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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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Die Zitadelle des Herodes am Rande der judäischen Wüste.
    Ryan bog ab. Zwei Kilometer weiter fuhren wir auf einen Parkplatz und stiegen aus. Ein Schilderwald half den Touristen bei der Orientierung. Restaurants, Läden, Toiletten diese Richtung.
    »Seilbahn oder Schlangenpfad?«, fragte ich.
    »Wie schwierig ist der Aufstieg?«
    »Kinderspiel.«
    »Warum dann der Name?«
    »Der Weg ist ein bisschen kurvig.« Man hatte mich gewarnt, dass der Pfad tückisch und staubig war und die Wanderung über eine Stunde dauerte. Und ich war fix und fertig.
    »Wie wär’s, wenn wir hochfahren und dann die Lage peilen?«
    »Schwächling.« Ich grinste.
    »Die Römer haben sieben Monate gebraucht, bis sie oben waren.«
    »Sie kämpften gegen eine Armee von Zeloten.«
    »Immer diese Nebensächlichkeiten.«
    Masada ist der am häufigsten besuchte Ort Israels, aber nicht an diesem Tag.
    Ryan kaufte Tickets, und wir betraten eine leere Seilbahnkabine. Oben auf dem Gipfel stiegen wir eine gewundene Treppe hoch, und dann lag die uralte Stätte vor uns.
    Ich war beeindruckt. Römer. Zeloten. Byzantiner. Nazarener? Ich stand auf eben dieser Erde. Erde, die betreten worden war, lange bevor die Europäer die Neue Welt erblickten.
    Ich betrachtete die Überreste der Kasemattenmauer, jetzt nur schulterhoch, die alten Steine verwittert und ausgebleicht. Mein Blick wanderte über die Senke innerhalb der Mauer. Trocken wie die Mojave, hier und dort eine kümmerliche Ranke, die dem Sand ein mageres Leben abtrotzte. Purpurfarbene Blüten. Erstaunlich. Schönheit inmitten brutalster Ödnis.
    Ich dachte an Soldaten, Mönche und ganze Familien. Hingabe und Opfer. Und ich fragte mich: Wie? Warum?
    Ryan neben mir schaute sich den Lageplan an. Über mir flatterte eine israelische Flagge im Wind.
    »Der Rundgang fängt da drüben an.« Ryan nahm mich bei der Hand und führte mich nach Norden.
    Wir besuchten die Lagerhäuser, die Offiziersquartiere, den nördlichen Palast, in dem Yadin seine »Familie« gefunden hatte. Die byzantinische Kirche, die mikweh , die Synagoge.
    Wir begegneten nur wenigen Menschen. Ein deutsches Paar. Eine Schulklasse, beschützt von bewaffneten Betreuern. Teenager in Armeekluft und mit Uzis auf dem Rücken.
    Nachdem wir die Standardrunde beendet hatten, kehrten wir zu unserem Ausgangspunkt zurück und gingen zum südlichen Rand des Gipfels. Hierher verirrte sich kein anderer Tourist.
    Ich schaute auf die Skizze in meiner Broschüre. Die südliche Zitadelle war eingezeichnet. Eine Zisterne. Das große Wasserbecken. Kein Wort über die Höhlen.
    An der Kasemattenmauer blieb ich stehen und staunte aufs Neue über diese Ebene aus Sand und Steinen, die am Horizont in flirrender Hitze verschwand. Über die riesigen, stummen Formationen, die Äonen scheuernden Windes hatten entstehen lassen.
    Ich deutete auf ein Rechteck, das in der Mondlandschaft unter uns kaum zu erkennen war.
    »Siehst du diesen Umriss?«
    Ryan, der mit den Ellbogen auf dem Geländer neben mir stand, nickte.
    »Das war eins der römischen Heerlager.«
    Ich beugte mich vor und drehte den Kopf nach links. Da war sie. Eine dunkle Wunde im Fleisch des Abhangs.
    »Da ist die Höhle.« Meine Stimme klang brüchig.
    Wie verzaubert starrte ich hinunter. Ryan wusste, was ich jetzt empfand. Er zog mich sanft zurück und legte mir die Arme um die Schultern.
    »Irgendwelche Theorien, wer er gewesen sein könnte?«
    Ich hob die Hände. Wer weiß?
    »Vermutungen?«
    »Max war ein Mann, der vor etwa zweitausend Jahren im Alter zwischen vierzig und sechzig starb. Er wurde zusammen mit mehr als zwanzig anderen dort unten in dieser Höhle begraben.« Ich deutete hinüber zur Kasemattenmauer. »Der Zahn einer jüngeren Person landete in seinem Kiefer. Wahrscheinlich ein Versehen. Ein glückliches Versehen. Ansonsten hätten wir von der Verbindung zwischen den Leuten aus dieser Höhle und der Familie in Jakes Leichentuch-Grab vielleicht nie erfahren.«
    »Das Grab, von dem Jake glaubt, dass es sich um die Familienkrypta Jesu handelt.«
    »Ja. Max könnte deshalb durchaus ein Nazarener, kein Zelot gewesen sein.«
    »Jake ist sich verdammt sicher, dass das Grab der Heiligen Familie gehörte.«
    »Die Namen passen. Der Dekorationsstil der Ossuare. Das Alter des Leichentuchs.« Ich trat nach einem Stein. »Jake ist überzeugt, dass das Jakobus-Ossuar aus diesem Grab stammt.«
    »Und du?«
    »Ich bin fasziniert.«
    »Soll heißen?«
    Ich überlegte. Was meinte ich wirklich?
    »Er könnte
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