beide Seiten dargestellt.«
    »Nur im Hinblick auf die sinkenden Einkünfte der Fachärzte«, entgegnete Tracy. »Den Aspekt haben Sie ja in den Mittelpunkt gestellt. In Wahrheit ist das nur einer von vielen Punkten, die den Herzchirurgen Sorgen bereiten.«
    Eine rosa gekleidete Gestalt raste an Kelly und Tracy vorbei und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Eisbahn. Becky hatte ihr Tempo beschleunigt und spannte gerade die Muskeln, um nach einer blitzschnellen Drehung rückwärts weiterzuflitzen. Zur Freude des stehengebliebenen Publikums sprang sie einen perfekten dreifachen Axel, der mit tosendem Beifall belohnt wurde.
    Kelly stieß einen leisen Pfiff aus. »Ihre Tochter ist eine phänomenale Eisläuferin.«
    »Danke«, sagte Tracy. »Wir halten sie für eine phänomenale Person.«
    Kelly musterte Tracy, um herauszufinden, was sie mit ihrer Bemerkung gemeint haben mochte. Kelly war sich nicht sicher, ob Geringschätzung mitschwang oder ob es sich lediglich um eine Information handelte. Doch Tracy war nichts anzusehen. Sie fixierte Kelly mit ihrem seelenvollen, aber schwer zu erschließenden Blick.
    »Hat sie dieses Talent von Ihnen?« fragte Kelly. Tracy lachte und warf den Kopf zurück, so sehr schien sie die Frage zu amüsieren. »Wohl kaum«, brachte sie schließlich hervor. »Ich habe meine tolpatschigen Füße noch nie in ein Paar Schlittschuhe gezwängt. Wir haben keine Ahnung, woher sie das Talent hat. Sie hat irgendwann einmal gesagt, daß sie gerne Schlittschuh laufen würde, und so fing es an.«
    »Wie mir meine Tochter erzählt hat, trainiert Becky dieses Jahr für die Nationalmeisterschaft«, fuhr Kelly fort. »Das wäre doch eine gute Geschichte für WENE.«
    »Das glaube ich kaum«, entgegnete Tracy. »Becky wurde zwar eingeladen, aber sie hat beschlossen, nicht teilzunehmen.«
    »Oh, das tut mir leid«, sagte Kelly. »Da waren Sie und der Doc bestimmt ziemlich traurig.«
    »Ihr Vater ist nicht besonders glücklich darüber«, gestand Tracy. »Aber um ehrlich zu sein - ich bin erleichtert.«
    »Warum?« fragte Kelly.
    »Die große Konkurrenz verlangt jedem Teilnehmer einen hohen Preis ab, und erst recht einem vorpubertären Kind. Leistungssport ist für die geistige Entwicklung nicht immer gesund. Man muß ein großes Risiko eingehen, ohne
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