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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte
Autoren: Ann Cleeves
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nur noch einmal erwärmt zu werden. Doch jetzt hatte sie eine andere Idee. Der Tag war viel zu warm für Rindfleisch. Falls Neil, der Metzger, zwei frische Hühner hatte, würde sie dieses spanische Gericht zubereiten, mit Zitronenscheiben, Rosmarin und Knoblauch. Das war sehr viel leichter und dazu noch wunderbar aromatisch und mediterran. Samuel würde begeistert sein. Sie würde den langen Tisch auf der überdachten Terrasse decken, Reis und einen großen grünen Salat dazu servieren, und dann wäre es fast so, als säßen sie draußen zwischen Orangenbäumen und Olivenhainen.
    Manchmal, wenn sie sich mit den anderen Müttern unterhielt, die ständig bei ihr vor der Tür standen, um ihre Söhne abzuliefern oder Felicitys Sohn irgendwohin mitzunehmen, fragte sie sich, ob sie nicht doch etwas verpasste, weil sie nicht arbeitete. Die anderen Frauen warenimmer ganz verblüfft, wenn sie hörten, dass Felicity den ganzen Tag zu Hause war. Aber was hätte sie denn tun sollen? Vor der Heirat hatte sie kaum Gelegenheit gehabt, berufliche oder anderweitige Erfahrungen zu sammeln. Sie besaß keine Qualifikationen, keine besonderen Begabungen. Und außerdem war es für Peter lebenswichtig, dass sie ihn entspannt und ausgeruht erwartete und sich um ihn kümmerte, wenn er nach den täglichen beruflichen Enttäuschungen nach Hause kam. Er konnte es unmöglich ertragen, dass sie ihm auch noch Konkurrenz machte. Völlig unvorstellbar, wenn sie eine erfolgreiche Anwältin oder Geschäftsfrau geworden wäre und sich womöglich selbst noch ein paar berufliche Meriten verdient hätte! Bei dem Gedanken musste sie lächeln.
    Im Bauernladen war es kühl, die Tür zum Hof stand offen, es roch nach Kühen und nach Gras. Felicity war die erste Kundin des Tages. Neil war noch damit beschäftigt, sein Kühlregal einzuräumen. Das schwere Holzbrett, das Hackbeil und die langen, scharfen Messer waren noch sauber und unbenutzt. Er wog die Hühner aus und verstaute sie in Felicitys Einkaufstasche.
    «Es sind keine Freilandhühner.» Er wusste, dass Felicity sich für solche Dinge interessierte. «Aber immerhin aus Bodenhaltung, nicht aus der Legebatterie. Man schmeckt den Unterschied gleich.»
    «Das Schweinefleisch, das Sie mir letzte Woche verkauft haben, war übrigens auch ganz vorzüglich.»
    «Ach», sagte Neil. «Alles eine Frage der Zubereitung, Mrs   Calvert, und der Aufzucht. Ich schneide es doch nur zu.»
    Auch das war ein Ritual. So wie Peter jeden Tag seine Post mit ins Büro nahm und sich jedes Jahr dieselben drei Freunde zum Geburtstag einlud, führte Felicity allwöchentlich genau dieses Gespräch mit Neil. Er trug ihr die Einkaufskistezum Wagen und legte dann augenzwinkernd noch ein paar Würstchen dazu.
    «Wie ich höre, feiert Doktor Calvert dieses Jahr einen ganz besonderen Geburtstag.»
    Und wie so oft fragte sich Felicity, weshalb ihr Metzger eigentlich so gut über ihr Leben Bescheid wusste.
     
    Als sie gerade die Tür aufschloss, klingelte drinnen das Telefon, und sie ließ die Einkäufe in der Einfahrt stehen und eilte gleich ins Haus. Es war Samuel Parr.
    «Ich wollte nur fragen, ob ich heute Abend irgendetwas mitbringen kann. Einen Nachtisch vielleicht?»
    «Nein», sagte Felicity. «Nicht nötig. Wirklich nicht.»
    Sie ertappte sich bei einem Lächeln. Samuel machte ihr immer gute Laune. Und auch an ihn dachte sie in letzter Zeit ziemlich oft.
    Später, als die Hühner bereits im Ofen schmorten und das ganze Haus nach Zitrone, Olivenöl und Knoblauch duftete, klingelte das Telefon erneut. Felicity saß mit der Zeitung und einer weiteren Kanne Kaffee draußen und genoss die letzte ruhige Stunde, ehe sie nach Hepworth fahren musste. James hatte nach der Schule noch seinen Schachclub, und sie hatte versprochen, ihn abzuholen. Über den Feldern zum Meer hin flimmerte die Hitze, und der Leuchtturm wirkte fast durchscheinend in der Ferne. Als sie das Telefon hörte, eilte Felicity ins Haus. Sie war barfuß. Die Steinplatten auf der Terrasse waren so glühend heiß, dass es fast brannte unter den Sohlen, die Fliesen in der Küche waren kühl, dass es prickelte. Vor Erregung schnappte sie kurz nach Luft.
    Sicher war es eins der Kinder, doch als sie sich meldete, wurde am anderen Ende der Leitung aufgelegt. Felicity wählte 1471, um sich die Rufnummer durchgeben zu lassen,doch der Anrufer hatte seine Nummer unterdrückt. Das war in letzter Zeit häufig vorgekommen. Sie fragte sich, ob sie Peter davon erzählen sollte. In der
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