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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition)
Autoren: Simone Malina
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heimeligen Sitzecke ausgestattet war. An den Holzbohlenwänden hingen Landschaftsaufnahmen, auf den Holzdielen lagen echte Felle, auf dem Nachtschränkchen, die Bibel, gedruckt in guter alter Frakturschrift.
     
    Der folgende Tag, schien sich an den Maßstäben seines Vorgängers messen zu wollen. Die Müllerin blickte fasziniert zum Himmel empor und überlegte angestrengt, wie man dieses Blau in Worte wandten könnte.
    „Leuchtblau“, half Isolde ihr auf die Sprünge.
    „Und wie würdest du dieses schöne Grün bezeichnen?“, wollte Frau Müller weiter wissen. „Das ist doch viel grüner, als bei uns daheim.“
    „Sonnengrün“, sagte Isolde.
    „Und riechst du das, so eine gute Luft habe ich überhaupt noch nie gerochen, das ist ein Duft, der wirkt gerade zu beflügelnd. Da schwingt irgendeine undefinierbare Essenz mit. Kannst du das auch erklären?“
    „Das, meine Liebe, ist der Duft der Freiheit, und die Essenz, ein erlösendes Extrakt“, antwortete Isolde.
    Die Müllerin nickte ergeben.
    „Nun komm, gehen wir weiter, die Natur hat uns bestimmt noch Überraschungen zu bieten“, sagte Isolde in dem weichherzigsten Tonfall, mit dem wohl eine Waldfee mit süßen Einhornfohlen sprechen würde. Dann deutete sie entschlossen mit ihrem Wanderstab auf einen mit sonnengrünem Moos überwucherten Felsen, der sich in weiter Ferne unter dem Leuchtbau des Himmels abzeichnete.
    „Ein prachtvoller Felsen. Genau wie für mich … uns gemacht“, flüsterte Isolde kaum hörbar.
    Beide Damen setzen ihren Wanderweg fort. Isolde, von einer geradezu spirituellen Ruhe erfüllt. Die Müllerin von zwiespältigen Gefühlen geplagt.
    „Isolde?!“
    „Was ist?“
    Isolde wandte sich ihrer Begleiterin zu.
    „Warum … warum“, stammelte die Müllerin verlegen, „hast du ausgerechnet mich auf diese schöne Reise mitgenommen?“
    „Weil du mir am Herzen liegst“, sagte Isolde.
    „Und da ist kein anderer, ich meine, kein anderer Mensch, vielleicht ein Mann, der das mehr tut als ich?“
    Die Müllerin sah Isolde treudoof an.
    „Nein, meine Teuerste, im Moment nicht“, säuselte Isolde mit melodischer Stimme und widerstand den Impuls dieser naiven Frau, mit ihrem runden Gesicht und diesem weitwunden Hundeblick, über ihr gekraustes Haar zu streicheln.
    Die Müllerin lächelte beschämt.
    „Du kannst mir vertrauen, Isolde!“
    Isolde nickte.
    Die Müllerin setzte beschwingten Schrittes ihren Weg fort.
    „Wollen wir wirklich den Berg hinaufklettern?“
    „Aber sicher doch, meine Liebe, die fantastische Aussicht ist unserer Mühen Lohn“, weissagte Isolde und schlug zielgerichtet einen Trampelpfad ein.
    „Würdest du mich als deine Freundin bezeichnen?“, wollte die Müllerin wissen, als sie ihre zügige Wanderung für eine kleine Rast unterbrachen. Isolde lächelte.
    Nein, das würde ich nicht, Ich würde dich als Stolperschein bezeichnen, der mir auf den Weg ins Elysium im Wege liegt. Du weißt etwas, was du nicht wissen darfst. Du bist ein Hindernis, das sicherheitshalber beseitigt werden muss, um alle Brücken hinter mir abbrechen zu können, damit ich in Ruhe und Glück mit meinem Liebsten leben kann.
    „Ich weiß nicht so recht“, sagte Isolde in aller Bescheidenheit, „ob du in mir eine wirkliche Freundin gefunden hast?“
    „Oh, ich glaube schon“, versicherte die Müllerin ernst.
    „Glaube“, murmelte Isolde, ihren Blick versonnen auf den Felsen gerichtet, „Glaube versetzt Berge…“
    „Aber unserer steht noch am selben Fleck!“, ergänzte die Müllerin lebhaft und drängte zum Aufbruch.
    Die Sonne blendete ihnen ins Gesicht, als sie eine kleine Lichtung erreichten. Die Müllerin glaubte so tatsächlich zu erkennen, dass es sich bei den drei herumtollenden Tieren um Hunde handelte. Isolde sah hingegen sofort, dass das keine Hunde waren.
    „Das sind junge Bären“, stellte sie richtig.
    Sie hatte es kaum ausgesprochen und war sich der Gefahr noch gar nicht richtig bewusst. Da stand sie schon vor ihnen. Die Mutter. Eine ausgewachsene Grizzlybärin. Die Müllerin tat, was sie für richtig hielt. Sie hangelte sich auf den nächst bestem Baum. Isolde blieb stehen und starrte die Bärin an, die brüllend auf sie zutrottete und ihren gewaltigen Schädel hin und her schlenkerte.
    Sich in Embryolage vor den Bären hinlegen, lautete die Empfehlung derer, die nicht die leiseste Ahnung hatten, wie es ist, wenn sich ein Grizzlybär erst mal auf seine Hinterbeine gewuchtet hat. Wenn man die gewaltigen Tatzen in
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