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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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gewesen sein, seine Gewässer tief. Heute entsprang dort ledi g lich ein Bach, der genug Wa s ser mit sich führte, um den Durst des Viehs auf den Weiden zu stillen und den Bauern genug für die Bewässerung der Felder im Sommer zu bieten.
    Für Larkyen war es ein leichtes, den Damm zu zerstören. Er hob einen Felsbrocken von der Größe eines ausgewachsenen Mannes an und schleuderte ihn von den Bergen auf die Sta u mauer. Seine Kraft kam der eines Katapults gleich, der Au f prall des Felsbrockens zerschmetterte mehrere Baumstämme und verursachte Risse im Gestein. Begleitet von einem immer lauter werdenden Knirschen wuchsen die Risse rasch an. Der Druck der Wassermassen sprengte bereits erste Steine aus der Staumauer. Ein lautes Donnern erklang, als würde Asturyan, der erste König von Ken-Tunys, seinem Zorn und seinem A b scheu Ausdruck verleihen. 
    Als der Damm brach, herrschte Schweigen auf den Straßen Durials. Noch immer gab es Strygarer, die sich in die Kanäle und Katakomben geflüchtet hatten. Unter der Stadt, inmitten von Unrat und fauligem Wasser kauerten sie beieinander, in der Erwartung, ihre Flügel zu bekommen, damit sie gleich den ä l teren ihrer Artgenossen in den schwarzen Himmel aufsteigen konnten. Sie waren dem Totenheer entkommen, aber dem Zorn des ersten Königs würden sie nicht en t kommen.
    Die Wassermassen pflügten die Erde auf und trieben eine Schlammlawine vor sich her. Die Stadtmauern brachen unter der Gewalt hi n weg, die Straßen verwandelten sich in reißende Ströme, und auch die Ruinen der Häuser und Türme vermoc h ten nicht lange standzuhalten und stürzten ein. Der Königsp a last, jener Ort, von dem die Bestien einst gerufen worden w a ren, verschwand. Inmitten des Zentrums strömte das Wasser in die Tiefen der Erde hinab, begleitet von Larkyens Hoffnung, dass es irgendwo dort unten die Feuer aus uralter Zeit ausl ö schen würde.
    Noch lange beobachtete er, wie sich der Fluss Lefanion z u rückholte, was ihm gehörte und die Wassermassen das weite Asturyantal in einen See verwandelten. Ein furchtbarer Geda n ke durchfuhr Larkyen: Strygar war in den Elementen, vielleicht war er jetzt gerade inmitten des Wassers und starrte mit u n sichtbaren Augen aus der strömenden Tiefe empor, oder er war in der steinigen Erde, auf der Larkyen stand, vielleicht sogar in der Luft um ihn, um mit einem Atemzug erneut in ihn hinei n zukriechen, um seine Lungen und seinen Brustkorb in einer blutigen Explosion platzen zu lassen.
    Es überstieg Larkyens Vorstellungsvermögen, wie Strygar sich ta t sächlich fortbewegte, zu welchen Taten er noch befähigt war, ob er als körperlose unsichtbare Kraft agierte, oder ob er ähnlich den Ge i stern des Totenheers als schemenhaftes Abbild seiner früheren G e stalt auftrat. Vielleicht war Strygar aber auch allgegenwärtig. Diese Vorstellung erschreckte Larkyen mehr als alles andere.
     
    Hoffnung – das, was andere einen Lichtquell in der Finsternis nannten – fand Larkyen in den Reihen seines Heeres. Sie w a ren ein Teil von ihm, und er war ein Teil von ihnen. Die G e spenster hatten sich auf den umliegenden Hügeln breit g e macht, und wann immer ein Windstoß über die Gipfel fegte, wiegten sie sich in seinem Spiel wie Grashalme. Sie waren a l les, was von der Geschichte der Kentaren noch übrig war, sie waren die Vergangenheit ihres Volkes, und ebenso ruhten in ihnen die Gegenwart und die Zukunft. Noch bevor La r kyen seinen Fuß auf kentarischen Boden gesetzt hatte, war er von dem Wunsch getrieben worden, alles Wissenswerte über die Wölfe des Westens zu erfahren. Nun wusste er alles, was es zu wissen galt. Die Kentaren waren ein Volk grausamer Krieger, den Kedaniern nur zu ähnlich und vom Geist Nordars erfüllt. Vielleicht sollten sie als Totenheer auch jener Sturm sein, den Larkyen über seine Feinde brachte.
    Ken-Tunys war das größte Reich im Westen, und er war sich sicher, dass die Strygarer noch andere Regionen heims u chen würden. Wenn ihnen erst Flügel gewachsen waren, kon n ten sie sich über die Luft ausbreiten wie eine unheilbare Se u che, und nur ihre Vernichtung konnte der Welt Heilung bri n gen.
    An dem neuen Ufer erspähte Larkyen fünfzehn Gestalten, die sich so schnell zu Fuß näherten, als trüge sie ein Pferd vo r an. Sie hätten w e sentlich unauffälliger auftreten können, doch sie wollten sich bewusst offenbaren. Bereits auf Grund ihrer Körperhaltung und ihrer anmutigen Bewegungen hatte er sie als das erkennen
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