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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht
Autoren: Marcia Muller
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Bemühungen. Jetzt
hat er überall an der Bucht Zweigstellen — oder besser gesagt
Franchise-Betriebe — und versucht, noch weiter zu expandieren.«
    »Eine Fast-food-Kette der
Scheidungsanwälte.«
    »Genau.«
    Ich warf einen Blick auf den Wagen, der
vor unserem Tisch haltgemacht hatte. Auf einem Teller lagen eigenartige Formen
mit einer goldbraunen Kruste. Ich deutete mit meinen Stäbchen darauf. »Was ist
das?«
    »Entenfüße.«
    »Entenfüße?«
    Die Kellnerin lächelte über meine
Reaktion und nickte.
    »Ich nehme noch ein bißchen von dem
Huhn und von den Fleischbällchen.«
    Sie stellte die Teller ab, vermerkte es
auf unserer Rechnung und zog weiter.
    Hank grinste. »Du behauptest doch
immer, daß du beim Essen keine Vorurteile hast.«
    »Hab’ ich auch nicht.«
    »Warum versuchst du dann keine
Entenfüße?«
    »Nun, weil... weil da wahrscheinlich
nicht viel Fleisch dran ist.«
    »Aha.«
    »Das stimmt doch, du hast sie gesehen.
Und ich habe keine Vorurteile; ich esse alles, was man mir vorsetzt.
Leute, die heikel sind oder keine neuen Sachen probieren wollen, machen mich
wahnsinnig.«
    »Darum hast du auch letzte Woche Larrys
Tofu in Chilisauce nicht gegessen.« Larry Koslowski, Mitinhaber bei All Souls,
ist ein Gesundheitsapostel, wenn es um Essen geht.
    »Ich konnte mir nicht helfen. Das sah
aus wie... Ich glaube, darüber sollten wir nicht während des Essens sprechen.
Zurück zu Hilderly. Er hat dir gegenüber nie erwähnt, daß er sein Testament
ändern will?«
    »Nein.«
    »Warum er es wohl eigenhändig
geschrieben hat? Er hätte es sich ja auch von dir neu aufsetzen lassen können.«
    »Ich nehme an, er fürchtete, daß ich
versuchen würde, es ihm auszureden. Oder wissen wollte, was diese Leute ihm
bedeuteten und warum er sie als seine Erben einsetzte.«
    Wir aßen einige Minuten schweigend. Ein
Wagen mit Nachspeisen fuhr vorbei, und ich entdeckte die kleinen gelben
Puddingtörtchen, die ich so liebe. Ich hatte viel zuviel gegessen, um überhaupt
an einen Nachtisch zu denken. Aber ich wußte, daß man im Vorraum des
Restaurants Speisen zum Mitnehmen kaufen konnte; ich würde mir ein paar
Törtchen für später mitnehmen.
    Hank spielte geistesabwesend mit seinen
Stäbchen.
    »Was ist los?« fragte ich.
    »Ach, ich brüte nur. Das sieht Perry so
gar nicht ähnlich. Er hatte keine enge Beziehung zu seinen Kindern, aber er
liebte sie und drückte sich nie vor seiner Verantwortung.«
    »Dann muß er einen guten Grund gehabt
haben, sie zu enterben. Wenn wir die Begünstigten finden, können sie uns vielleicht
eine Erklärung geben.«
    »Es geht uns eigentlich nichts an«,
sagte Hank. »Als Perrys Testamentsvollstrecker muß ich seine Wünsche ausführen
und nicht herumschnüffeln, um herauszufinden, was er mir offensichtlich nicht
erklären wollte.«
    »Es geht uns zwar nichts an, aber ich
frage mich...«
    »Was fragst du dich?«
    Ich schob meinen Teller zu den anderen,
die sich auf dem Tisch türmten, nahm meine Teetasse in beide Hände und starrte
hinein. Ich versuchte das ungute Gefühl, das ich empfand, in Worte zu fassen. »Wenn
jemand sein Testament in einem wesentlichen Punkt abändert und dies vor seinem
Anwalt verheimlicht, kann das nicht auf ungebührliche Beeinflussung oder
Nötigung zurückzuführen sein?«
    »Die Möglichkeit besteht.«
    »Und wenn diese Person gewaltsam zu
Tode kommt, so wie Perry...«
    »Shar«, sagte Hank geduldig, »du hast
die Zeitungen gelesen. Er wurde willkürlich erschossen. Die Kugel entsprach
denen, die man in den anderen Leichen gefunden hatte. Es gab keine Beziehung zwischen
den Toten.«
    Das war richtig. Dennoch... »Hank, hast
du auch das Gefühl, daß da irgend etwas nicht stimmt?«
    »...Ja.«
    »Dann wollen wir sehen, ob wir nicht
eine Erklärung für Perrys Handlungen finden.«
     
    Ich konnte an einem Samstag unmöglich
versuchen, Heikkinen oder Taylor aufzuspüren. Als wir in Hilderlys Wohnung
zurückkamen, schlug ich wieder das Telefonbuch auf. Weder Grants noch Goodhues
private Telefonnummer war eingetragen. In Grants Anwaltskanzlei erreichte ich
nur seinen Anrufbeantworter; bei der Fernsehstation KSTS sagte man mir, daß
Goodhue bis Montag frei hätte. Schließlich beschloß ich, in den Kisten in
Hilderlys Eßzimmer herumzustöbern, die nach Hanks Worten unberührt geblieben
waren seit Hilderlys Einzug in diese Wohnung vor fast zehn Jahren; vielleicht
würde ich etwas finden, das die Verbindung zu seinen vier Erben erklärte.
    Die Kisten enthielten
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