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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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Eiszeit zurückgekehrt, als würden die Glut und die Wärme eines Fe u ers abermals den Wert vieler Menschenleben aufwiegen. Und in dieser Zeit der Kälte und der Finsternis, erzählten sich die Menschen die Geschichten über das Meer flüssigen Feuers und die Riesen, die da r in lebten. Für sie blieben diese Geschichten ein Mythos. Kein Feue r riese zeigte sich an der Oberwelt.
    Auf den Winter sollte innerhalb der Grenzen von Ken-Tunys kein Frühling mehr folgen. Wenngleich der Schnee auch irgendwann taute, blieben die Bäume doch ohne Blätter, die Blumen ohne Knospen, die Gräser der Wiesen grau, und die Felder unbestellt. Das meiste Vieh war längst gestorben, und die wenigen Menschen, die nicht den Beutezügen der Strygarer oder der Kälte des Winters zum Opfer gefallen waren, hatten erst dann die Gelegenheit, das Land zu verlassen und eine glücklichere Zukunft in den Nachbarländern Bolwarien oder Tarsun zu suchen. Unter ihnen war auch Athol, der einzige Überlebende der ken-tunesischen Hauptstadt Durial. Und er war es auch, der die anderen Könige des Westens vor den Schrecken der Finsternis und einem verhängnisvollen  Pakt mit jenen Mächten warnte. Seine Erzählung erinnerte alle daran, dass die Entscheidungen von Königen und Herrschern eng an das Schicksal ihrer Völker geknüpft ist.
     

Epilog
     
    Das Tosen des Krieges hallt noch lange in Larkyens Ohren nach, es ist wie ein Sturm aus schwarzem Stahl, Reißzähnen und Klauen. Manchmal, wenn er die Augen schließt, sieht er die Bäche von Blut auf den Straßen von Durial, Oklanstadt, E i senburg und all den anderen ken-tunesischen Städten und Sie d lungen, die von den Strygarern heimgesucht wurden. Dann ist die Luft für ihn noch immer von Moder erfüllt, und vom G e stank brennender Leichen. Es ist die Bestie in ihm, die sich diese Momente zurückwünscht – Momente in denen er den u n ersättlichen Hunger nach Lebenskraft an seinen Feinden sti l len kann.
    Während er durch die langen Gänge der bolwarischen Fe s tung Wadis-Lafyr geht, denkt er zurück, und das Tosen wird immer lauter ...
    Tausend Tage und Nächte haben er und seine Verbündeten g e gen die Strygarer in Ken-Tunys gekämpft. Und als sie auch die letzten Kreaturen aus Strygars Schöpfung aufspürten und ve r nichteten, konnten sie einen markerschütternden Aufschrei in der Luft hören, kündend von Wut und Bestürzung.
    Larkyen weiß, dass Strygar den Tod seiner Bestien miterlebt hat, und auch wenn er darüber bis heute Genugtuung empfi n det, so will die stete Beunruhigung in ihm ebenso wenig we i chen wie die Finsternis über Ken-Tunys. In Strygar haben die Söhne und Töchter der schwarzen Sonne ihren Widersacher g e funden, ihren Erzfeind. Er ist der fleischlose Gott, der die Welt für ihre Augen in Gut und Böse aufgeteilt hat. Fortan wird Strygar ein Teil der Welt sein, er wird ein Teil ihres ewigen Lebens sein.
    Jenes Königreich, das einst mit Stolz und Bewunderung als die Kornkammer des Westens bezeichnet wurde, hat längst aufgehört zu existieren und ist nur noch ein schwarzer Fleck inmitten der Welt, einer aufgeplatzten Pestbeule gleich, die ihr verdo r benes Inneres längst ausgespien hat und widerlichste Narben hinterlässt. Selbst in den ältesten Sprachen aller Völker gibt es keinen Namen, der einer solchen Verderbnis gerecht würde.
    Larkyen betritt den großen Saal des Völkerrates, der von e i ner runden Eichenholztafel ausgefüllt ist. Die grauen Stei n wände sind mit den Bannern vieler Völker geschmückt, und auch die Kentaren haben ihren Platz zurück an diese Wände gefunden. Seit einiger Zeit weht hier sogar ein Banner Kya s lans.
    Larkyen nimmt als letzter einen Platz an der Tafel ein, er schaut in die Runde, begegnet vielen Blicken, erntet Anerke n nung, Respekt und Ehrfurcht.
    Lange ist es her, seit sich die hohen Vertreter der Völker z u sammengefunden haben, um sich über eine gemeinsame Z u kunft zu b e ratschlagen. In einem vergangenen Zeitalter hatten sie beieinander Rat gesucht, nachdem die Kinder der zweiten schwarzen Sonne einander bekriegt und die Welt verwüstet h a ben. Heute sitzen die U n sterblichen unter ihnen; es ist das erste Mal, dass auch die Kyaslaner an dem Völkerrat teilnehmen. Viel Mühen und Diplomatie waren vonnöten gewesen, um sie alle von der Dringlichkeit dieser Zusammenkunft zu überze u gen. Und so sitzen braungebrannte Tharländer neben Bolwaren und Tarsunern, und bärtige blonde Atländer mit g e hörnten Helmen neben
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