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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen
Autoren: Steve Mosby
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damit.«
    »Und trotzdem hat sie es getan.«
    Sie standen einen Moment still da. Der Regen klopfte friedlich auf das Zeltdach über Eddies Leiche.
    Currie wusste nicht recht, was er fühlte.
    Einerseits erinnerte er sich daran, wie er in den Wohnungen der ermordeten Mädchen stand, auf sie hinabblickte und solch tiefen Kummer empfand, dass niemand gekommen war, um sie zu retten, und er konnte nicht anders, als die Menschen zu hassen, die dafür verantwortlich waren: Eddie Berries und in Verbindung mit ihm Mary.
    Aber er sah auch noch ihr Gesicht vor sich an jenem Tag, als sie ihn gebeten hatte, ihr zu helfen. Es war auch niemand gekommen, um diese beiden zu retten, auch er selbst nicht. Dieser Gedanke ging ihm nicht aus dem Sinn, aber er weigerte sich, ihn allzu genau zu betrachten. Jedenfalls nicht jetzt. Trotzdem spürte er, dass er da war wie ein leise pulsierender radioaktiver Splitter.
    »Die Theorie hat eine Schwachstelle«, sagte Swann.
    »Und die wäre?«
    »Keine Beweise, dass Lewis an dem Tag damals überhaupt in Eddies Nähe kam.«
    Das stimmte. »Wo ist er jetzt?«
    »Er wurde gerade aus dem Krankenhaus entlassen. Er ist auf der Wache. Leichte Gehirnerschütterung, aber er wird’s überleben.«
    Currie kniff die Augen leicht zusammen, so dass er statt der Leiche bald nur noch bunte Farben und Formen vor sich sah.
    Prioritäten,
dachte er. Das hatte er sich gesagt, als Eddie entführt wurde; dass sie sich stattdessen auf Alison Wilcox’ Ermordung konzentrieren mussten.
    Noch etwas also, das er sich vorzuwerfen hatte, oder? Hätten sie andere Prioritäten gesetzt, wäre all dies vielleicht nie passiert.
    Das pulsierende Gefühl verstärkte sich.
    »Lasst uns zurückfahren«, sagte er.
    Swann atmete tief aus, und Currie begriff, wie müde er war. »Ich hoffe, du vergisst nicht, was der Kaugummi bedeutet.«
     
    Kurz nach zwölf saß Currie Dave Lewis gegenüber, diesmal im Verhörraum eins. Es war ein großer Raum mit Fenster im ersten Stock.
    Er warf einen Blick auf das Tonbandgerät, dessen rotes Lämpchen anzeigte, dass die gegenwärtige Stille aufgenommen wurde. Keine Antworten auf die Fragen, eine nach der anderen.
    Bis jetzt hatte Lewis tatsächlich nichts gesagt, lediglich seinen Namen bestätigt. Er rührte sich nur, um sich die Fingernägel zu reinigen, worauf er sich sehr zu konzentrieren schien, und dabei beachtete er Currie überhaupt nicht.
    »Sie werden irgendwann doch mit mir reden müssen, Dave«, sagte er.
    Lewis hörte auf, sich mit seinen Nägeln zu beschäftigen.
    »Sie haben mir noch nicht einmal gesagt, wie es ihr geht.«
    Halleluja
, dachte Currie. Der Mann sah ihn immer noch nicht an, aber zumindest hatte er seine Stimme wiedergefunden.
    »Sie meinen Tori Edmonds? Ihr geht’s gut. Sie ist im Krankenhaus.«
    »Was ist passiert?«
    Currie machte den Mund auf, um zu sagen, dass
er
derjenige war, der hier die Fragen stellte, hielt aber inne, als er sich erinnerte, was Lewis auf der Tonaufnahme gesagt hatte.
    Es spielt keine Rolle, was er tut. Es ist nur wichtig, was ich tue.
    Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich sie letztendlich doch hätte retten können.
    Er sah die Verbände und Blutergüsse und wusste, all dies war nur passiert, weil Lewis ganz einfach versucht hatte, Tori Edmonds zu retten. Er war in eine Art Hölle hinabgesunken und hatte trotzdem weitergemacht. Was immer Lewis sonst getan haben mochte, und Currie war entschlossen, dies herauszufinden, so hatte er doch ein Recht darauf, etwas über Tori zu erfahren.
    »Tori wurde gestern Nachmittag gefunden, als sie eine Landstraße entlangging«, sagte er. »Sie war in einem ziemlich schlimmen Zustand.«
    Was noch eine Untertreibung war. Wenn Edmonds jetzt nicht im Krankenhaus läge, müsste man sie wahrscheinlich per Zwangseinweisung in eine psychiatrische Anstalt bringen. Daher war sie noch nicht offiziell vernommen worden und hatte ihnen erst heute Vormittag einen unzusammenhängenden Bericht über das Geschehen geben können. John Edward Carroll, den sie unter dem Namen Eddie Berries kannte, hatte sie aus ihrer Wohnung entführt und in den Kofferraum seines Wagens gesteckt. Sie wusste nicht, warum oder wie lange, nur, dass er mit ihr schließlich nach Brimham Woods hinaufgefahren war. Als sie dort waren, hatte er sie losgebunden und sich dann vor ihren Augen erschossen.
    Mit dieser Geschichte gab es zwei offensichtliche Probleme.
    Das erste war, dass sie kaum in der Lage war zu gehen, als sie gefunden wurde. Ihre Beine
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