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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse
Autoren: Dietmar Lykk
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und startete den Motor. Jette stand daneben und redete weiter. Er hörte sie nicht. Er sah sie an, sie war ihm fremd. Er wollte nur weg von ihr, keine Auseinandersetzung mit ihr, sich keine von diesen schwachsinnigen Entschuldigungen anhören. Keine Lügen mehr. Nur weg. Sie klopfte gegen die Scheibe, nackte Angst stand in ihren Augen. Er steuerte einen Schlenker nach rechts, um sie vom Auto wegzubekommen, und hätte dabei fast einen geparkten Ferrari erwischt. Im Seitenspiegel sah er, wie Jette auf die Knie fiel.
    Als er in der Ausfahrt auf eine Lücke zum Einfädeln wartete, sah er im Rückspiegel, wie sie ihm, immer noch auf den Knien, irgendetwas hinterherschrie. Er fuhr das Fenster herunter, griff in seine Jacke, warf ihren Hausschlüssel raus und gab Gas.
    Hatte sie Lüllmann erzählt, dass ihr Freund Polizist ist? Hatte er sie deshalb ausgewählt? Hatte sie Malbek schon lange ausgehorcht, ohne dass er es merkte?
    Malbek fuhr an den Straßenrand und wählte Stegemanns Nummer. Er meldete sich.
    »Wir haben einen Container mit der Nummer an Bord. Eine Spedition aus Polazk hat ihn im Containerhafen Klaipëda eingeliefert. Polazk liegt im Norden Weißrusslands. Habe gerade mit unserem Schiffsagenten in Klaipëda telefoniert, der hat das sehr schnell parat gehabt. Es ist eine Twenty-foot Equivalent Unit, also ein Container, der ungefähr sechs mal zwei mal zwei Meter groß ist. Laut Frachtpapieren sollen Holzkohlebriketts drin sein. Das Nettogewicht des Containers ist dafür allerdings etwas zu hoch, fast eine Tonne mehr. Wissen Sie denn, was wirklich drin ist?«
    »Pralinenschachteln. Nein, das war ein Scherz. Aber vermutlich keine Matroschka-Puppen. Wir werden den Container in der Prüfanlage Hamburg-Waltershof durchleuchten müssen. Bitte kein Wort über unsere Entdeckung. Haben Sie schon jemandem etwas gesagt?«
    »Der Lotse hat etwas mitbekommen.«
    »Das ist okay. Auch dem Elblotsen und dem Hafenlotsen sagen Sie, dass ein verdächtiger Container in Waltershof geröntgt werden muss. Der Hafenlotse bekommt vom Hafenkapitän Bescheid, welchen Kai er anlaufen soll. Viel Glück.«
    »Ich mag weder Pralinen noch Matroschkas. Tschüss.«
    Malbek rief Lüthje an und unterrichtete ihn über den Code auf der Homepage von Bönig und das Telefonat mit Stegemann. Lüthje versprach, sofort die Technikgruppe des mobilen Einsatzkommandos zu alarmieren.
    »Das ist leider noch nicht alles«, sagte Malbek. »Lüllmann hat sich wahrscheinlich in den Besitz des Laptops von Frank Bönig gebracht. Wir müssen davon ausgehen, dass er auch über den Mord an Markus Peters zumindest Bescheid weiß. Wir müssen ihn festnehmen. Kannst du das bitte regeln? Und vergiss nicht, Hoyer und Vehrs in unserem Krisenstab zu beschäftigen.«
    Zehn Minuten nachdem sie das Telefonat beendet hatten, rief Lüthje wieder an.
    »Der Einsatz läuft. Brockhaus hat die Leitung. Es wäre gut, wenn du in Waltershof dabei bist, wenn der Container geöffnet wird«, sagte Lüthje. »Kannst du das einrichten? Das Schiff trifft erst in ungefähr fünf Stunden ein, du solltest aber rechtzeitig da sein. Die Strecke Westerland–Hamburg ist nicht ohne. Ich halte dich auf dem Laufenden.«
    »Ich wollte Manuela und Axel heute noch mal in die Mangel nehmen, aber das muss ja nicht sofort sein.«
    Eigentlich wollte Malbek wieder mit den »Meisen« Mäuschen spielen. Ob Lüthje schon wusste, dass seine Schwester mit Molsen angebändelt hatte? Vielleicht würde Rita Hilly davon erzählen. Malbek zog es vor, darüber zu schweigen. Lüthje würde ihm wegen seiner unkonventionellen Ermittlungsmethoden sicher das Fell über die Ohren ziehen. Wenn ihn nun in Hamburg-Waltershof aus dem geöffneten Container zehntausend Matroschkas höhnisch angrinsten?
    Während Malbek über das Lenkrad gebeugt dasaß und sich immer tiefer in Selbstzweifel verstrickte, rief Lüthje zurück.
    »Ich hab noch mal mit Brockhaus konferiert. Normalerweise wird ein verdächtiger Container mit einem GPS-Gerät präpariert, um die Spur zum Empfänger verfolgen zu können. Das ist hier zu gefährlich. Es ist möglich, dass im Container Drogen oder Waffen sind. Oder beides. Plastiksprengstoff wird auch gerne über diese Route geschickt. Das Worst-Case-Szenario wäre eine Explosion des Containers und damit des Schiffes unter einer von Zug oder Autos befahrenen Hochbrücke über dem Kanal während der Passage eines Passagierschiffes in der Gegenrichtung. Man kann auch nie ausschließen, dass so ein Container
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