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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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vielen Jahre in der israelischen Archäologie hatte Blotnik natürlich Gerüchte über ein solches Skelett gehört. Man kann nur vermuten, was Kaplan oder Ferris ihm sonst noch erzählt hatten oder was im Kreis seiner Kollegen getuschelt wurde. Dass es die Knochen einer bedeutenden Gestalt aus dem römischen Palästina des ersten Jahrhunderts waren? Eines biblischen VIP? Ganz offensichtlich hatte Blotnik bereits seinen Stern in neuem Glanz erstrahlen sehen.
    Doch mit Ferris’ Tod versiegte das Manna plötzlich. Licht aus. Kurz darauf rief ich an. Ich hatte das Masada-Skelett. Ein neuer Morgen! Wartet mit dem Abspann.
    Da er eine Chance sah, seine dümpelnde Karriere, oder, wie Ryan meinte, sein Konto auf Vordermann zu bringen, hatte Blotnik sich eingehend über das Masada-Skelett und Höhle 2001 informiert. Dann wurde Max ihm schon wieder vor der Nase weggeschnappt. Jake und ich kamen mit der Nachricht zu ihm, dass Max gestohlen worden sei. Blotnik war am Boden zerstört. Sein mögliches Comeback ging vor seinen Augen in Rauch auf. Wie Purviance, konnte auch der einstige Wunderknabe mit Enttäuschungen nur schlecht umgehen und war deshalb in schwärzester Stimmung.
    Dann frisches Manna. Ein Dokument, das jemand leichtsinnig in einem Kopierer vergessen hatte.
    Blotnik las Getz’ Bericht und machte sich eine Kopie. Leichentuch aus dem ersten Jahrhundert? Mit Hinweisen auf menschliche Überreste? Entdeckt von Jake Drum? Propagierte dieser Drum nicht eine Theorie über ein Familiengrab Jesu?
    Die explosiven Implikationen von Jakes Theorie und meinem Fund waren Blotnik natürlich nicht entgangen. Wenn er das Masada-Skelett schon nicht in die Finger bekam, würde ihm das hier weiterhelfen. Er bewaffnete sich mit einem Bolzenschneider, fuhr nach Beit Hanina und wartete, bis Jake das Haus verlassen hatte. Der Rest war einfach.
    Und was war mit Jake?
    Keine krummen Touren. Er war zu seiner Ausgrabungsstätte gefahren und musste dort miterleben, wie die Hevrat Kadisha die Arbeiten massiv störten. Schließlich musste die Polizei gerufen werden. Als er endlich wieder fahren konnte, war es zu spät für einen Besuch bei Getz oder Bloom. Außerdem hatte die Polizei vor Ort ihn aufgefordert, die schriftlichen Genehmigungen für die Ausgrabung vorzulegen.
    Als er in die Wohnung zurückkam, legte er den Inhalt seiner Taschen an den gewohnten Platz und suchte die Dokumente für die Ausgrabungsstätte in Talpiot heraus. Dabei entdeckte er, dass der Schrank aufgebrochen war und die Knochen verschwunden waren. Wütend war er wieder hinausgestürmt, ohne abzuschließen. Da er nun zwei Dinge mehr oder weniger gleichzeitig zu erledigen hatte, fuhr er erst zur Bezirksinspektion der Polizei, um seine Dokumente vorzulegen, und dann direkt zu Blotnik.
    Ich war vor ihm im Rockefeller eingetroffen, und er hatte mich im Wandschrank gefunden.
    So weit, so gut.
    Die Knochen aus dem Leichentuch waren nur noch Asche.
    Blotnik war tot.
    Kaplan war frei.
    Purviance würde in Israel wegen des Mordes an Blotnik vor Gericht gestellt werden. Eine spätere Auslieferung? Vielleicht.
    Und Max?
    Vertreter der Hevrat Kadisha gaben unter Druck von Friedman zu, dass sie das Masada-Skelett befreit und wiederbestattet hatten. Doch weder Daumenschrauben noch Würgeeisen noch die Androhung einer Strafverfolgung konnten sie dazu bringen, den Ort preiszugeben. Sie kannten das alles bereits. Für sie ging es ausschließlich um das geheiligte jüdische Gesetz. Halakba . Sogar die flehentliche Bitte um einen zeitlich begrenzten Zugang unter ihrer Beobachtung wurde stur abgelehnt.
    Was bleibt? Nur drei Dinge. Das Foto, das ich von Kaplan erhalten hatte. Die Knochenproben, die ich für die DNS-Untersuchung entnommen hatte. Die Fotos, die ich in meinem Labor in Montreal geschossen hatte.
    Ansonsten war Max verschwunden.

41
    Inzwischen war Donnerstag, vier Tage nach dem Unfall. Ryan und ich würden mit der Mitternachtsmaschine nach Montreal zurückfliegen. Doch bevor wir Israel verließen, wollten wir noch einen letzten Ausflug machen.
    So war ich noch einmal auf der Straße nach Jericho unterwegs. Ryan und ich waren bereits an Qumran vorbei, berühmt wegen seiner Essener und Höhlen und Schriftrollen, und an Ein Gedi, berühmt für seine Strände und Hotels. Links von uns erstreckte sich das Tote Meer kobaltgrün bis nach Jordanien. Rechts eine gemarterte Landschaft aus Felsspitzen und Tafelbergen.
    Schließlich sah ich es, gleißend rot vor einem perfekten blauen Himmel.
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